Lesen Sie hier, warum wir oft an unseren Ex-Partnerschaften hängen und was wir aus gescheiterten Beziehungen lernen können

Mann radiert ein Herz auf der Hand weg

Der Fluch der gescheiterten Beziehung: warum Ex-Partnerschaften wichtiger sind, als uns lieb ist, und wie wir daraus einen Segen machen können

Jede gescheiterte Beziehung ist eine Niederlage. Aber sie kann auch ein Schritt auf dem Weg zu Liebesglück sein. Das hängt davon ab, wie wir die zerbrochene Partnerschaft verarbeiten – oder vielmehr: ob wir es überhaupt tun. Wer ein Liebesaus richtig verdaut, kann daran wachsen und in der nächsten Partnerschaft zufriedener werden.

Meine Ex, mein vorheriger Mann, meine Jugendliebe – nahezu jeder hat die ein oder andere zerbrochene Liebe auf dem Kerbholz. Zieht man One-Night-Stands und belanglose Liebeleien ab, kommt man locker auf eine Handvoll längerer Partnerschaften. Und die zerbrechen selten still und heimlich. Meist geht der Trennung ein zähes Ringen voraus – wenn alles nichts bringt, steht man vor den Scherben der Liebe. Potrait von Dr. Wolfgang Krüger Paartherapeut Wolfgang Krüger meint, eine Trennung sei immer ein Drama. Oft sei sie Resultat eines langen, schleichenden Prozesses, schreibt er in Freiraum für die Liebe. Und an dessen Ende wird das Auseinandergehen nicht selten wie eine Erlösung empfunden: Endlich sind die schmerzhaften Grabenkämpfe Geschichte, endlich hat die Verzweiflung ein Ende, endlich ist es vorbei. Ist es das wirklich?

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Info kompakt

    Psychologen der Universität Bonn fanden heraus, dass die Wunden von Trennungen erst durch eine neue Partnerschaft verheilen

  • Ziemlich wahrscheinlich: Rein rechnerisch werden etwa 36 Prozent aller in einem Jahr geschlossenen Ehen im Laufe der nächsten 25 Jahre laut Statistischem Bundesamt geschieden.
  • Scheiden tut weh... Traurigkeit, Existenzängste, Wut – wer sich nach einer längeren Beziehung trennt, leidet vor allem im ersten Jahr unter vielen heftigen Gefühlen.
  • ...und verkürzt das Leben: Wissenschaftlerinnen vom Rostocker Zentrum zur Erforschung des Demografischen Wandels berechneten, dass eine Scheidung das Leben eines deutschen Mannes um 9,3 Jahre, das einer Frau um 9,8 Jahre verkürzt.
  • Hoher Preis: Die Beziehungen zu etwa acht Freunden gehen bei einer Trennung kaputt, das erbrachte eine britische Meinungsumfrage.
  • Kurios: Eine englische Studie über das Verhalten von Facebook-Nutzern nach Trennungen zeigte, dass das soziale Netzwerk den Heilungsprozess behindern kann und das Weitermachen ohne den Partner erschwert.

Trauer, Enttäuschung, Wut: Jede Liebe hinterlässt Spuren

Die Hoffnung stirbt zuletzt – aber manch eine Liebe verendet viel früher. Trotzdem kann eine gescheiterte Beziehung uns lange nicht loslassen, manch einen Menschen verfolgt sie noch Jahre nach einer Trennung. Sie haben sicher viele Gefühle, Zeit und Geld in eine Partnerschaft investiert, es ist eine immense Enttäuschung, wenn all diese Einsätze umsonst gewesen sein sollen. Dazu kommen die Erwartungen, die Sie an die Beziehung gestellt haben – womöglich viel zu hoch gesteckte, wie es bei vielen heutzutage der Fall ist. So leicht können Sie sich davon nicht lösen.

Wenn Sie verlassen wurden, kommt hinzu, dass Sie die größte mögliche Kränkung erfahren haben: Ihre Liebe wurde zurückgewiesen, diese Verletzung kann elementar sein. Sie geht an die Substanz und ans Selbstwertgefühl – das kann Sie wie Klebstoff an der alten Liebe festhalten. Ähnlich verhält es sich mit Wut und Hass: Sind Sie im Unguten auseinandergegangen, dann hat sich vieles angestaut – Wut ist da nur eines der Päckchen, die Sie danach zu tragen haben. Das ist aber nicht nur schwer, sondern auch sehr haltbar. Hass etwa schweißt Ex-Paare manchmal fester aneinander, als Liebe es tun kann.

Ebenso wie unsere Fantasie: Eine gescheiterte Beziehung kann ideale Projektionsfläche für unsere Illusionen sein. Wenn dieses oder jenes nicht gewesen wäre, wenn das geschehen wäre, dann hätte es gut gehen können – keiner kann Ihnen diese Hirngespinste nehmen. Nicht selten müssen vergangene Partnerschaften herhalten für unsere unerfüllbaren Wünsche.

