#1 ANTWORT
Sie wissen es jetzt: Ihr Partner hat Sie betrogen. Was Sie nicht wissen, sind alle Details. Und das ist auch gut so, findet Ulrich Clement. Auch wenn Ihre Kränkungswut alles wissen will, um die Kontrolle vermeintlich zu behalten oder das Seitensprunggeschehen zu verstehen, um es dann abwerten zu können, sollten Sie trotz aller verletzten Gefühle einige Hinweise beachten, schreibt Clement in »Wenn Liebe fremdgeht«. Fragen Sie nicht nach Details, rät der Paartherapeut, verzichten Sie auf nähere Informationen, die täten nichts zur Sache und würden Sie nur unnötig quälen. Bremsen Sie Ihren Partner, wenn er sein Gewissen erleichtern möchte, indem er Ihnen ALLES beichtet. Seien Sie sich außerdem der Gefahr des selbstquälerischen Triumphes bewusst – wann Ihr Partner es wie oft wie lustvoll getrieben hat, möchten Sie vielleicht erfahren, um daran (mit Fug und Recht) zu leiden. Bleiben Sie bei sich, rät Clement ebenfalls, machen Sie nicht Ihren Partner zum Maßstab, bleiben Sie bei Ihren eigenen Werten. Und gestehen Sie sich ruhig Rachegelüste zu, aber überlegen Sie ganz genau, was es bringt, es Ihrem Partner heimzuzahlen – Rache könne süß sein, schreibt Clement, führe aber meist zu Eskalationen.
#2 ANTWORT
Wer betrogen wurde, leidet fast immer unter ähnlichen Symptomen wie Menschen, die nach einem Verkehrsunfall oder einer schweren Krankheit eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, schreibt Wolfgang Krüger. Ängste, Depressionen, Schlafstörungen oder Übererregtheit können Folgen sein – oder aber die zwanghafte Beschäftigung mit dem Seitensprung des Partners. In »Das Geheimnis der Treue« berichtet Krüger, bei Menschen, die solchermaßen auf einen Seitensprung des Partners reagieren, achte er darauf, dass sie in den ersten Tagen viel mit anderen sprechen können, aber auch Rückzugsmöglichkeiten haben. Eine Affäre sei für den betrogenen Partner immer eine Tragödie, starke Gefühlsreaktionen seien da normal. Wutgefühle etwa sind nicht zu unterschätzen bei der Bewältigung des Schmerzes über den Betrug: Krüger hält es für problematisch, wenn diese Wut unterdrückt wird, denn sie könne das Lebensgefühl eines Betrogenen stabilisieren und verhindern, dass der Schmerz ihn überwältigt. Auch wenn Sie sich als Opfer in der Betrugsgeschichte sehen, sollten Sie möglichst schnell aus dieser Rolle schlüpfen. Denn auch wenn das Zugeständnis der Umwelt, dass Sie verletzt worden sind, Balsam für Ihre wunde Seele sein mag – auf lange Sicht sollten Sie gemeinsam mit Ihrem Partner die Untreue aufarbeiten, empfiehlt Krüger.
#3 ANTWORT
Natürlich hängt es auch davon ab, was nach dem nach dem Seitensprung so passiert – sprich: Ob die Affäre eine einmalige Angelegenheit war, ob die Sache weiterläuft, ob eine Trennung im Raum steht oder für Sie mit dieser Hiobsbotschaft das Fass vollends zum Überlaufen gebracht wurde. Kurzum, Sie sollten sich fragen, welche Lösungsmodelle es für Sie gibt. Hans Jellouschek sieht derer vier, wenn die Wahrheit ans Tageslicht gekommen ist: die Affäre wird abgebrochen, Sie tolerieren (aus welchen Gründen auch immer) das Verhältnis Ihres Mannes, Sie suchen sich selbst einen Seitensprung oder machen halt eine offene Beziehung daraus. Alles natürlich theoretische Gebilde, die sich in der Praxis mitunter ganz anders gestalten. Auch hier sind konkrete Ratschläge heikel, Jellouschek schreibt in »Warum hast du mir das angetan?« aber, der Untreue sollte nicht unter Druck gesetzt werden, denn das bringe erstmal gar nichts. Oder führe im Zweifelsfall sogar dazu, dass die Affäre in den »Untergrund« geht und heimlich fortgeführt wird. Herrscht beziehungstechnisch bei Ihnen und Ihrem Partner Unklarheit darüber, ob und wie es weitergehen soll, hat Jellouschek folgenden Vorschlag: Legen Sie einen bestimmten Zeitraum fest, in dem Sie sich gegenseitig zusagen, keinerlei definitive Entscheidung über die Form des Zusammenlebens zu fällen. Laut Jellouschek kann es also sinnvoll sein, die Problematik erstmal langsam anzugehen. Nicht nach dem Motto: Aufgeschoben ist gleich aufgehoben. Sondern um sich gegenseitig im Eifer der Gefühlsgefechte ein wenig Raum und Luft zu lassen.
