Kann es ewige Treue wirklich geben?

Potrait einer hübschen jungen Frau mit goldblondem Haar zum Dutt gebunden, vollen Lippen und tiefblauben Augen

Gibt es Beziehungen ohne Seitensprünge?

Statistisch gesehen erlebt jeder Dritte mindestens eine Scheidung, 50 Prozent aller Deutschen gehen fremd. Beziehungen, die ewig halten und vor Seitensprüngen sicher sind – ist das also mehr Wunschtraum als Wirklichkeit?

»Bis dass der Tod sie scheidet« war früher Standard. Es ist noch gar nicht so lange her, da war es üblich, dass man zusammenblieb, auch wenn die Beziehung mehr Tiefen als Höhen zu bieten hatte. Treue wurde meist unhinterfragt akzeptiert. Gesellschaftlich anerkannt war die lebenslange, durch Heirat legitimierte Partnerschaft – Liebesehen mit dem Anspruch auf Glück waren eher die Ausnahme.

Heute sieht das ein wenig anders aus. Die Ansprüche sind gestiegen, die Möglichkeiten haben sich geändert. Und was ist mit der Treue? Die steht mittlerweile öfter in Frage, ist aber noch immer für die meisten Menschen sehr wichtig.

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Treue – ultimative Paarchallenge?!

Buchcover: Paare zwischen Versuchung und Vertrauen von Dr. Wolfgang Krüger Wolfgang Krüger etwa schreibt in Das Geheimnis der Treue, Treue sei ein Kernthema von Liebesbeziehungen. Untreue würden viele als Gefährdung der Beziehungsbasis empfinden. Für 71 Prozent aller Männer sei darum ein Seitensprung der Frau eine Todsünde, nur 20 Prozent sehen den Liebesbetrug als Kavaliersdelikt.

Treue sei keinesfalls ein Auslaufmodell, sagt auch Ulrich Clement im Interview mit der Seitensprung-Fibel. Seiner Meinung nach leben wir in einer Zeit, in der verschiedene Modelle nebeneinander existieren, Treue sei eines davon. Das Problem dabei wäre, dass viele Menschen dem eigenen Modell nicht treu bleiben. Und das sei menschlich: Ideale und gelebte Taten hätten immer ein gespanntes Verhältnis zueinander.

Buchcover: Lob der offenen Beziehung: Über Liebe, Sex, Vernunft und Glück von Oliver Schott Zur Treue bekennen sich zwar viele Menschen, die meisten wären aber gar nicht treu im eigentlichen Sinne, schreibt Oliver Schott in Lob der offenen Beziehung, sondern nur eingeschränkt, nämlich zeitweise, solange eine Beziehung hält. Bröckelt diese, dann wird Treue fragwürdig. Serielle Monogamie ist ein Trend, der unsere zwiespältige Einstellung zur Treue widerspiegelt: Wir haben zwar monogame Beziehungen – aber nacheinander. Unsere Monogamieauffassung werde uns zudem anerzogen, die meisten von uns nehmen das starre Regelgerüst für Beziehungen einfach hin. »Das macht man nicht!« steckt in unseren Köpfen.

Buchcover: Wahre Liebe lässt frei! Wie Frau und Mann zu sich selbst und zueinander finden von Robert Betz Robert Betz sagt dazu, viele hätten Angst, ihr Partner könne mit einem anderen Menschen eine intime Beziehung eingehen. Für viele, schreibt er in Wahre Liebe lässt frei, sei besonders Sex mit einem Dritten tabu – denn dann würde das Treueversprechen gebrochen und uns etwas genommen. Respekt, Achtung, Loyalität, Zuverlässigkeit und andere Beziehungswerte werden weniger unter dem Begriff Treue subsummiert.

Treue spielt auch heute noch eine übergeordnete Rolle in Beziehungen. Allerdings ist der Begriff etwas schwammig geworden und bedeutet für jeden etwas anderes. Wir haben die Freiheit, selbst zu definieren, was wir unter Treue verstehen. Das macht die Sache aber nicht unbedingt leichter.

Alter und lange Beziehung: auch kein Trennungsschutz

Auch ein langer Beziehungsweg und fortgeschrittenes Lebensalter sind ja offenbar keine Garanten für ewigwährende Treue. Seit längerem verzeichnet die Satistik einen Trend hin zur späten Trennung: So hat sich etwa die Zahl der Scheidungen nach der Silberhochzeit, also nach 25 Ehejahren, zwischen 1975 und 2005 verdoppelt. Viele Langzeitpaare lassen sich dann scheiden, wenn man denkt, sie hätten das Gröbste hinter sich. Gemeinhin gelten doch die mittleren Ehejahre als die schwierigsten. Also die, in denen Kinderaufzucht, Job und Alltagsstress die Partnerschaft dominieren.

