Unserer Buchtipp des Autors Roland Kopp-Wichmann
Frauen wollen erwachsene Männer: Warum Männer sich ablösen müssen, um lieben zu können
Kurzbeschreibung
Die Mutter ist die erste Frau im Leben eines Mannes – gut, wenn sie nicht die wichtigste bleibt. Die mangelnde Ablösung des Sohnes von seiner Mutter oder auch seinem Vater ist eine Ursache für viele Beziehungsprobleme, schreibt Paartherapeut Roland Kopp-Wichmann. Hat ein Mann in frühen Jungenjahren zu sehr an der Mutter gehangen und schafft es nicht, sich später abzugrenzen, dann bleibt er innerlich ein großer Bub. Und so was mögen Frauen überhaupt nicht. Muss auch nicht sein, sagt Kopp-Wichmann. Auch im fortgeschrittenen Alter kann Mann noch erwachsen werden.
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An wen richtet sich die Buchempfehlung?
Das ist ein Männerbuch. Schließlich geht es ja um die fehlende Ablösung von Männern. Da aber das Männerthema oft ein Beziehungsproblem wird und dann natürlich auch Frauen betrifft, richtet sich dieser Ratgeber auch an Paare. Hilfreich ist er für Männer, die schlecht nein sagen können und ein konfliktbeladenes Verhältnis zu Vater oder Mutter haben. Für Frauen, deren Männer sich manchmal wie trotzige kleine Jungs aufführen. Und überhaupt für alle, in deren Beziehungskonflikten immer wieder Rollenmuster aus der Kindheit zum Vorschein kommen. Am besten sollten Paare sein Buch gemeinsam lesen, lautet die weise Empfehlung des Autors.
Erkenntnisse aus diesem Sachbuch
Softies, Karrierejunkies, Schürzenjäger – viele Männertypen verbindet unter Umständen eines: Sie sind nicht so richtig von zu Hause losgekommen. Nur wer sich wirklich von den Eltern abnabelt, sagt Roland Kopp-Wichmann, ist erwachsen und so auch echt beziehungsreif. Vielen Männern gelingt der Ablöseprozess nicht oder nur unzureichend. Kopp-Wichmann gibt sehr konstruktiv Einsicht in die Problematik und regt mit Verhaltensexperimenten, einem Test und dem Extrakapitel für Paare zu einer intensiven Selbstanalyse an.
Produktinformationen
- Titel: Frauen wollen erwachsene Männer: Warum Männer sich ablösen müssen, um lieben zu können
- Gebundene Ausgabe: 200 Seiten
- Verlag: Verlag Herder; Auflage: 3 (09. August 2011)
- ISBN-10: 3451063824
- ISBN-13: 978-3451063824
- Preis: EUR 8,99
Ausführliche Beschreibung
Stolperfalle Nabelschnur: Wenn Mann noch an der Mama hängt
Unser größter Lebenskonflikt ist die Gradwanderung zwischen Nähe und Distanz, so der Diplompsychologe. Besonders offensichtlich wird das bei der Geburt: Mit Durchtrennung der Nabelschnur werden wir erstmals autonom. Beziehungsweise gezwungenermaßen von der Mutter »losgemacht«.
Diese erste Nabelschnur ist schnell durchtrennt. Die zweite allerdings hält bisweilen ein Leben lang: Die Beziehung zur Mutter kann das gesamte (Liebes-)Leben eines Mannes überschatten. Schafft es der Sohn nicht, Distanz in diese Bindung zu bringen, dann verharrt er in der Position des ewigen Kindes. Er bleibt abhängig von der Gunst, den Vorstellungen und Meinungen der ersten Frau in seinem Leben – und ist nicht frei für eine reife Beziehung zu einem anderen Menschen.
