Kann man Seitensprünge verhindern und wenn ja: wie?
Ene, mene, muh – untreu wirst Du: Viele Menschen haben Angst davor, dass ihr Partner fremdgeht. Immerhin wird auch jede zweite Beziehung irgendwann mit einem Seitensprung konfrontiert. Gibt es Faktoren, die Untreue vorbeugen oder gar verhindern können?
Das sagen die Zahlen
- Allein der Glaube?! 71 Prozent der fest Liierten glaubt an die Liebe fürs Leben, so das Ergebnis einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach.
- Hier wird's kritisch: Die häufigsten Liebeskiller sind wenig Zeit füreinander (57%), Stress in der Arbeit (55%), schwierige finanzielle Situation (53%), das Sexualleben (44%) .
- Gut gegen Versuchungen: Laut Theratalk kann ein erfülltes Sexleben ein guter Schutzfaktor vor Affären sein, denn nur ein geringer Anteil der Untreuen hat nichts an der sexuellen Seite der Beziehung zu bemängeln.
- Lieber gemeinsam als einsam: Eine amerikanische Studie mit 500 Paaren zeigte – je häufiger die Partner getrennt voneinander Zeit verbringen, desto höher ist das sexuelle Verlangen des Mannes, er produziert mehr Samenzellen und das Risiko für einen Seitensprung steigt mit jeder Sekunde.
- Ursache oder Wirkung?: 16% der Männer und 33% der Frauen rechtfertigen ihre Untreue mit ihrer unglücklichen Partnerschaft.
62% der Frauen und Männer sind bereits aufgrund einer Beziehungskrise fremdgegangen 1
1 Umfrage unter 1.268 Besuchern der Seitensprung-Fibel. Erhebungszeitraum KW02, 2015
Untreue vorbeugen: 6 Maßnahmen, die Ihre Beziehung vor Seitensprüngen schützen
Um Krankheiten zu verhindern, können wir Pillen schlucken, um fit zu bleiben, uns an Regeln für ein gesundes Leben halten – aber bei der Liebe versagen vergleichbare Präventionsmaßnahmen. Die Untreue des Partners empfinden viele als Katastrophe, die aus heiterem Himmel kommt – unvorhersehbar, unkalkulierbar und damit unverhinderbar. Was man nicht hat kommen sehen, kann man schwer aufhalten. Aber wenn bestimmte Tendenzen innerhalb der Beziehung als gefährlich gelten, kann die Verhinderung derselben nicht wie ein Abwehrschild für Angriffe auf die Liebe wirken? Wir nehmen einige potenzielle Schutzfaktoren mal genauer unter die Lupe:
Sex
Über Sexunzufriedenheit wird laut Theratalk am häufigsten geklagt. Da demzufolge auch nur ein geringer Anteil der Untreuen am Beziehungssex überhaupt nichts auszusetzen hat, kann ein erfülltes Sexleben Fremdgehen vorbeugen, meinen die Forscher. Deren Daten zeigen, dass die sexuelle Zufriedenheit viel Spielraum für positive Veränderungen bietet. Mit einer Verbesserung der Sexzufriedenheit könne auch die Bereitschaft der Partner zu einem Seitensprung gesenkt werden, so Theratalk. Auch der britische Paartherapeut Andrew G. Marshall hält ein gutes Beziehungssexleben für wichtig, es sei Gold wert, wenn beide Partner zufrieden damit seien.
Kommunikation
Gleich nach den Beschwerden über Sex kommen laut Theratalk die über das Gesprächsverhalten bei Partnerschaftsproblemen (48 Prozent), gefolgt von der Art und Weise, wie negative Gefühle oder Kritik gezeigt oder geäußert werden (47 Prozent). Wenn Sie in Ihrer Partnerschaft so gar nicht reden können und immer im Zoff landen, wenn es um unterschiedliche Meinungen oder Wünsche geht, sieht es nicht gut aus. Viele Paare, das meint John Gottman, würden innerhalb der Beziehung ein destruktives Gesprächsverhalten an den Tag legen. In Die Vermessung der Liebe schreibt der amerikanische Psychologe, anhand der Kommunikation eines Paares ließen sich verlässliche Prognosen für den Beziehungsverlauf erstellen. Je abwertender, negativer und blockender zwei Menschen miteinander reden, umso höher stehen die Chancen, dass Untreue eindringen kann. Je vernünftiger dagegen Sie mit Ihrem Partner auch über anangenehme Themen sprechen – also ohne Vorwürfe, Angriffe und Abwertungen – umso fester ist Ihre Bindung und damit die Front gegen Versuchungen.
Liebe
Wer seinen Partner wirklich liebt, tut ihm oder ihr so etwas nicht an – das ist eine weit verbreitete Meinung. Die oft revidiert wird, wenn es einen selbst trifft. Wer nämlich untreu wird, findet mitunter ziemlich viele plausible Gründe dafür, warum er fremdgegangen ist – obwohl er den anderen liebt. 80 Prozent der Untreuen gaben zum Beispiel in der Theratalk-Studie an, sie liebten ihren Partner. Und sind trotzdem fremdgegangen. Es gibt unzählige Motive für einen Seitensprung, mangelnde Liebe ist nur einer davon. Allerdings ist die enge Verbundenheit auf emotionaler Ebene ein Faktor, der bei möglichen Versuchungen ins Gewicht fallen kann: Paartherapeut Wolfgang Krüger etwa meint, wirkliche Treue beruhe auf Stärke – und die speise sich auch aus dem Gefühl, sich für diesen einen Menschen zu entscheiden, mit allen Konsequenzen, schreibt er in Das Geheimnis der Treue.