Wer das verflixte 7. und dann auch noch das 14. Ehejahr – nach dem sich Scheidungszahlen zufolge heute viele Paare trennen – überwunden hat, der schafft es auch, lebenslang vereint zu bleiben. Denken wir. Aber die Zeiten, in denen Paare nach einer gewissen Beziehungsfrist aufatmen konnten, weil statistisch gesehen dann eine Trennung unwahrscheinlicher war, sind wohl passé. Wir wollen glauben, dass Partner nach Jahren für immer zusammengeschweißt sind, weil sie miteinander durch dick und dünn gegangen sind, emotionale und auch sexuelle Durststrecken überwunden haben und einen Haufen Erinnerungen teilen. Das entspricht aber offensichtlich nicht den Tatsachen.

Ob eine Beziehung hält, lässt sich ohnehin schwer voraussagen. Selbst Experten können das nicht zuverlässig erkennen. Eine amerikanische Studie etwa zeigt, dass selbst Beziehungsexperten bei der Beurteilung danebenliegen: Pastoren, Ehetherapeuten und Psychologen sollten anhand von Paarvideos kriselnde Ehen identifizieren – zu 50 Prozent lagen die Fachleute mit ihrer Einschätzung falsch.

Eine interessante Ausnahme bildet hier der amerikanische Psychologe John Gottmann. Er definierte anhand von eingehenden Untersuchungen regelrechte Beziehungskiller, die er »apokalyptische Reiter« taufte. Besonders in Konflikten treten sie auf. Unfaire und zerstörerische Streitsituationen seien immer sehr individuell, tragen aber laut Gottmann immer fünf Konstanten in sich: Kritik, Verteidigung, Verachtung, Rückzug und Machtdemonstration.  John Gottmann analysierte das Streitverhalten von etlichen Ehepaaren und erkannte dabei ungute Muster. So gelang es ihm nach eigenen Aussagen, anhand des Auftauchens dieser apokalyptischen Reiter ganz klar vorherzusagen, welche Paare sich scheiden lassen und welche die Beziehungskurve noch kriegen.

Wenn der Partner hält, was er verspricht:
6 Gründe für Beziehungen ohne Seitensprünge

Ja, es gibt Beziehungen, die von Untreue verschont bleiben. Manchmal ist das eine Gefühls- oder Willenssache. Manchmal ist es aber auch purer Zufall, dass zwei Menschen sich treu bleiben. Mit der hehren Tugend Treue ist das so eine Sache, nicht selten ist es weniger eine Frage der Liebe, als vielmehr der Umstände.

1) Aus Liebe

Buchcover: Paare zwischen Versuchung und Vertrauen von Dr. Wolfgang Krüger Und immer die Liebe... wenn die groß ist, dann hat Untreue manchmal schlechte Chancen. Wolfgang Krüger schreibt in Das Geheimnis der Treue, wenn die Beziehung durch eine starke, auch willensmäßig gesteuerte Bindung stabilisiert wird, dann sind Seitensprünge keine Gefahr. Niemand, schreibt Krüger, sei per se vor sexuellen Versuchungen geschützt. Wer aber eine feste innere Beziehungsbasis habe, könne im entscheidenden Moment widerstehen.

So komplex und individuell das Phänomen Liebe auch sein mag – als Grund für lebenslange Treue hält sie allemal her. Wer im Beziehungsverlauf ein tiefes Zusammengehörigkeitsgefühl aufbaut, der wägt in Versuchungssituationen sicherlich ab, was ihm der Lustgenuss bringt und welchen Preis er dafür zahlen muss – etwa den Verlust der Liebe des Partners. Mal abgesehen davon, dass Liebe auch Grund dafür sein kann, dass man den anderen nicht verletzen möchte – auch wenn außereheliche Lustwünsche vorhanden sind.

2) Treu aus Zufall

Buchcover: Freiheit von der Eifersucht: Wege Zu Einer Neuen Partnerschaft von Thomas Deutschbein Oft sind wir erst im Nachhinein schlauer. Wer 20 Jahre mit seinem Partner zusammen ist, kann sich seine Gründe gut zurechtlegen. Thomas Deutschbein etwa meint, viele Fremdgeher können ihre Motive nicht klar benennen. Darum glauben sie gerne, das Schicksal habe sie in diese Situation manövriert, so Deutschbein in Freiheit von der Eifersucht. Umgekehrt ist das wohl seltener der Fall, bleibt man treu, interpretiert man das doch lieber als bewusste Entscheidung und nicht als Schicksal.