#4 ANTWORT
Auch wenn es schwer ist: Öffnen Sie sich für den Gedanken, dass es nicht das Ende Ihrer Beziehung bedeuten muss, wenn Ihr Partner Sie betrogen hat, darum bittet Robert Betz in »Wahre Liebe lässt frei«. Oder vielmehr empfiehlt er das. Wir sollten seiner Meinung nach erkennen, wie viele unwahre Gedanken wir über Sexualität, Beziehung, Treue und Fremdgehen denken und Verantwortung übernehmen für alles, was in unserem Leben geschieht. Und eben auch für einen Seitensprung. Wie genau man damit am besten umgeht, hängt von so vielen Variablen ab, dass man es nicht über einen Kamm scheren kann – und genau das tut Betz auch nicht. Er hebt die wie-reagiere-ich-danach-Frage auf eine höhere Ebene: Den anderen zu lieben, schreibt er, heißt, ihm zu erlauben, so zu sein, wie er jetzt ist und aufzuhören ihn verändern zu wollen oder Veränderungen zu verlangen. Besser als unerfüllbare Forderungen zu stellen sei es, Ihrem Partner zu vermitteln, dass Sie ihn so annehmen und lieben wie er jetzt ist.
#5 ANTWORT
Wir lernen bei der Bewältigung einer Liebesaffäre unseres Partners die extremsten Gefühlsbereiche in uns kennen, sagt Julia Onken. Und das ist eine gewaltige Herausforderung. Vermutlich werden Sie mit Gedanken und Gefühlen konfrontiert, die Sie bisher in dieser Härte noch nicht erlebten, der empfundene Verrat kann sich unter Umständen wie ein schleichendes Gift in uns ausbreiten, schreibt die Schweizer Psychologin in »Die Kirschen in Nachbars Garten«. Und das erfordere den klaren Entschluss, für sich und das eigene Wohlergehen Verantwortung zu übernehmen. Eine Paartherapie kann sich hier laut Onken sehr günstig auswirken und den Verarbeitungsprozess vorantreiben. Wichtig ist, dass Sie sich nicht der Situation hilflos ausgeliefert fühlen, deswegen sollten Sie sich immer vor Augen halten, dass es für Sie einen Notausgang gibt: Wenn nichts mehr hilft, können Sie auch gehen. Druck auf den Partner auszuüben oder ihm ein Ultimatum zu stellen, um ihn zu verändern, bringt nicht viel, meint Onken. Man müsse sich mit den schlechten Gefühlen auseinandersetzen und ihnen auf die Pelle rücken – dann kann man das Betrugsgeschehen bewältigen. Und das Wichtigste: Denken Sie dabei an sich, Sie müssen dafür sorgen, dass es Ihnen gut geht.
#6 ANTWORT
Arnold Retzer, wortgewandter Verfechter der Vernunftehe, plädiert für überlegtes Verhalten nach dem Seitensprung. In Situationen, die schmerzhaft als Unrecht erlebt werden, gebe es meist keinen festgelegten Maßstab, schreibt der renommierte Paartherapeut in »Lob der Vernunftehe«. Eine Affäre sei ein fast schon alltägliches Beispiel aus der Alltagswelt vieler Paare. Im Fall der Untreue, so Retzer, sei der Schadensfall eingetreten und damit stelle sich in der Logik der Gerechtigkeit die Frage nach »Schadensersatz«. Der wäre etwa dann gegeben, wenn Sie Gleiches mit Gleichem vergelten, also Ihren Partner auch betrügen. Da aber laut Retzer der Wert einer Affäre nicht zu bemessen ist, lässt sich hier schwerlich ein Ausgleich herbeiführen – es kommt eher zu einer sich gegenseitig aufschaukelnden Eskalation. Man könne allerdings andere, berechenbare Leistungen gegenüberstellen und dadurch zur Sühne gelangen, wie wäre es da etwa mit Geld? Das ist natürlich eher ironisch gemeint, bringt es aber überspitzt auf den Punkt: Rache, Vergeltung und dergleichen bringen nichts, verabschieden Sie sich also lieber von dem Gedanken, es Ihrem Partner heimzuzahlen.
Autor: Dr. Arnold Retzer
Buch: Lob der Vernunftehe
#7 ANTWORT
Finger weg von Racheaktionen, rät auch Andrea Bräu. Wenn Sie von der Außenbeziehung Ihres Partners erfahren, reagieren Sie vermutlich erstmal ziemlich heftig. Es können so große Enttäuschungen, Verletzungen und auch ein fundamentaler Vertrauensverlust entstehen, dass bei Ihnen der Wunsch aufkommt, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Meist liege das, schreibt Andrea Bräu in »Es war doch nur Sex«, am angeschlagenen Selbstwertgefühl. Mit einer Racheaffäre wollen Sie einerseits bestimmt Ihr verletztes Ego wieder aufpeppeln, Ihrem untreuen Partner aber auch anschaulich zeigen, wie es sich anfühlt, so hintergangen zu werden. Auch wenn es Sie nach Rache gelüstet, sollten Sie daran denken, dass diese die Eifersuchtsgefühle, die Sie nach dem Betrug verspüren, nicht kompensieren kann.
