#1 ANTWORT
Nein, sagt Wolfgang Krüger mehr oder weniger deutlich in »Das Geheimnis der Treue«. Die erotische Liebe ist seiner Überzeugung nach immer nur mit einem Menschen möglich, den wir als den Mittelpunkt unseres Lebens ansehen. Wobei wir, folgt man Wolfgang Krügers Vorüberlegungen, bei der wichtigen Frage wären, was Untreue eigentlich ist. Wer zur Untreue neigt, schreibt der Psychologe, definiere deren Grenzen recht großzügig. Ein sexuelles Abenteuer ist da für so manchen noch keine Untreue – schließlich bleibt Liebe ja aus dem Spiel. Auch andere Interpretationsspielräume werden toleriert: Schließlich werde argumentiert, so Krüger, dass man ja vieles, wie etwa die Oma, Tomatensoße und die eigene Ehefrau zugleich lieben könne. Krüger hält wenig von diesen Wort-Verwässerungen Denn dadurch würden die Grenzen verwischt. Und die seien zur Klarheit des Denkens notwenig.
#2 ANTWORT
Ja, sagt dagegen Oliver Schott in »Lob der offenen Beziehung«. Der Philosoph kritisiert die offensichtliche Übermacht des Monogamiegedankens in unserer Gesellschaft, die uns davon abhält, den eigenen Gefühlen wirklich nachzuspüren. Unsere Kultur, schreibt Schott, versorge uns mit einem sich angeblich von selbst verstehenden Beziehungsmodell und vielen Pseudoargumenten. Zum Beispiel dem, dass man nicht gleichzeitig mehrere Menschen lieben kann. Und das hänge eng mit unserer Auffassung von wahrer Liebe zusammen: Die muss einzigartig, nicht austauschbar, nicht ersetzbar oder teilbar sein. Aber wenn sie es doch ist? Wenn meine Partnerin andere lieben kann, ohne mich deshalb weniger zu lieben, was, fragt Schott, sollte wahre Liebe dann eigentlich dagegen haben? Die Behauptung, man könne nicht mehrere Menschen gleichzeitig lieben, sei ohnehin äußerst seltsam. Wenn man Eltern, Kinder und Freunde zeitgleich und doch verschieden lieben kann, wieso sollte dann romantische Liebe die absolute Ausnahme darstellen? Außerdem könne niemand von sich wirklich behaupten, es nicht zu können, bevor es ihm nicht wirklich passiert ist. Mal ganz abgesehen davon, dass bei Paaren immer zwei Menschen zusammen kommen, die zuvor schon geliebt haben. Die meisten von uns haben im Laufe ihres Lebens einige Beziehungen – meistens aber eben hintereinander. Warum halten wir es dann für so ausgeschlossen, dass so etwas auch parallel geht? Klar, können Sie zwei Menschen lieben, das merken Sie doch, würde Schott Ihnen vermutlich antworten.
#3 ANTWORT
Wenn es geht, dann geht es, meint Ulrich Clement. Wir dürfen uns nicht blind irgendwelchen Gefühlsdogmen unterwerfen. Sondern müssen unseren eigenen Liebesweg finden. Und der kann auch darin bestehen, dass wir mehrere Menschen gleichzeitig lieben. Das ist alles auch eine Frage des Umganges mit der Affäre und mit der Kernbeziehung, schreibt er in »Wenn Liebe fremdgeht«. Wenn Sie es emotional gedeichselt kriegen, Ehefrau und Geliebte mit Respekt und Würde zugleich zu lieben und dabei vielleicht auch noch mit Geständnissen und Beichten ebenso sorgsam umgehen wie mit haltlosen Versprechen, dann können Sie sehr wohl nicht nur theoretisch zwei Menschen lieben, sondern auch ganz praktisch. Etwa, wenn Sie eine Lösung für die aktive Ausübung der Doppelliebe finden, die den Bedürfnissen der Partner entspricht. Dann ist es nach Meinung von Ulrich Clement durchaus möglich, dass Ihre Loyalität zu Ihrem Kernpartner stabil bleibt und der Geliebte solche Plätze besetzt, die der Primärpartner nicht (ausschließlich) beansprucht.