Commitment
Was für ein Wort – mit was für einer Wirkung. Commitment meint laut Gottman: sich ohne Vorbehalt für die Beziehung einzusetzen. Viele Menschen sind sich gar nicht darüber bewusst, warum genau sie mit ihrem Partner zusammen sind. Andere Menschen gehen Beziehungen ein, weil sie nicht alleine sein wollen, die Gelegenheit günstig war oder der andere so gedrängt hat. Dann ist man halt in die Sache reingerutscht – und landet damit in einer recht schmierigen Chose. Denn, so Gottman, eine Beziehung sollte entstehen, weil eine emotionale Bindung besteht. Ihr Zweck könne nicht sein, diese erstmal herzustellen. Das Ruder können Sie jedoch jederzeit rumreißen indem Sie etwa bewusst die Entscheidung treffen, mit diesem einen Menschen zusammensein zu wollen. Und das auch offen bekennen.
Intimität
Commitment hat auch für Tobias Ruland einen sehr hohen Stellenwert – es ist seiner Ansicht nach ein unerlässlicher Baustein im Wachstumsprozess einer Partnerschaft. Vor allem hält der Paar- und Sexualtherapeut aber Intimität für das magische Element. Gemeint ist damit nicht nur (sexueller) Körperkontakt, es geht darum, dass sich zwei Menschen zur gleichen Zeit in gleicher Intensität offenbaren mit ihren innersten Gefühlen und Gedanken. Das schaffe, so Ruland in Die Psychologie der Intimität, eine Bindung, die sehr stabil sei und eine Partnerschaft auch durch schlechte Zeiten tragen könne. Je mehr intime Momente Partner teilen, um so näher stehen sie sich und umso schwerer wird es für einen Dritten, sich dazwischenzudrängen.
Konto, Kinder, Konventionen
Auch das muss gesagt werden: Die Beziehungsumstände haben einen erheblichen Einfluss auf das (Un-)Treueverhalten. Wer jahrelang Gemeinsames aufgebaut, Kinder in die Welt gesetzt und einen materiellen Status geschaffen hat, zahlt für die Untreue mitunter einen hohen Preis – und ist womöglich nicht gewillt, das Emotionsportemonnaie zu zücken. Vor allem Männer und ihre Geliebten würden oft unterschätzen, welchen Einfluss die Bindung zu den Kindern habe, schreibt der Psychologe Roland Kopp-Wichmann in seinem eBook Fremdgegangen – Wege aus dem Chaos. Spätestens, wenn es um eine endgültige Entscheidung gehe, würde sich bei vielen herausstellen, dass das Aus mit der Frau zu verschmerzen ist, nicht aber die Trennung von den Kindern. Oder vom sozialen Status, den Besitztümern und dem Ansehen. Für manch einen ist das beste Untreue-Verhütung – denn bei einer Abwägung erscheint der Preis für einen Seitensprung sehr hoch.
Das Seitensprungrisiko lässt sich zwar reduzieren, aber niemals vollständig beseitigen
Guter Sex, tolle Gespräche, wahre Liebe, echte Intimität und gemeinsame Besitztümer – all diese Faktoren können im Fall eines Falles das Zünglein an der Waage sein, sie alle taugen aber nicht als alleinige und vor allem verlässliche Untreueverhüter. Wir müssen uns damit abfinden: Es gibt keine hundertprozentige Absicherung gegen Fremdgehen.
Ulrich Clement etwa schreibt in Wenn Liebe fremdgeht, Untreue käme in guten und in schlechten Beziehungen gleichermaßen vor. Nicht immer sei Treue nämlich eine aktive Entscheidung, die wir bewusst treffen. Manch einer sei treu, ohne sich dafür entschieden zu haben, nämlich einfach nur aus Mangel an Gelegenheiten oder reizvollen Angeboten, aber auch aus Feigheit oder Desinteresse. Es gebe viele Gründe, warum Menschen fremdgehen – nicht immer ist es Sex. Sucht jemand in einer Affäre Anerkennung, Bestätigung oder Aufmerksamkeit, spielt das Körperliche manchmal eine eher untergeordnete Rolle.
Und Michael Mary meint, Untreue sei das Resultat einer schleichenden Entwicklung, sie komme nicht von ungefähr. In Der Beziehungscode schreibt der Paartherapeut, grundsätzlich gehe beim Treueversprechen jeder Partner ein hohes Risiko ein – das sich im Fall der Untreue erfüllt. Aber vielleicht haben wir willentlich darauf gar keinen Einfluss – weil wir erst wahrnehmen, was los ist, wenn einer fremdgegangen ist. Eine Beziehung sei das, was zwei Partner beim besten Willen miteinander hinbekommen, findet Mary. Und dabei sollte man sich immer vor Augen halten, dass eine Beziehung so etwas wie ein eigenständiges Wesen sein kann: Sie entwickelt auch in Hinblick auf Treue unter Umständen eine Eigendynamik, die von den Partnern bewusst gar nicht steuerbar ist.
Untreue hin oder her: 5 gute Dinge, die Sie für Ihre Beziehung tun können
- Gehen Sie respektvoll, offen und liebevoll mit Ihrem Partner um.
- Pflegen Sie die körperliche Bindung – es muss ja nicht immer Sex sein
- Schaffen Sie Gemeinsamkeiten jenseits des Alltags
- Bleiben Sie im Gespräch: Reden Sie ehrlich über Ihre Bedürfnisse und hören Sie Ihrem Partner wirklich zu
- Die Zeiten ändern sich, gönnen Sie Ihrer Liebe von Zeit zu Zeit eine Generalüberholung