Mal eben klammheimlich fremdgehen, unerkannt zum Quickie beim Oktoberfest an die Isar schleichen oder mit einer Kneipenbekanntschaft engumschlungen ins Taxi steigen geht nicht. Irgendwer fotografiert mit, und am nächsten Tag weiß es die ganze Republik. Pech für die Stars, Glück für die neugierige Öffentlichkeit. Was lässt sich über Promi-Affairen herrlich spekulieren und psychologisieren. Warum interessiert uns das eigentlich so?
Von Zeus bis Tiger Woods: Fremdgehen in Serie
Glaubt man der griechischen Mythologie, so war Göttervater Zeus ein lupenreiner Partylöwe, der an keiner schönen Göttin vorbeigehen konnte und ein ausschweifendes Sexleben pflegte. Man könnte ihn also als Urvater des Seitensprungs bezeichnen.Bei weniger göttlichen Prominenten der Neuzeit beschränkt sich Fremdgehen meist auf eine Hauptbeziehung, die mit einem Seitensprung »ergänzt« wird. Für Klatschreporter am spannendsten sind dabei zwei Phasen: einmal die erste, wenn noch alles unklar ist und z.B. der betrogene Partner zeitgleich mit der Öffentlichkeit aus der Presse von der heimlichen Liason erfährt. Außerdem die Übergangsphase, sofern aus dem Seitensprung eine richtige Affaire oder gar eine neue Beziehung wird und plötzlich nicht mehr die Liebe, sondern Schlammschlacht und Scheidungskrieg im Vordergrund stehen.
Beuteschema, Sextrieb und zwei Theorien
Populärstes deutsches Beispiel für Affairen, die regelmäßig in Beziehungen übergehen, ist wohl Tennislegende Boris Becker. Vor den Augen der Nation trat er den Beweis für die Theorie an, dass ein Mann seinem visuellen Beuteschema immer treu bleibt. Ob nun kleines Intermezzo à la Sabrina Setlur, versehentliche Familiengründung oder eine neue große Liebe, die optischen Ähnlichkeiten der Becker-Partnerinnen sind verblüffend. Was dabei auffällt: Der Urtyp, nämlich Ex-Frau Barbara, war die markanteste, eher herbe Variante der exotischen Schönheit. Boris suchte sich bei jeder neuen Affaire zwar den selben Typ Frau, doch immer eine sanftere, weichere Version als zuvor.Wie aber verhält es sich bei Ex-Kanzler Schröder und seiner Doris? Hier passt die Theorie überhaupt nicht. Zwischen der patenten, dunkelhaarigen Hillu und der, sagen wir mal »mädchenhaften« blonden Doris lagen Welten. Hier wurde wohl eine andere Theorie anschaulich bewiesen, welche die erste auf den Kopf stellt. Sie besagt, dass bei einer Affaire genau das Gegenteil dessen herbeigesehnt wird, was zuhause im Ehebett schlummert. Optisch wie charakterlich.
Seitensprünge in der Politik
Dass Seitensprünge in Politikerkreisen nicht nur Ehen, sondern auch vielversprechende Karrieren abrupt beenden können, demonstrierte sich in den 60er Jahren die lebenslustige Christine Keeler. Sie unterhielt sowohl mit dem englischen Verteidigungsminister John Profumo als auch mit dem sowjetischen Militärattaché Jewgenij Iwanow eine Sexaffaire. Im heutigen Russland sah man das eher entspannt, doch in England galt dieses Dreiecksverhältnis als Skandal, der Profumo seinen Job kostete.In Deutschland werden Politiker-Affairen erstaunlich locker gesehen. Vielleicht, weil wir insgeheim wissen, dass es allzu menschlich ist, was da passiert? So reagierte die Presse auf Scharpings Scharmützel mit Gräfin Pilati nur zu Beginn und verlangte Fotos. Als klar wurde, dass es sich hier um eine beginnende Neubeziehung handelt, stand sich kein Paparazzo mehr die Füße in den Bauch.
Verständnis für Politikerliebe hat hierzulande Tradition. Schon Willy Brandt und Franz-Josef Strauß konnten relativ unbehelligt von medialer Aufmerksamkeit ihren Liebschaften nachgehen. In den offiziellen Biografien werden die meisten Frauengeschichten gar nicht namentlich erwähnt.