Auch die Beziehung zum Vater ist prägend. Denn das Männerbild, das dieser seinem Sohn vermittelt, ist wegweisendes Vorbild für dessen männliches Rollenverständnis. Und diese Beziehung beeinflusst auch jene zur Mutter: Ist der Vater abwesend, emotional nicht verfügbar, kalt oder unbeteiligt, dann taugt er nicht als männliche Identifikationsfigur für den Sohn. Der sich dann zwangsläufig mehr an der Mutter orientieren muss. Fehlt der Vater ganz oder tyrannisiert er die Familie psychisch oder physisch, dann hat auch das massive Auswikungen. Der Sohn muss als Partnerersatz für die Mutter herhalten, wird unter Umständen zu ihrem Beschützer oder gar Verteidiger. Auf jeden Fall zu einer Übersohnfigur.
Das alles sei äußerst komplex, schreibt Kopp-Wichmann. Und beeinflusse nicht nur die spätere Partnerwahl des Mannes, sondern infiltriere auch das Beziehungsleben. Ein Mann, der sich nicht wirklich aus seiner Kindrolle befreien konnte, kann nicht erwachsen werden. In Bezug auf die Liebe heißt das: Er wird sich nicht eindeutig für eine Partnerin mit allen Konsequenzen entscheiden können.
Wann ist ein Mann ein erwachsener Mann?
Roland Kopp-Wichmanns Antwort lautet: Erwachsen ist ein Mann dann, wenn er eine intime gleichberechtigte Beziehung zu einem anderen über längere Zeit leben und genießen kann. Und einen angemessenen Kontakt zu seinen Eltern pflegt.
Ein Test kann Klarheit darüber verschaffen, wie erwachsenen ein Mann tatsächlich ist. Kopp-Wichmann hat 28 Fragen zusammengestellt, durch deren Beantwortung männliche Leser ein Gefühl für ihre Reife-Defizite bekommen – und Frauen die Problematik besser verstehen können.
Aber wo liegen nun die Probleme der Männer, die nicht erwachsen sind? Hier gibt es unzählige Varianten: Das Mamasöhnchen beispielsweise oder der Typ einsamer Cowboy. Auch der verhätschelte Prinz, der sich noch als Erwachsener von Mutti verwöhnen lässt, ist emotionsmäßig nicht flügge. Der notorische Verführer ist mitunter ebenfalls ziemlich unerwachsen, der durchaus beliebte Frauenversteher steht ihm da in nichts nach.
Dann ist da natürlich noch die Sorte Mann, die bei vielen Frauen zu Hause sitzt: Einer, der schlecht mit Konflikten umgehen kann und eher schlecht gelaunt kleinbeigibt, als sich mit allen Konsequenzen durchzusetzen. Wer niemals nein sagt oder selten gegen die Wünsche anderer handelt, umgeht Konflikte, löst sie aber nicht. Ein typisches Männerverhalten, konstatiert Kopp-Wichmann. Und möglicherweise Resultat eines unvollendeten Ablösungsprozesses.
Die Mutter aller Liebesprobleme?
Natürlich ist das alles nicht so einfach. Kopp-Wichmann betont, es gäbe kein Problem in Reinform, ebenso wenig wie allgemein gültige Erklärungen oder gar Lösungen. Außerdem gingen Paarprobleme immer von beiden Partnern aus, vieles sei der Kommunikation geschuldet – oder auf das Fehlen derselben zurückzuführen.
Aber eine konfliktbeladene oder gar nicht vorhandene Beziehung zu den Eltern kann das Beziehungsgeschehen gewaltig beeinträchtigen. Solange Man(n) noch Ungeklärtes aus dem Eltern-Kind-Verhältnis mit sich herumschleppt, ist er nicht frei für eine erwachsene Beziehung. Darum ermuntert Kopp-Wichmann auch zu einer intensiven Auseinandersetzung mit diesen Altlasten. Zunächst einmal erfordert das ein gerüttelt Maß an Einsicht.
Krise als Symptom: Erst wenn's schmerzt, kann es besser werden
Einsicht ist zwar der erste Schritt zur Besserung. Aber die beste Einsicht bringt wenig, wenn Sie keinen Plan haben, wie Sie Ihr Verhalten ändern können. Zunächst einmal, sagt Kopp-Wichmann, der als Coach außergewöhnliche Seminare zur Verhaltensänderung anbietet, müssen Sie einen gewissen Leidensdruck verspüren. Wenn Sie voll und ganz zufrieden mit sich und der Welt sind, werden Sie kaum etwas ändern wollen.
