Dennoch schlummert in unserer DNS ein unerschütterlicher Trieb, der uns zur Arterhaltung ein bestimmtes Paarungsverhalten aufzwingt, dem wir uns nur schwer entziehen können. Auch wenn es uns immer noch nicht leicht fällt, das zu akzeptieren, aber: Untreue gehört zur Arterhaltung. Dies ist keine vage Vermutung, mit der Seitensprünge legitimiert und begründet werden sollen, sondern lässt sich objektiv belegen.
Krieg der Spermien
Dieser oskarverdächtige Titel bezeichnet das spektakuläre Ergebnis einer Forschungsreihe der Biologen Robin Baker und Mark Bellis. Sie fanden heraus, dass Männer zwei grundverschiedene Sorten Sperma produzieren: normales und sogenanntes »Killersperma«. Beide Sorten dienen dazu, eine reife Eizelle befruchten zu können. Doch während das normale Sperma ganz friedlich seinen Weg zum Ziel paddelt, verhält sich das Killersperma höchst aggressiv – und zwar gegenüber fremden Spermien! Auf seinem Weg zur Eizelle ortet es Fremdsperma und zershreddert es regelrecht mit einem eigens hierfür vorgesehenen Haken am Schwanzende.Und was hat das mit Untreue zu tun? Ganz einfach: Unsere DNS »rechnet« damit, fremdes Sperma bekämpfen und ausschalten zu müssen. Das heißt, die Möglichkeit, dass eine Frau zwei oder mehrere Sexualpartner gleichzeitig hat, ist keine neuzeitliche Bedürfniserfüllung, sondern bereits fest in unserem Erbgut verankert! Männer mussten sich schon immer etwas einfallen lassen, um den Wettlauf um die befruchtende Eizelle zu gewinnen und Konkurrenten ausschalten zu können. Nicht nur im täglichen Leben, sondern sogar in der Vagina einer Frau. Spannend, oder?
Hormone lassen Frauen verrückt spielen
Professor Manfred Hassebrauck analysiert in seinem Buch »Alles über die Liebe« unser nur scheinbar zivilisiertes Paarungsverhalten. Die Untreue bei Männern, um Gene zu streuen, ist nicht gerade eine brandneue Entdeckung. Doch warum gehen Frauen fremd? Wirklich nur, weil sie das große Gefühlskino vermissen? Oder um sexuelle Defizite auszugleichen? Falsch. Auch Frauen bergen die uralte, genetisch verankerte Fähigkeit zur Untreue in ihrem Wesen, und zwar um möglichst schöne, gesunde Kinder zu bekommen. Natürlich nicht bewusst. Hier führen allein Instinkt und Trieb die Regie.Hassebrauck nennt das den »genetischen Einkaufsbummel«, bei dem Frauen unabhängig von Status, Herkunft oder Intelligenzgrad des Mannes nach gutem biologischen Samenspender-Material suchen. Gleichzeitig wird die Basisbeziehung gepflegt und geschützt, um ein stabiles Familienumfeld für etwaigen Nachwuchs zu schaffen. Sind Samenspender und Partner identisch, braucht das Paar sich kaum Gedanken über weibliche Untreue zu machen. Doch handelt es sich beim Partner um einen eher defensiven, femininen Typ Mann, ist der weibliche Ausbruch schon fast vorprogrammiert. Nicht weil Verliebtheit und Schmetterlinge die Dame in fremde Schlafzimmer locken, sondern aus hormonellen Gründen.
Während der fruchtbaren Tage im Monatszyklus einer Frau, die ja nur wenige Stunden lang andauern, wird vermehrt das Lusthormon Östradiol ausgeschüttet. Es verwandelt, in genügend hoher Dosis, auch die sanfteste Frau vorübergehend in einen lüsternen Vamp, dessen Denken den ganzen Tag um Sex kreist (und nein, dieses Hormon gibts nicht als Pille zu kaufen:-)
Begegnet eine Frau während dieser »heißen« Stunden einem Mann, der in ihr urzeitlich vordefiniertes Beuteschema vom starken, dominanten Samenspender passt, kann es innerhalb kürzester Zeit zum One-Night-Stand kommen. Und weil die Natur scheinbar einen gewissen Sinn für Humor besitzt, gibt es bei Männern einen Botenstoff, welches sie mit schlafwandlerischer Sicherheit erkennen lassen, ob sich eine Frau gerade im Östradiol-Rausch befindet und sich daher als One-Night-Stand-Partnerin ideal eignet.
Die Psychologin Kristina M. Durante von der Universität Texas in Austin erforschte das Lusthormon und fand heraus: Es gibt Frauen, die von Natur aus mit einem hohen Östradiol-Pegel ausgestattet sind. Diese Frauen wirken grundsätzlich attraktiver und sind sexuell aktiver als ihre Geschlechtsgenossinnen mit geringeren Östradiol-Werten. Diese Erkenntnis wurde auch im Fachmagazin »Biology Letter« der Royal Society veröffentlicht und sorgte für entsprechenden Wirbel. Weil damit bewiesen wäre, dass sexuelle Aktivität keine freie Kopfentscheidung ist, sondern in direktem Zusammenhang zum genetisch festgelegten Östradiol-Spiegel steht.
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