Buchcover: Mythos Liebe: Lügen und Wahrheiten über Beziehungen und Partnerschaften von Michael Mary Michael Mary schreibt in Mythos Liebe, der Wert einer Partnerschaft könne oft erst in der Rückschau bemessen werden. Wenn ein Paar Jahrzehnte zusammenbleibt und wirklich nichts passiert, kann es mit Fug und Recht behaupten: Wir sind treu. Womöglich ist das aber nicht auf Willenskraft oder Liebe zurückzuführen – sondern auf den schnöden Zufall. Denn auch wenn Sie in Ihrer Fantasie schon so manch aufregende Affäre hatten, müssen Sie ja in der Realität zur rechten Zeit einen passenden Seitensprungpartner treffen. Ist das nicht der Fall, können Untreuepläne durchaus ins Leere laufen. Wenn Ihnen der Zufall aber eine verführerische Person über den Weg schickt, just in einem willigen Augenblick, kann es auch einfach so passieren.

3) Treu aus Mangel an Gelegenheiten

Buchcover: Lob der Untreue. Eine Unverschämtheit von Franz Josef Wetz Wer keine Möglichkeiten hat, untreu zu werden, wird es nicht. Logisch, denn selbst wenn Sie sich angesichts Ihrer kreuzunglücklichen Partnerschaft eine Affäre herbeiwünschen, müssen Sie die erstmal irgendwo auftun. Das ist manchmal gar nicht so einfach und oft der eigentliche Treuegrund: Es fehlt schlicht und ergreifend an Fremdgehgelegenheiten. Denn grundsätzlich sind wir alle keine treuebegabten Wesen, auch wenn wir das gerne glauben, erklärt Franz Josef Wetz in Lob der Untreue. Treu zu sein kann nur der von sich behaupten, der es wirklich immer ist – manch einer bezeichnet sich so lange als treue Seele, bis er von einer reizvollen Person Avancen gemacht bekommt. Es gibt auch Menschen, die aufgrund mangelnder Attraktivität, fehlender Zeit, schwacher Libido oder ausgeprägter Schüchternheit niemals in den Genuss einer Affäre kommen – obwohl sie es bei einer sich darbietenden Gelegenheit vielleicht doch tun würden.

4) Treu aus Feigheit

Buchcover: Wenn Liebe fremdgeht. Vom richtigen Umgang mit Affären von Urlich Clement Vielleicht trauen Sie sich auch einfach nicht? Eine Affäre kann anstrengend sein: Man muss Zeit aufbringen, Treffen organisieren und die Sache möglichst klug verheimlichen. Viele schrecken vor diesem emotionalen Stress zurück. Ulrich Clement etwa schreibt in Wenn Liebe fremdgeht, eine Affäre habe Dramen zufolge, wühle auf und stelle mitunter alles auf den Prüfstand. Oft seien Seitenspringer auch in der Zwickmühle, denn sie müssten ihre Affäre entweder dauerhaft vertuschen oder sich irgendwann entscheiden: alte Beziehung aufgeben, neue anfangen oder weiter heimlich zweigleisig fahren?

Manchen Menschen fehlt bei allen Versuchungen und aller Affärenlust der Mut, sich in eine solche Konfliktsituation zu begeben. Feigheit vor der Affäre ist auch ein Grund, lebenslang treu zu bleiben.

5) Treu aus Pflichtgefühl

Die Kinder, das Haus, die Verwandten – auch wer nicht hundertprozentig von ewiger Treue überzeugt ist, kann sie leben. Einfach aus Pflichtgefühl. Unsere leistungsorientierte Gesellschaft erwartet, dass wir bestimmte Normen erfüllen und uns sozialkonform und verantwortlich verhalten. Dazu gehört auch, dass man den Partner nicht betrügt. Schon gar nicht, wenn Dritte involviert sind, wie das der Fall ist, wenn Kinder da sind. Denen möchten viele eine Beziehungskrise durch einen Seitensprung nicht antun – und schlagen deswegen automatisch außereheliche Versuchungen in den Wind. Manch einer fühlt sich zur Treue verpflichtet, und meint, auch den Kontrollinstanzen Eltern, Schwiegereltern und Freunden Rechenschaft schuldig zu sein. Dieses zwiespältige Verwantwortungsbewusstsein kann ausschlaggebendes Treuemotiv sein.

