Unser Buchtipp des Paartherapeuten John Gottman
Die Vermessung der Liebe – Vertrauen und Betrug in Paarbeziehungen
Kurzbeschreibung
Sie wollen wissen, wie es um Ihre Beziehung bestellt ist und ob Sie und Ihr Partner die nächsten Jahre gemeinsam als Paar durchstehen? Dann sollten Sie John Gottman konsultieren – oder dieses Buch lesen. Der berühmte amerikanische Beziehungsforscher trägt darin seine Erkenntnisse aus 40 Jahren zusammen. Er erklärt, was zwei Menschen trotz aller Beziehungsschwierigkeiten zusammenhält und wie man etwa Untreue gemeinsam bewältigen kann. Gottmans Ratschläge basieren auf Beobachtungen aus seinem Lov Lab – einem Labor in Seattle, in dem Gottman 3.000 Paarbeziehungen analysiert hat. Das Buch liefert Ihnen nicht nur einen fundierten Einblick in die Theorie der partnerschaftlichen Liebe – sondern auch praktische Unterstützung durch Tests, mit denen Sie den Zustand Ihrer Beziehung feststellen können. Und Gottman spricht auch konkrete Empfehlungen für die Konfliktbewältigung aus, die er anhand seiner Forschungen erarbeitet hat.
Erkenntnisse aus diesem Sachbuch
- Unglückliche Paare verbindet alle eines: Sie sprechen aneinander vorbei oder versuchen erst gar nicht, miteinander zu kommunizieren.
- Viele sind in einer Art Mausefalle für Liebende gefangen, aus der sie schwer oder gar nicht herauskommen.
- Haben sich bestimmte Kommunikationssünden in der Beziehung etabliert, lassen sie sich nur durch Achtsamkeit, Erkenntnis und Verhaltensänderung ausmerzen.
- Dabei ist Vertrauen das Allerwichtigste – nach Gottmans Definition eine Art Mehrkomponentenkleber für die Liebe.
- Untreue sieht er als giftigen Eindringling: Dieser heimliche Beziehungskiller kommt nicht nur als sexueller Seitensprung daher, sondern kann sich auch anders maskieren.
- Verhaltensweisen wie Geheimniskrämerei, Lügen und emotionale Abwesenheit können denselben Effekt haben wie Betrug: Sie entfremden die Partner und gefährden die Liebe.
Produktinformationen
- Titel: Die Vermessung der Liebe – Vertrauen und Betrug in Paarbeziehungen
- Gebundene Ausgabe: 381 Seiten
- Verlag: Klett-Cotta; Auflage: 2., Aufl. (28. April 2014)
- ISBN-10: 3608948104
- ISBN-13: 978-3608948103
- Preis: EUR 21,95
Ausführliche Beschreibung
Forschung für die Liebe: Erkenntnisse aus John Gottmans Lov-Lab
Ein Appartement mit Seeblick, ausgestattet mit Schlafcouch, Sofa, Fernseher, Küche und unzähligen Videokammeras – so sieht das legendäre Love Lab von John Gottman im amerikanischen Seattle aus. Der Psychologieprofessor untersuchte hier unzählige Paare, manche blieben einige Stunden, andere verbrachten ein Wochenende darin. Alles zum Zwecke der Forschung: Gottman und sein Team erhoben anhand ihrer Beobachtungen haufenweise Daten zum Paarverhalten in guten wie in schlechten Zeiten. Aus deren Anlayse formuliert Gottman Empfehlungen für eine gelingende Partnerschaft. Das sind keine Geheimrezepte für lebenslange Liebe. Es sind vielmehr handfeste Hilfestellungen für Paare, die das Experiment Langzeitbeziehung wagen. Gottmans übergeordnetes Ziel ist es, Beziehungen besser zu verstehen und Paaren dabei zu helfen, eine glückliche(re) Partnerschaft anzusteuern.
Gottman ist so etwas wie der große weise Mann unter den Beziehungsexperten. Vor allem seine direkten Beobachtungen von Paaren in Streitsituationen und die Analyse der Ehestabilität machten ihn berühmt – Gottman hat nicht nur mit den vier apokalyptischen Reitern Kommunikationssünden benannt, die jede intime Partnerschaft ruinieren können. Er entwickelte auch eine Methode, durch die mit 90-prozentiger Wahrscheinlichkeit vorausgesagt werden kann, welche neu verheirateten Paare liiert bleiben und welche nach 4 bis 6 Jahren geschieden sein werden.