#8 ANTWORT
Thomas Deutschbein regt in »Freiheit von der Eifersucht« eine etwas andere Art des Umgangs mit dem Seitensprung an. Meist bezögen sich die diesbezüglichen Ratschläge darauf, die (angeschlagene) Beziehung der Partner zu verbessern und nach und nach das verloren gegangene Vertrauen wiederaufzubauen. Und hier gebe es meist eine unbedingte Voraussetzung: Die Affäre wird vom Seitenspringer schleunigst beendet und er verspricht, dass »so etwas« nie wieder vorkomme. Natürlich seien alle Ratschläge in diese Richtung für manche Menschen praktikabel, meint Deutschbein. Es geht aber auch anders, etwa, wenn man das traditionelle Beziehungsmodell, das auf Treue basiert, ein wenig modifiziert. Zum Wohle der Partner, wohlgemerkt. Denn manch einer kann einfach nicht guten Gewissens beschwören, nie wieder einen anderen Menschen leidenschaftlich zu begehren. Derartiges Vermeidungsverhalten sei häufig der Angst geschuldet, mit der Situation nicht umgehen zu können. Und genau hieran sollten Paare, die mit Fremdgehen konfrontiert werden, »arbeiten«: Besser, so Deutschbein, sei es sich der Angst zu stellen und in die angstauslösende Situation hineinzugehen. Was für Ihre Reaktion bedeutet: Nehmen Sie Ihrem Partner nicht Versprechen ab, die er vielleicht nicht halten kann, verdrängen Sie nicht stur, was passiert ist. Setzen Sie sich mit Ihren Ängsten auseinander, machen Sie sich klar, was der Seitensprung für Ihre Beziehung bedeutet. Deutschbeins Rat lautet: versuchen Sie als in diesem Betrugsszenario eifersüchtiger Partner, sich nach und nach an den Gedanken zu gewöhnen, dass bestimmte Dinge doch stattfinden. Eine derartige Konfronation kann zu einer emotionalen Desensibilisierung führen – der Seitensprung als solcher verliert dann für Sie unter Umständen seinen Schrecken und wird nicht mehr zu einer beziehungsbedrohenden Dauergefahr.
DAS SAGT DIE STATISTIK
Für viele ist es, als würde eine Welt zusammenbrechen. Und entsprechend heftig fallen dann natürlich die Reaktionen auf einen Seitensprung aus. Die meisten Betrogenen leiden tatsächlich unter ähnlichen Symptomen wie bei einer posttraumatischen Belastungsstörung, das fand etwa die Göttinger Theratalk-Studie heraus. Der seelische Schmerz ist immens, ebenso die Folgen: Bei vielen setzt sich das Geschehen im Kopf fest, wieder und wieder werden quälende Einzelheiten des Betrugs vors innere Auge gezerrt. Und das Vertrauen ist erstmal futsch, was zur Folge hat, dass viele Menschen nach einem Seitensprung zu Kontrollmaßnahmen greifen: 54 Prozent der Männer und sogar 58 Prozent der Frauen, so die Göttinger Studie, durchwühlen Handtasche oder Sakkotaschen, lesen heimlich E-Mails und SMS und überprüfen die Anruflisten auf dem Handy des Partners. Einer GEWIS-Umfrage zufolge explodieren 18 Prozent der Männer nach Bekanntwerden eines Seitensprungs - allerdings ohne sich dann zu trennen. 69 Prozent setzen auf eine Aussprache. Frauen sind geduldiger: Nur acht Prozent machen nach einem Seitensprung eine Szene, 76 Prozent wollen die Beziehung kitten, und nur vier Prozent schwören Rache, während sieben Prozent der Männer zu einem Gegen-Seitensprung ansetzen. Aus diesen statistischen Werten lassen sich selbstverständlich keine Ratschläge für Ihre Reaktion ableiten. Nur soviel: Es gibt kein Standardverhalten nach einem Seitensprung, es hängt von Ihnen, Ihrem Partner und auch Ihrer Beziehung ab, wie Sie damit umgehen.
Wie baue ich nach einem Seitensprung wieder Vertrauen auf?
Wenn Sie nicht an Trennung denken, sondern Ihrer Beziehung noch eine Chance geben wollen, dann stehen Sie vor vielen großen Herausforderungen. Die eine besteht sicherlich darin, das Vertrauen zu Ihrem Partner wiederzugewinnen.
Expertenantworten: 6 | Thema: Ich wurde betrogen
Wie sollte ich nach einem Seitensprung meines Partners reagieren?
Sollten Sie nach dem Seitensprung Ihrer Wut und Ihrer Verletztheit lautstark Ausdruck verleihen oder es eher angebracht ist, im Stillen zu leiden?
Expertenantworten: 8 | Thema: Ich wurde betrogen
Wie viel Freiheit braucht die Liebe?
Muss man mit dem Partner eine unverbrüchliche Einheit bilden, alles mit ihm teilen und unternehmen?
Expertenantworten: 6 | Thema: Beziehungsglück