Im Falle Horst Seehofer und seiner Parallelbeziehung sieht es anders aus. Als CSU-Politiker musste er sich öffentlichen Fragen zu Moral, Familiensinn und Werteverfall stellen. Seine ehemalige Büroleiterin Anette Fröhlich war nicht nur die Geliebte des bayerischen Politikers, sondern wurde auch schwanger und bekam Töchterchen Anna Felicia. Nach acht Jahren verlor Anette ihren Job und wurde von ihrem Geliebten wie auch von der Union fallengelassen.
Scheidung nach Affaire bleibt die Ausnahme
Nur einer von 10 Fremdgängern trennt sich für seine Affaire und fängt mit ihr eine neue Beziehung an. Das ist nicht etwa Wunschdenken mancher betrogenen Ehefrau, sondern eine mehrfach belegte Statistik. Über einen Zusammenhang zwischen Profifußball und Affairen wurde hingegen noch keine Statistik erstellt. Ob Effe, Kahn und Co. wohl repräsentativ für ihre Zunft sind?Stefan Effenberg tat etwas, das unter Sportlern als No-Go gilt und dennoch immer wieder vorkommt: Er wilderte heimlich im Freundeskreis – die Frau eines Mannschaftskollegen. Thomas Strunz und Martina Effenberg erfuhren erst aus der Presse davon, was ihre jeweils besseren Hälften so treiben. Claudia Strunz wiederum wurde eine Affaire mit Lothar Matthäus angedichtet. Was es damit auf sich hat, blieb ein gut gehütetes Geheimnis. Warum lassen es unsere Profikicker so krachen?
Matthäus’ erste Ehefrau Silvia äußerte BILD gegenüber, was sie von Fußballern hält: »Körperlich sind sie fit, aber der Geist ist nicht entwickelt.« Autsch! Dagegen wirkte Oliver Kahns Techtelmechtel mit dem selbsternannten Partyluder Verena eher harmlos.
Wenn die Liebe groß genug ist...
Der weltberühmte Star-Golfer Tiger Woods musste sich vom Blätterwald aufgrund seiner ständigen Affairen bereits als sexsüchtig, gefühlskalt und beziehungsunfähig titulieren lassen. Niemand hätte auf seine Ehe auch nur einen Golfball verwettet. Nun unterzog sich Tiger im amerikanischen Hattiesburg einer Sexsucht-Therapie, um seinen ungezügelten Trieb in den Griff zu bekommen. Und wer wartete bei der Entlassung am Tor? Die wunderschöne Elin Nordegren!Statt nach den zahllosen Seitensprüngen und Nebenbeziehungen ihres Gatten das Handtuch zu werfen, feuerte sie den bereits engagierten Scheidungsanwalt und erklärte, Tiger so zu lieben, wie er ist und deshalb ihrer Liebe noch eine Chance geben zu wollen. Nun ist der Tiger »auf Bewährung«. Ob er es schafft, seine Jagdlust künftig unter Kontrolle zu halten?
Schauspieler Michael Douglas hat sein Treueversprechen an Ehefrau Catherine Zeta-Jones auf typische Hollywood-Art verbriefen lassen: mit sehr viel Geld. Der ehemalige Womanizer Douglas erklärte feierlich, seine wilden Zeiten hinter sich zu haben und bestand darauf, dies auch im Ehevertrag zu fixieren. Sollte er wider Erwarten Lust auf fremde Haut verspüren und ihr nachgeben, zahlt er freiwillig mehrere Millionen Dollar Schmerzensgeld an die schöne Catherine. Dass sich das Glamour-Paar bei einer entsprechenden Interviewfrage vor laufenden Kameras gemeinsam schief lachte, lässt darauf schließen, dass die beiden das Thema Fremdgehen mit viel Humor betrachten.
Und was lernen wir daraus?
Seitensprünge und Affairen sind für Prominente nicht weniger aufregend, verwirrend, chaotisch oder glücklich wie für Normalbürger. Manchmal etwas teurer. Manchmal auch verbunden mit peinlichen Fotos und öffentlicher Häme. Aber in Sachen Gefühl gelten für alle die selben Spielregeln. Weshalb wir uns doch eigentlich gepflegt lockermachen könnten, oder?Die Beuteschema-Theorie geht nicht auf. Die Defizit-Theorie ebenso wenig. Wie auch immer man versucht, Affairen zu katalogisieren und zu erklären, sie bleiben individuell. Einigen wir uns also auf eine dritte Theorie: dass es keine allgemeingültigen Formeln für’s große Kribbeln gibt.