#4 ANTWORT
Wer glaubt, es sei eine große Leistung, mehr als einen zu lieben, der irrt. Meinen Holger Lendt und Lisa Fischbach. Wer Vater und Mutter, seine Kinder, den Hund und die Freundin liebt, beweist, dass er dazu prinzipiell in der Lage ist. Die Liebe, schreiben die Autoren in »Treue ist auch keine Lösung«, lasse sich nicht wie eine Torte in verschieden große Stücke schneiden. Sie vermehre sich eher, je mehr man davon verschwendet. Die quantitative Liebesfähigkeit ist also nahezu unerschöpflich. Limitiert dagegen seien eindeutig Zeit und materielle Ressourcen. Mit einem einzigen Menschen alles teilen und diese Beziehung dann ewig auf diesem Niveau zu führen, das schwebt uns vor. Ist aber in real existierenden Beziehungen nahezu unmöglich. Und ja, es ist möglich, dass Sie zwei (oder drei oder vier...) Menschen zugleich lieben. Etwa, wenn Sie für sich eine abgewandelte Form der Partnerschaft wählen – und das am besten in Absprache mit Ihrem Partner. Dann können Sie auch ein Modell praktizieren, das sozusagen direkt nebem dem Fremdgehen liegt: Wie in der Natur können Sie die exklusive soziale Partnerschaft mit Ihrer Ehefrau durch heimliche sexuelle Kontakte ergänzen.
#5 ANTWORT
Wir Menschen scheinen offenbar nicht dazu bestimmt zu sein, nur einem zu gehören, sagt Franz-Josef Wetz. In jedem Fall sprechen fast alle biologischen Erkenntnisse gegen das lebenslang monogame Fortpflanzungssystem, auch wenn die Einehe die verbindliche Lebensform unserer Kultur geworden ist. In »Lob der Untreue« führt der Philosoph das etwas weiter aus. Für Ihre Frage relevant ist vor allem die Kernaussage, dass wir Menschen von unserer genetischen Ausstattung her sehr wohl in der Lage sind, mehrere Personen zeitgleich zu lieben. Was die Sache verkompliziert, ist unsere romantische Weichspülung des Begriffes Liebe, den wir mit unseren vermeintlich hehren Monogamieprinzipien überfrachten.
#6 ANTWORT
Bei Hans Jellouschek dagegen trifft man auf eine etwas andere Lesart. Der Paartherapeut meint, der Traum von einer offen gelebten Dreiecksbeziehung scheint ihm nur unter großen Entbehrungen und nur vorübergehend realisierbar zu sein. Mehr oder weniger meint er damit die gleichzeitige Liebe etwa zu einer Partnerin und einer Geliebten. In »Warum hast du mir das angetan?« schreibt er, eine Dreieckskonstellation sei immer eine instabile Angelegenheit, die den fortdauernden Verzicht darauf, jemanden für sich alleine zu haben, bedeute. Und das birge nun mal jede Menge Probleme. Möglich ist es also laut Jelloschek schon, dass Sie Ihren Partner und die Affäre lieben. Schwierig ist es aber in jedem Fall.
#7 ANTWORT
Was spricht eigentlich gegen eine Mehrfachliebe? Heutzutage doch realitv wenig, mutmaßen Karin Müller und Henri Guttmannin »Hallo, ich liebe Ihren Mann«. Warum also nicht offen dazu stehen, den Partner einweihen und bekennen: Wir führen eine Ménage-à –trois. Wir seien durchaus im Stande, eine stabile Beziehung und eine aufregende Affäre zugleich zu unterhalten. Es kommt eben nur darauf an, wie wir das machen. Für die bestehende Beziehung wird es erst dann brenzlig, wenn respektlose Handlungen und Achtlosigkeit sich einschleichen.
DAS SAGT DIE STATISTIK
Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst – das sind dann ja schon mal zwei. Dieser ulkige Beitrag in einem Blog bringt es mit einem Augenzwinkern auf den Punkt: Wir müssen mehr als einen Menschen lieben können. Aber auch wenn Umfragen zufolge die meisten Deutschen dem zustimmen würden, hört bei der erotischen oder sexuellen Liebe der Spaß auf. Denn schon kommt ein qualitatives Geschmäkle dazu und das mundet kaum einem. Wir wünschen uns nämlich Treue und die beinhaltet Exklusivität und die kann man nun mal nicht mit anderen teilen. Sie fragen sich, ob Sie mehrere Menschen zugleich lieben können? Probieren Sie es aus – eine bessere Antwort darauf gibt es wohl kaum.
Sind Affären ein Symptom für eine schlechte Ehe?
Sind nur unglückliche Beziehung von Affären betroffen? Gibt es überhaupt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen ehelicher Unzufriedenheit und Untreue?
Expertenantworten: 7 | Thema: Ich habe eine Affäre
Ich liebe einen vergebenen Mann – meint er es ernst mit mir oder bin ich nur ein Abenteuer
Ist Ihre Beziehung zu ihm wahre Liebe oder nur ein leidenschaftliches Strohfeuer?
Expertenantworten: 5 | Thema: Ich bin Geliebte
Wann sollte man eine Affäre beenden?
Wie lange sollte man die Unverbindlichkeit aufrechterhalten und über welche Zeit hinweg lässt sich ein Doppelleben mit dem Affärenpartner gefahrlos führen?
Expertenantworten: 4 | Thema: Ich habe eine Affäre