#1 ANTWORT
Verallgemeinerungen verbieten sich hier sicherlich, wirft man aber einen Blick in Heinz-Peter Röhrs Buch Narzissmus – Das innere Gefängnis, kann man folgenden Schluss ziehen: Menschen mit einer narzisstischen Tendenz sind eher anfällig für Untreue. Unter Narzissmus versteht man übersteigerte Selbstliebe. Es gibt gesunden Narzissmus, also ein ausgewogenes Bedürfnis nach Anerkennung und Liebe, aber auch die ungesunde Form, nämlich das ausufernde Bedürfnis nach Liebe und Bewunderung. Diese Menschen, so der Psychotherapeut, leiden unter einem labilen Selbstwertgefühl, dass sie hinter übergroßem Aktionismus, der oftmals von Erfolg gekrönt ist, verstecken. Oft sind diese Menschen sehr aufgeschlossen, beruflich erfolgreich und beliebt bei ihren Mitmenschen. Innerlich allerdings fühlen sie sich ungeliebt und unglücklich. Sie haben, schreibt Röhr, eine Neigung zur sofortigen Bedürfnisbefriedigung und ertragen Spannungen nur sehr schlecht. Innere Leere und Langeweile empfinden sie als quälende Zustände. Übertragen auf unsere Frage könnte das bedeuten, Menschen mit einer narzisstischen Tendenz können erotischen Versuchungen vielleicht weniger gut widerstehen als Menschen, die ein gesundes Selbstwertgefühl haben.
#2 ANTWORT
Auch Wolfgang Krüger hält Narzissmus für einen Faktor, der Untreue begünstigen kann. In seinem Buch Das Geheimnis der Treue nennt er den Drang nach Eroberung, um das brüchige Selbstwertgefühl zu stabilisieren als einen der Gründe für Seitensprünge. Insgesamt hänge die Untreue aber mit unserer Einstellung zusammen und es lägen eigentlich immer dramatische innere Konflikte oder Spannungen innerhalb der Partnerschaft vor. Krüger schreibt, die Fähigkeit zur wirklichen Treue sei der Kernpunkt. Und die beruhe auf Stärke, denn es erfordere viel Kraft, um dauerhaft treu zu bleiben. Seiner Praxiserfahrung nach sind Menschen, die gute Freundschaften haben, beziehungsfähiger als Einzelgänger und damit auch treuefähiger. Wer stabile Bindungen zu verschiedenen Menschen herstellen und aufrechterhalten kann, wird auch in der Beziehung unter Umständen Versuchungen widerstehen können. Denn die ereilen uns alle irgendwann einmal, wir müssen uns laut Krüger alle bisweilen fragen, ob unser Partner eigentlich der Richtige für uns ist. Je gefestigter wir in uns selbst sind, umso ehrlicher können wir uns diese Frage wohl beantworten.
#3 ANTWORT
Womöglich sind Männer, die zur Untreue neigen, noch nicht erwachsen. Das könnte man jedenfalls folgern, wenn man Roland Kopp-Wichmanns Buch Frauen wollen erwachsene Männer zu Rate zieht. Der Diplompsychologe erklärt darin, warum bei Männern eine mangelnde Ablösung von den Eltern weitreichende Folgen für ihr weiteres Beziehungsleben haben kann – und also auch Auswirkungen auf die Treue. Der Mann etwa, der sich als Casanova gebiert: Er gewinnt Frauenherzen im Nu, überwältigt mit Charme und Schönheit, denn er ist der Mann, der weiß, was Frauen wollen. Leider weiß er aber nicht so recht, was er selbst will. Denn die so beharrlich eroberte Frau wird schnell reizlos, wenn sich die erste Begeisterung gelegt hat. Dann wird der Casanova bisweilen untreu und läuft zur nächsten Pseudotraumfrau über. Psychoanalytisch betrachtet, so Roland Kopp-Wichmann, sei das ein Resultat mangelnder Ablösung von der Mutter beziehungsweise ein verkappter Ödipus-Komplex: Die begehrte Frau verliert so schnell an Reiz, weil der Casanova unbewusst in ihr die verbotene Mutter wahrnimmt, die er ja eigentlich gar nicht begehren darf.
#4 ANTWORT
Ob jemand fremdgeht oder nicht, hängt in erster Linie von der Einstellung des Einzelnen ab, sagt Andrea Bräu. Weder ist die These haltbar, Männer seien aufgrund ihrer hormonellen Beschaffenheit auf Untreue gepolt, noch ist jede Frau mit geringem Selbstwertgefühl empfänglicher für die Avancen anderer Männer. Pauschalurteile, schreibt Bräu in Es war doch nur Sex verbieten sich von selbst. Persönlichkeitsmerkmale seien ebenso wenig Untreueindikatoren wie Berufe, Aussehen oder Geschlecht. Allerdings ist manches wohl so etwas wie das Zünglein an der Waage: Wenn jemand etwa sehr früh geheiratet und das Gefühl hat, liebestechnisch etwas versäumt zu haben, wenn bei den Partnern die Libido verschieden stark ausgeprägt ist oder durch die Familiengründung die Paarbeziehung völlig in den Hintergrund getreten ist, dann kann Untreue durchaus möglicher werden. Muss aber nicht.