Man kann sich durchaus auch in Liebesleid wohnlich einrichten und sich mit semi-funktionalen Beziehungen zufriedengeben. Hier kommt die Krise ins Spiel: Jede Krise ist ein Hinweis darauf – sei es in der Partnerschaft, der Familie oder im Beruf –, dass etwas nicht stimmt und verbessert werden kann. Sie ist ein Zeichen dafür, dass etwas nach Wandel verlangt. Das sei immer positiv, schreibt Kopp-Wichmann. Denn eine Krise zeigt uns, was fehlt und gibt uns die Chance, innezuhalten, die Liebeslage zu überdenken und in eine neue Richtung zu blicken.
Dennoch sperren wir uns im Allgemeinen dagegen, Gewohnheiten, eingefleischte Verhaltensweisen oder auch einfach nur unsere Einstellung zu überdenken, geschweige denn zu ändern. Denn das kostet Zeit und Energie, der Ausgang ist zudem ungewiss. Nie weiß man ja, was am Ende dabei herauskommt.
Gerade hier schwächele das starke Geschlecht auch: Die meisten Männer seien erst dann bereit, etwas zu verändern, wenn es wirklich nötig ist. Sprich: Wenn die Beziehung kurz vorm Aus steht, die Frau fremdgegangen ist oder der Mann selbst auf amouröse Abwege gerät. Dabei kann ein Mann schon wesentlich früher beziehungstechnisch »nachreifen«. Indem er sich darüber bewusst wird, welchen Einfluss Vater und vor allem Mutter haben und familiäre Altlasten beseitigt.
Probieren geht über Studieren!
Das Schöne an Kopp-Wichmanns Ratgeber ist, dass er auf Tipps verzichtet. Davon halte er nicht viel, bekennt der Psychologe, der auf seinem Persönlichkeits-Blog spannendes Hintergrundwissen zur Persönlichkeitsentwicklung in allen Lebenslagen vermittelt. Denn ein Tipp suggeriere immer, es gebe eine korrekte Verhaltensweise. Also müsse es auch ein erwartbares Ergebnis geben, den richtigen Verhaltensoutput zum Tippinput sozusagen.
Da dem aber nicht so ist und es auch in Beziehungen keine übergeordnete »Wahrheit« gibt, will Kopp-Wichmann seine praktischen Empfehlungen als Experimente verstanden wissen: Versuchen Sie, seine Anregungen zur Veränderung umzusetzen und schauen Sie, was dabei herauskommt.
Vielleicht werden Sie nicht alles anwenden können oder wollen, aber sicherlich bewegen Sie damit etwas in Ihrem Leben – und werden aufmerksamer für Ihr Verhalten. Das ist nämlich Dreh- und Angelpunkt für alle Veränderung. Ihre Partnerin können Sie nicht ändern, es ist aussichtslos, einen anderen Menschen wirklich umzumodeln. Aber Sie können bei sich selbst beginnen.
Wenn Sie etwas anders machen, verändern sich die Anderen
Sie können sich beispielsweise – mit Unterstützung von Kopp-Wichmanns Sachbuch – kluge Fragen stellen, mit Achtsamkeitsübungen Ihre Sinne für Ihre Gefühle schärfen oder durch positiv formulierte Sätze, sogenannte Gedankensonden, Ihre innere Erlebenswelt ausloten. So lenken Sie Ihre Gedanken in andere Richtungen und finden vielleicht zum Kern des Problems.
Egal, welchen Weg Sie wählen – als Basis betrachtet Kopp-Wichmann die innere Achtsamkeit. Seien Sie dabei aber gnädig zu sich selbst, und setzen Sie sich nicht unter Druck. Fangen Sie lieber an, eigene Ausreden nicht mehr zu akzeptieren, suchen Sie nicht Gründe, die gegen Veränderung sprechen. Sondern finden Sie Wege, wie Sie eine Veränderung zum Positiven hin in Gang setzen können.