3 Gründe, warum wir uns gleich in die nächste Beziehung stürzen

Die meisten Menschen halten eine gewisse Solophase zwischen zwei Beziehungen für angebracht. Aber in der Realität packen viele die erstbeste Gelegenheit für neue Liebe beim Schopfe. So stürzen sich etwa Männer nach einer Trennung gern schnell in etwas Neues, das ergab der ElitePartner-Trendmonitor. Warum eigentlich?

Schmerz, lass nach! Wer sich trennt, leidet. Immerhin zieht die Trennung eine Reihe unangenehmer bis grauenhafter Konsequenzen nach sich: Vorhandene Kinder müssen ebenso wie angehäuftes Hab, Gut und der Freundeskreis aufgeteilt werden, man lebt plötzlich wieder allein. Schön ist da, wenn schon der nächste Partner zur Seite steht. Nichts tröstet doch mehr als jemand, der kompensiert, was man soeben verloren hat und so den Gefühlsschmerz lindert. Beziehungsweise übertüncht – wegmachen lässt sich der Kummer nicht so leicht.

Bloß nicht nachdenken! Ablenkung ist alles, nach der Trennung setzen viele alles daran, das Gedankenkarussel anzuhalten, sie schalten auf Durchzug oder gehen auf Beutezug – etwa, um neue Bekanntschaften zu machen. Das sind gute Ablenkungsmanöver, denn sie geben uns ein Stückchen vom verlorenen Selbstwertgefühl zurück, können uns zerstreuen und sind da, wenn wir nicht alleine sein wollen. Und sie hindern uns daran, ständig Trübsal zu blasen und uns womöglich mit der eigenen Rolle bei unserer gescheiterten Beziehung auseinanderzusetzen.

Keine Lust auf Alleinsein! Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben – in jedem Fall sorgt sie dafür, dass Sie erstmal nicht alleine sind. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, wenn Sie über Jahre hinweg im Zweierpack durchs Leben marschiert sind, werden Sie nach einer Trennung vielleicht Ersatz suchen. Wer aus einer Langzeitpartnerschaft in die Freiheit entlassen wird, hadert oft mit seinem Status als Alleinstehender und versucht diesen wieder auf »liiert« umzuswitchen.

3 Gründe, warum wir die alte Liebe richtig verdauen sollten

Alles ganz schön berechtigt, schließlich liegt es in der Natur des Menschen, dass er Schmerz von sich abzuwenden versucht. Aber Sie sollten eine gescheiterte Beziehung nicht einfach so abhaken, sondern sich damit auseinandersetzen. Das Ende einer Liebe sollte unbedingt aufgearbeitet werden, sonst lässt es Sie womöglich niemals los.

Weil wir den Partner los sind – aber uns selbst immer mitnehmen: »Mit dem hat's nicht geklappt, ich such mir jetzt einen, der besser zu mir passt« – sind Sie Anhänger der Töpfchen-und-Deckelchen-Theorie? Dann sind Sie auf dem falschen Dampfer! Potrait von Dr. Ulrich Clement Es gibt nicht den perfekten Partner, das ist immer eine Sache von zwei Menschen. Und einer davon sind nunmal Sie. Den mutmaßlich unpassenden Partner können Sie in die Wüste schicken, mit sich selbst müssen Sie bis zum bitteren Ende klarkommen – und Sie sind Part of the Game! Keine schlechte Idee, das Beziehungsaus zum Anlass zu nehmen, mit sich selbst wenn schon nicht ins Gericht, so doch zumindest in Klausur zu gehen. Denn der nächste Partner mag ja anders sein. Aber Sie bleiben, wie Sie sind, und damit unter Umständen eine Sollbruchstelle. Außerdem, schreibt Ulrich Clement in Wenn Liebe fremdgeht, der Wechsel des Partners bedeute oft nicht den Wechsel vom Problem zur Lösung, sondern von Problem A zu Problem B.

Weil Liebeswunden heilen müssen: Der eine kommt schneller, der andere nie über das Liebesende hinweg. Tatsache ist: An einer gescheiterten Beziehung muss normalerweise niemand sterben. Aber Trauern gehört leider dazu – denn Sie müssen die alte Partnerschaft wirklich überwinden, um für eine neue bereit zu sein.Potrait von Dr. Wolfgang Krüger Laut Wolfgang Krüger kommen wir dabei um Trauerarbeit nicht herum, und diese besteht ihmzufolge daraus, dass wir uns schrittweise lösen: Nach dem Schock müssen wir wieder zu uns selbst finden, Abstand nehmen, aber dann auch den schmerzhaften Prozess der Innenschau angehen. In Freiraum für die Liebe schreibt Krüger, in den ersten Phasen nach dem Aus versuchen wir, den Ex-Partner schlecht zu machen und zu vergessen, lenken uns ab. Dann müssten wir aber innerlich Abschied nehmen – und uns dabei den seelischen Verletzungen stellen. Erst dann können die Liebeswunden wirklich heilen und werden nicht chronisch. Sonst laufen wir Gefahr, wenn überhaupt nur noch oberflächliche Partnerschaften aus Selbstschutz einzugehen.