#5 ANTWORT
Eigentlich liege Untreue in unserer Natur, meint der Philosoph Franz-Josef Wetz. Es gebe in uns Menschen eine verstörende Lust an Grenzüberschreitungen, ein Verlangen nach Ekstase. Und wir hätten eine quasi angeborene Neigung, Fehltritte zu begehen – auch in Beziehungen. Und lässt der Zauber der Verliebtheit irgendwann nach, dann führen Selbstverständlichkeit, Stabilität und Sicherheit, die wir ja von Beziehungen irgendwie erwarten, schneller zu einem lauen Behagen, als zu leidenschaftlicher Erregung. Dann muss ja eigentlich nur das eine zum anderen kommen – und schon wird einer untreu. Oft ermöglichten, schreibt Wetz in Lob der Untreue, Seitensprünge und Affären ein hemmungsloses Ausleben spezieller sexueller Fantasien oder die Abfuhr angehäufter Energien, die in der Beziehung nicht mehr abgelassen werden können. Wer in seiner Kernpartnerschaft nur einen Bruchteil seiner Bedürfnisse befriedigen kann, sucht vielleicht Fluchtmöglichkeiten – und ist ergo anfälliger für Untreue.
#6 ANTWORT
Die Gründe fürs Fremdgehen sind sehr komplex, meint Robert Betz. Schnell wären wir beim Liebesbetrug mit pauschalen Urteilen dabei, wie etwa, dass es sich um unreifes und unbewusstes Verhalten handle, schreibt Betz in Wahre Liebe lässt frei. Was man befürchte, ziehe man selbst an, behauptet der Motivationscoach. Wer also Untreue befürchte, handelt sie sich unter Umständen selbst ein. Ganz so einfach ist es dann aber doch nicht, um noch mal auf die Komplexität zurückzukommen. Ob jemand untreu werde oder nicht, hänge maßgeblich von der Qualität der Beziehung ab, weniger von bestimmten Charaktereigenschaften. Je enger zwei Menschen aneinander kleben, umso starrer wird ihre Beziehung, um so eher geht einem von beiden die Luft aus und der Untreue sind Tür und Tor geöffnet. Auch wenn die sexuelle Beziehung zunehmend unbefriedigender wird, wird die Vorstellung, mit einem Dritten ins Bett zu gehen, verständlicherweise reizvoller. Was aber nicht zwangsläufig heißt, dass Menschen, die schönen Sex miteinander haben, niemals untreu werden können.
DAS SAGT DIE STATISTIK
Wer wenig Selbstbewusstsein hat, eher Einzelgänger ist, viel Bestätigung von anderen einfordert, sehr risikobereit, aber nicht wirklich bindungsfähig ist und viel Sex braucht, der ist unter Umständen anfälliger fürs Fremdgehen – diesen Schluss kann man anhand der Aussagen unserer Autoren ziehen. Das wird auch durch diverse Studien und Umfragen gestützt. Vor allem sexuelle Untreue, das belegen Untersuchungen, stellt oft den Versuch unsicherer Männer dar, eine mangelnde innere Stabilität auszugleichen. Von bestimmten Charaktereigenschaften lässt sich nicht zwangsläufig auf das Untreueverhalten schließen, manche Wesenszüge scheinen jedoch tatsächlich anfälliger für Seitensprünge zu machen, wie etwa ein sehr selbstbezogener Charakter. Auch Erziehung und Vererbung könnten eine Rolle spielen. Für unsere Urahnen war Treue biologisch eher unvorteilhaft, denn es galt, so viele Nachkommen wie möglich zu zeugen, Untreue könnte tatsächlich auch genetisch bedingt sein. So fanden zum Beispiel britische Forscher heraus, dass bei untreuen Frauen auch 55 Prozent der Zwillingsschwestern untreu waren. Allerdings räumen die Forscher ein, dass auch soziale Faktoren Einfluss haben. Wer zum Beispiel in der Kindheit erlebte, dass die Eltern fremdgingen, wird später Untreue womöglich als Verhaltensskript in seinem Beziehungsrepertoire haben. Kurios ist das Ergebnis einer britischen Studie, derzufolge ein hoher IQ vor Untreue schützen könnte: Untersuchungen ergaben, dass Fremdgeher, offenbar mit einem niedrigeren IQ eher zur Untreue neigen, als treue Männer. Schlauheit taugt also als Untreue-Indikator? Das kann schon sein, bedenkt man, dass sogar Gesichtszüge Hinweise liefern könnten, wie britische Wissenschaftler herausfanden, die anhand von Fotos den Untreue-Hang beurteilen ließen. Männer stuften dabei vor allem Frauen als untreu ein, die sie besonders attraktiv und weiblich fanden. Frauen dagegen interessierte die subjektive Attraktivität weniger, sie hielten die Männer häufiger für untreu, die besonders maskulin auf sie wirkten. Und wenn wir schon bei Äußerlichkeiten sind: Eine Fremdgeh-Studie ermittelte, dass untreue Männer bestimmte Automarken bevorzugen, die meisten Seitenspringer steuern einen BMW, gefolgt von Audi-Fahrern und Mercedes-Fans.
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