Was das bringt, fragen Sie sich? Verdammt viel, würde Gottman antworten. Denn wenn Sie in Ihrer Beziehung frühzeitig negative Entwicklungen wahrhaben, ist das der erste Schritt zu einer positiven Veränderung. Denn vieles, so Gottman, spielt sich im Verborgenen ab. Die meisten Paare wissen gar nicht, warum ihre Beziehung gerade nicht so gut läuft. Die meisten Partnerschaften sind weder total gut, noch total schlecht, sie schwanken irgendwo zwischen den Extremen, resümiert Gottman. Doch meistens fällt es Partnern schwer, den Zustand ihrer Beziehung realistisch einzuschätzen. So erstaunte Gottman bei seinen Beobachtungen, dass unglückliche Paare fest daran glaubten, einander aufrichtig zu lieben und alles für die Beziehung zu tun. Dabei war genau dies oft nicht der Fall. Gottman will mit seinen Forschungen keineswegs dazu beitragen, Scheidungen voherzusagen, sondern er identifiziert systematisch Verhaltensweisen und Einstellungen, die dazu führen können, dass Paare sich trennen. Damit wir alle aus diesen objektiven Erkenntnissen lernen können.
Die drei Zonen der Liebe
Freundlich, neutral, feindlich – in einer Beziehung befinden wir uns laut Gottman immer wieder in einer dieser Gefühlsräume. Die freundliche Zone ist kein Ort, wo es nie Auseindersetzungen gibt. Sondern hier sind die Partner auch in Konflikten einander zugewandt und überbrücken kritische Situationen mit effektiven Reparaturmaßnahmen, indem sie etwa an der passenden Stelle Humor einsetzen oder rechtzeitig die Kampfzone verlassen. Damit eine Beziehung beide Partner zufriedenstellt, müssen sie viel Zeit in der freundlichen Zone verbringen, in der gegenseitiger Respekt und Zuneigung vorherrschen, schreibt Gottman.
Die neutrale Zone ist der Beziehungsbereich, in dem weder extrem positive, noch negative Gefühle dominieren – was aber nichts mit Gleichgültigkeit zu tun hat. Anders als unglückliche Paare seien neutrale Paare engagiert und gingen auf den anderen ein, bemerkt Gottman. Aber – und das ist der große Unterschied – während sie einen Konflikt austragen, bleiben sie ruhig. Gottmans Studien ergaben, dass glückliche Paare mittleren Alters in Konfliktsituationen etwa 65 Prozent der Zeit in der neutralen Zone verbrachten, während unglückliche Paare dort nur 47 Prozent verweilten. Zwölf Jahre später befanden sich die glücklichen Paare etwa 70 Prozent ihrer Zeit in der neutralen Zone – je länger sie verheiratet waren, umso weniger mussten sie sich also beschwichtigen.
Alle Paare geraten ab und an in die feindliche Zone, manche finden aber aus der Spirale der gegenseitigen Abwertung nicht mehr heraus. Denn laut Gottman sorgen andauernde Feindseligkeiten für eine Überflutung mindestens eines der Partner. Dieses sogenannte Flooding, von dem häufig Männer betroffen sind, äußert sich auch in körperlichen Stressreaktionen und macht es beinah unmöglich, rational zu (re)agieren. Wenn Körper und Geist übersteuert sind, kann keiner einen klaren Gedanken fassen – die negativen Gefühle schaukeln sich auf. Und dann können viele Gefahrenquellen für die Liebe munter sprudeln: etwa zermürbende Dauerkämpfe, Alltagskrieg – oder auch Seitensprünge.
Keim des Fremdgehens: negative Vergleiche
30 Prozent der Paare, die in einer unglücklichen Beziehung gefangen sind, bleiben sich treu, beobachtete Gottman. Aber bei immerhin 70 Prozent stand die Vertrauenswürdigkeit nach vielen Frustjahren auf der Kippe – warum das so ist, versuchte Gottman herauszufinden. Seine Erkenntnisse zeigen: Ein Seitensprung kommt nie ganz aus heiterem Himmel, er ist immer Resultat einer Entwicklung. Wer seine Beziehung über lange Zeit vernachlässigt, unachtsam wird und sein Unglück als schlechte Phase abtut, unterdrückt seine wahren Gefühle, die sich dann manchmal in einer Affäre Ausdruck verschaffen.
Ein Seitensprung könne Signalflagge sein und die Mängel in der Beziehung offenlegen. Und man könne Untreue als Paar überwinden – allerdings hält Gottman das für ziemlich schwer. Denn auch wenn eine überfällige Generalüberholung der Ehe durch einen Seitensprung angestoßen werden kann, heißt das noch lange nicht, dass zerstörerische Verhaltensmuster aufgebrochen werden können. Beispielsweise das mit den negativen Vergleichen. Jeder von uns kennt es: Ab und an wirft man einen Blick auf andere Partner oder Beziehungen und schaut, wie man da so abschneidet. Wenn Sie immer der Meinung sind, andere hätten es mit ihrem Partner besser getroffen als Sie, oder wenn Sie permanent glauben, Ihr Leben und Sie selbst wären viel glücklicher mit einer anderen Person an Ihrer Seite, dann stecken Sie fest in der negativen Vergleichsmanie, die nicht nur Ihren Partner abwertet, sondern auch Ihre ganze Beziehung infrage stellt. Gottman hält die verbreiteten »was-wär-wenn«-Vergleiche für beziehungsschädigend, wenn nicht gar für den Keim des Fremdgehens. Hat ein Partner erstmal das abwertende Urteil über seine Beziehung gefällt, wird er anfälliger für Untreue. Meint er dann, bei einer anderen Person das zu finden, was ihm der eigene Partner nicht gibt, greift er bei Gelegenheit eher zu, als jemand, der bei Vergleichen mit anderen glaubt, besser abzuschneiden.