Weil die gescheiterte Beziehung das Beste ist, was der Folgepartnerschaft passieren kann: Beziehungen scheitern oft daran, dass es nicht so läuft, wie wir uns das wünschen. Leider können wir Lieben schlecht wirklich lernen, es bleibt ein Versuch-und-Irrtum-Spiel, bei dem wir aber eine Chance haben: Die Enttäuschungen der gescheiterten Beziehung können Ausgangspunkt für die nächste gelungene sein. Glauben Sie nicht? Ist aber so: Studien etwa zeigen, dass Zweitehen stabiler und glücklicher sind als ihre Vorgänger. Wer bereits die Erfahrung gemacht hat, dass nicht alles in der Liebe immer nach Gusto läuft, kann für sich selbst definieren, was er oder sie sich tatsächlich von einer Beziehung erhofft. Bisweilen ist es schwer, so etwas in einer bereits vertrackten Partnerschaft zu realisieren. Potrait von Andrew G. MarshallMit einem neuen Partner sieht das schon anders aus: Die Fehler, die man in der vorherigen Beziehung gemacht hat, können einem Lehre sein für die Zukunft. Um es mit Andrew G. Marshall zu sagen: Die größten Lektionen warten oft in den dunkelsten Stunden auf uns. Der britische Paartherapeut schreibt außerdem in Kann ich dir jemals wieder vertrauen?, Getrennten fiele es im Allgemeinen leichter, Liebe zu finden, als jemandem, der noch nie eine Beziehung hatte. Denn immerhin haben Sie eine Menge wichtiger Beziehungsfertigkeiten gelernt – das kann die allerbeste Voraussetzung für die nächste feste Partnerschaft sein.

Eine Erfahrung fürs Liebesleben – was wir aus gescheiterten Beziehungen lernen können

So schmerzhaft die Erfahrung einer Trennung auch ist, sie kann uns langfristig fitter für die Partnerschaftsliebe machen. Denn wer erlebt hat, wie mies es sich anfühlt, wenn eine Beziehung an enttäuschten Erwartungen oder unerfüllten Sehnsüchten zerbricht, sieht das Ganze realistischer und kann entsprechend gelassener an die nächste Partnerschaft herangehen.

Die Erkenntnis, dass Beziehungen scheitern können und man das überlebt, kann dazu führen, dass man dem nächsten Partner toleranter begegnet: Nach einem Beziehungsflopp gelingt es vielen Menschen, die Macken des anderen und die damit einhergehenden Beziehungsschwierigkeiten leichter zu akzeptieren. Aus Schaden wird man manchmal wirklich klug: Was in der Vorgängerbeziehung nicht funktioniert hat, kann in der nächsten durchaus gut gehen – wenn man erkannt hat, woran es haperte. Oft gehen Getrennte die nächste Parterschaft bewusster an – denn sie wissen nun viel konkreter, welche Art von Beziehung sie leben möchten und vor allem: leben können.

Diesen Erfahrungshorozont kann uns eigentlich nur eine gescheiterte Beziehung geben. Läuft alles gut, hinterfragen wir die Sache eher selten oder nur verhalten. Nur wer liebestechnisch auf die Nase gefallen ist, kann das nächste Mal üble Stolpersteine umgehen, vorausgesetzt, er hat diese als solche erkannt. Genau darum sollte man sich auch Zeit geben, die alte Beziehung zu verarbeiten.

Fazit: Jetzt ist's echt vorbei – wann Sie wissen, dass Sie Ihre »Alte« wirklich überwunden haben

Ein paar Wochen, ein Jahr, ein ganzes Leben – wann Sie Ihre Ex-Beziehung wirklich überwunden haben, lässt sich kaum verbindlich sagen. Es gibt aber Anzeichen dafür, dass die Sache tatsächlich ausgestanden ist, und Sie die gescheiterte Beziehung wirklich verdaut haben:

  • Sie hegen keinen Groll mehr gegen den Ex-Partner.
  • Erinnerungen an die gemeinsame Zeit tun nicht mehr weh.
  • Sie haben keine Rachegedanken mehr.
  • Zufällige oder notwenige Treffen mit dem Ex lassen Sie kalt.
  • Sie leben eine neue, glückliche Partnerschaft – das ist vielen Psychologen zufolge das eindeutigste Zeichen, dass Sie eine gescheiterte Beziehung überwunden haben.

So fanden Psychologen der Universität Bonn auch heraus, dass die Wunden von Trennungen erst durch eine neue Partnerschaft verheilen. Erst wenn Sie milde auf die Vergangenheit zurückblicken und die gescheiterte Beziehung als Teil Ihres Liebeslebens betrachten können, ohne an die Decke oder dem Ex an die Gurgel zu gehen, dann sind Sie die Sache los. Bestes Indiz dafür ist, wenn Sie sich tatsächlich mit allem Drumherum auf eine neue Partnerschaft einlassen, die eben nicht dazu dient, erstmal Trost zu spenden und Ihr angeknackstes Ego aufzuhübschen.



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