Buchcover: Mythos Liebe: Lügen und Wahrheiten über Beziehungen und Partnerschaften von Michael Mary

Aber so schlecht ist das nun auch wieder nicht, man sollte Treue aus Pflichtgefühl nicht nur als eine Resignation vor unerfüllten Erwartungen abwerten. Der Meinung ist auch Michael Mary. Keine Beziehung kann all unsere Erwartungen erfüllen oder jedes unserer Bedürfnisse befriedigen. Und wir werden kreuzunglücklich, wenn wir uns immer wieder diese Kluft zwischen Wunsch und Wirklichkeit vor Augen halten. Besser sei es, so schreibt Mary in Mythos Liebe, zu erkennen, was die Beziehung wirklich ausmacht und welchen Ansprüchen sie tatsächlich gerecht wird. Das kann laut Mary auch die Erfüllung eines Pflichtgefühls sein, etwa, weil die Beziehung einen Zweck erfüllt – nämlich beiden Partnern ein sicheres soziales Umfeld gibt.

6) Treu aus Berechnung

Buchcover: Liebesaffären. Zur Psychologie leidenschaftlicher Beziehungen von Prof. Dr. Wolfgang Hantel-Quitmann Manche Menschen sehen Beziehungen eher pragmatisch. Das erklärt Wolfgang Hantel-Quitmann in Liebesaffären. Heutzutage stellen viele Menschen eine Kosten-Nutzen-Rechnung auf, wenn auch unbewusst. Wer seine Partnerschaft emotional und auch ökonomisch als gewinnbringend ansehe, der widerstehe Versuchungen eher als jemand, der das Gefühl hat, die Langzeitpartnerschaft bringe ihm nicht viel. Auch wer in einer großen materiellen Abhängigkeit zum Partner steht, hat womöglich rein rechnerische Gründe für seine Treue.

Überhaupt spielt das für viele eine wesentliche Rolle: Ehe man das zwar unbefriedigende, aber doch bewährte Paarleben aufs Spiel setzt, rechnet man mal durch, welche Nachteile Untreue haben könnte. Und entscheidet sich für das, was scheinbar weniger Kosten verursacht.

Fazit: Man kann an Treue glauben – und sie leben

Manchmal sind das zwei Paar Schuhe. Es gibt Beziehungen, in denen Seitensprünge wirklich nie eine Rolle spielen. Die Gründe hierfür sind vielschichtig, selten lässt sich die Ursache für lebenslange Treue klar benennen. Wer aus tiefstem Herzen treu sein will, seinen Partner über alles liebt und von der Beziehung profitiert, wird es vermutlich eher schaffen, als jemand, der immer wieder emotional und sexuell an Grenzen stößt. Und dann ist da ja auch noch die Sache mit der Treue zu sich selbst: Bisweilen ist es ehrlicher, einer Versuchung nachzugeben, als sie immer krampfhaft zu unterdrücken.

Buchcover: Schattenliebe: Nie mehr Zweite(r) sein von Gerti Senger So richtig für die Treue gemacht seien wir dann doch nicht, resümiert Gerti Senger nach vielen entsprechenden Untersuchungen in Schattenliebe. Für lebenslange Treue in diesem Sinne sei ein Teil von uns, nämlich der dem Eros zugewandte, kaum geschaffen. Auch wenn wir uns sehnlichst Beziehungen wünschen, in denen Untreue keinen Platz hat, funkt uns da mitunter das schnöde biologische Moment dazwischen. Denn das, so Senger, steuere letztlich auch unser Treueverhalten. Manch einer kann dem vielleicht entgegenwirken, vielen von uns gelingt es aber nicht, heimlichen Bedürfnissen immer und ewig gegenzuwirken. Und das ist dann Ausdruck einer inneren Bedürftigkeit, die auch ihre Daseinsberechtigung hat. Buchcover: Wahre Liebe lässt frei! Wie Frau und Mann zu sich selbst und zueinander finden von Robert Betz Das etwa meint Robert Betz. Wenn wir trotz aller Gelöbnisse, dem anderen treu zu bleiben, mit einem Dritten im Bett landen, dann hat das etwas zu bedeuten, schreibt er in Wahre Liebe lässt frei.

Es kann beispielsweise Zeichen für ungestillte Lüste sein – die ein Teil von uns sind. Wir gehen fremd in einem Moment, in dem sich gewisse unterdrückte Teile von uns Bahn brechen mit jemandem, der uns etwas von uns selbst wiederspiegelt. Genau hierfür müssen wir Betz zufolge Verantwortung übernehmen. Etwa, indem wir erkennen, wie viel Unwahres wir selbst über Sex, Beziehungen, Treue und letztlich auch Fremdgehen denken.

Seitensprung-Boom: Hunderttausende Frauen und Männer nehmen es mit der Treue nicht ganz so ernst und suchen bei diesen Seitensprung-Anbietern nach heimlichen Affären:

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