10 Arten, seinen Partner zu betrügen
Vertrauen ist das Fundament einer Beziehung, meint Gottman. Sexuelle Untreue sei nicht der einzige Vertrauensmissbrauch, der eine Beziehung zerstören könne. Eine feste Partnerschaft sei ein Vertrag, der auf gegenseitigem Vertrauen, Respekt, Schutz und Rückhalt basiere. Alles, was diesen Vertrag verletze, könne eine Form von Untreue sein, schreibt Gottman. 10 Betrugsformen listet er auf, darunter diese drei:
- Mangelndes Commitment: Wer sich nicht ganz auf den anderen einlässt, nach dem Motto »Ich bin mit Dir zusammen, bis ich was Besseres gefunden habe«, der betrügt seinen Partner durch Unaufrichtigkeit. Unter Vorbehalt eine Partnerschaft anzusteuern, geht kaum gut. Vor allem, wenn etwa eine Hochzeit dazu führen soll, eine starke Bindung herzustellen, anstatt diese zu besiegeln.
- Lügen: Geheimniskrämerei schadet der Beziehung, meint Gottman. Wer seinen Partner in kleineren und größeren Angelegenheiten belügt, begeht einen Vertrauensbruch. Das heißt nicht unbedingt, dass man immer die tiefsten Ecken seiner Seele offenbaren muss, aber laut Gottman sollte man in den wesentlichen Bereichen eine Auseinandersetzung der Lüge vorziehen.
- Bündnis gegen den Partner schmieden: Die beste Freundin ist ganz Ihrer Meinung, was das Fehlverhalten Ihres Mannes angeht? Und Ihre Schwiegermutter mischt in Ihrer Ehe kräftig mit? Beides sind auch subtile Formen des Betrugs, sagt Gottman. Denn wer sich in problematischen Situationen Unterstützung von außen holt und diese einsetzt, um die eigene Position zu stärken, also Allianzen gegen den Partner schmiedet, der begibt sich automatisch in die feindliche Zone – der andere wird zum Gegner, gegen den man sich wehrt, zur Not auch mit Hilfe anderer.
Wenn nichts mehr geht: Wann Beziehungen am Ende sind
Bei allen konstruktiven Ratschlägen weiß Gottman, dass man nicht alles kitten und in Beziehungen nicht zusammenpressen kann, was nicht zusammengehört. Aber wie erkennen Sie, ob Ihre Beziehung überhaupt noch was taugt? Wann ist es wirklich Zeit, sich zu trennen? Um darüber Aussagen machen zu können, ließ Gottman Paare in Interviews erzählen, wie sie sich kennengerlernt haben, welchen ersten Eindruck sie voneinander hatten und wie sich ihre Beziehung im Laufe der Zeit verändert hat.
Rettungsversuche werden demzufolge schwierig, wenn ...
- … Sie hauptsächlich die negativen Aspekte Ihrer Kennenlerngeschichte betonen (und nicht das Schöne heraustellen)
- ...bei Ihnen das Ich-Gefühl überwiegt (und es kein »Wir« und keine gemeinsamen Ziele gibt)
- ...Sie frühere Konflikte durchweg negativ bewerten (und keinen Stolz darüber empfinden, schwierige Zeiten gemeinsam durchgestanden zu haben)
- ...Sie Ihre Enttäuschung über unerfüllte Erwartungen zum Ausdruck bringen (anstatt die Zufriedenheit mit dem, was Sie haben, hervorzuheben)
Gottman hat dazu einen Test mit 55 Fragen entwickelt, deren Beantwortung Aufschluss darüber geben kann, wie es um Ihre Beziehung steht. Diese kann besonders tragfähig sein, es kann sich aber auch herausstellen, dass bereits die Warnglocken läuten, Ihre Beziehung gefährdet oder womöglich nicht mehr zu retten ist. Allerdings warnt Gottman davor, das Testergebnis als Anlass für voreilige Entscheidungen zu nehmen. Denn Umstände wie etwa akute Vorfälle in der Partnerschaft, können das Ergebnis negativ beeinflussen und nicht repräsentativ sein.
Die Auswertung des Tests kann Ihnen als Anhaltspunkt für die Einschätzung Ihrer Beziehung dienen – aber auch Gottman betont bei aller fachlichen Weisheit, dass Entscheidungen wie eine Trennung immer weitreichende Folgen haben – die Sie sich sehr genau überlegen sollten.