Heimliche Sehnsüchte sind eine sehr mächtige Inspirationen für große Gefühle
Sind unglückliche Paare eher untreu?

Sind unglückliche Eheleute zum Fremdgehen prädestiniert?

Hierzu eine Gegenfrage. Über welches Thema wurden mehr Bücher geschrieben, Filme gedreht und Songs aufgenommen: glückliche Liebe oder unglückliche? Genau.

Unerfülltes Verlangen und heimliche Sehnsüchte sind sehr mächtige Inspirationen für große Gefühle. Und mal ganz ehrlich, die tun richtig gut. Wer sich in seiner Ehe unverstanden fühlt oder sexuell unbefriedigt ist, ist potenziell empfänglich für eine Affaire. Weshalb sich viele Fremdgänger nach eigener Aussage plötzlich wie neu geboren fühlen. Der Affairenpartner wird zur Projektionsfläche für alles, was in der Ehe fehlt. Dabei steht nicht unbedingt der Sex an erster Stelle. Sondern reden, lachen, kuscheln, albern sein, spontan sein, unvernünftig sein. Mal nicht die Rolle spielen müssen, auf die man sich als Ehepartner stillschweigend geeinigt hat.

Leider schießen viele Fremdgänger dabei über’s Ziel hinaus und bauschen die Affaire zu etwas auf, das sie nicht ist. Plötzlich ist von Liebe die Rede, und das Drama ist vorprogrammiert. Dieser zugegeben wunderschöne Gefühlsflash hat weniger mit echter Zuneigung zu tun, als mit dem emotionalen Kick und der Heimlichkeit. Da ist das Gefühl, etwas exklusives, tolles zu leben. Das Gefühl »jetzt bin ich endlich mal wieder dran«. Es tut einfach gut, nach Monaten oder Jahren einer eher unbefriedigenden Ehe mal wieder große Emotionen, großes Drama spüren zu dürfen. Auch das ist menschlich, bringt Sie aber nicht weiter – außer in Richtung Katastrophe. Denn je länger so etwas nebenher läuft, umso größer der Knall. Und der kommt in der Regel immer.

Natürlich heißt das nicht, dass jeder unglückliche Ehemann automatisch eine Geliebte hat. Immerhin gibt es ja noch die Variante der Beziehungsarbeit. Oder, wenn gar nichts mehr geht, einer fairen Trennung.

Affairen-begünstigend wirkt sich übrigens ein erkaltetes, desinteressiertes Kommunikationsklima aus. Hand aufs Herz: Wann haben Sie sich mit Ihrem Partner zuletzt über Ihre ganz privaten Gedanken und Sehnsüchte ausgetauscht? Weiß er, wie es Ihnen gerade geht? Und umgekehrt? Sind Sie noch auf der selben Wellenlänge? Oder hat der Alltag mit seinen eher unromantischen Verpflichtungen die Oberhand gewonnen?

Affairen und Seitensprünge sind Symptome, aber...

...nicht unbedingt für den Zustand einer Ehe! Sondern für das persönliche, private Empfinden des Betreffenden. Ein Seitensprung ist sozusagen eine massiv formulierte Ich-Botschaft mit Ausrufezeichen. Zum Beispiel:
  • Ich bin der spontanen Lust erlegen, Gefühle waren keine im Spiel
  • Ich will mehr Sex
  • Ich fühle mich in meiner Beziehung ignoriert
  • Ich brauche Selbstbestätigung durch Außenpartner
  • Ich war schon lange scharf auf ihn/sie, es musste einfach sein
  • Ich habe mich neu verliebt

Wobei der letzte Punkt ein ernstes Gespräch unumgänglich macht und nicht so richtig in diese Reihe passt. Hier ist die Affäre kein Symptom für Ihre Beziehung, sondern der Beginn eines neuen Lebensabschnitts. Wenn Sie sich wirklich verliebt haben, ändert das alles. Ihr Partner muss das wissen. Soviel Fairness schulden Sie ihm. Eine heimliche Affaire, womöglich über längere Zeit, frisst sich in das Paargefüge und untergräbt es. Das sollten Sie sich und Ihrem Partner nicht antun.

Punkt 1 ist, wie bereits festgestellt, am unkompliziertesten. Hier kommt es lediglich drauf an, was zwischen den Partnern vereinbart wurde. Absolute Offenheit, auch beim harmlosen One-Night-Stand, oder eher »was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß«.

Wenn Sie darüber sprechen, seien Sie nicht zu streng mit sich und Ihrem Partner. Nochmal: Es ist menschlich, mal die Kontrolle zu verlieren. Stehen Sie dazu, bemühen Sie keine Rechtfertigungen. Ihre Selbstbeherrschung hat Grenzen, das ist wirklich keine Schande.

Bei allen anderen Punkten handelt es sich um Paarthemen. Hier ist der Seitensprung ein Hinweis auf ein bisher unbewältigtes Beziehungsdefizit. Sprechen Sie darüber. Wie schon öfter an dieser Stelle erwähnt, kann ein gebeichteter Seitensprung unter Umständen ein überfälliger Wake-up-Call und der Beginn einer guten partnerschaftlichen Kommunikation sein. Und im Idealfall auch eine Wiederbelebung des ehelichen Sexlebens. Genau um diese Chance betrügen sich Eheleute, welche das Heimlichkeitsmodell bevorzugen.

Die Antwort auf unsere anfangs gestellte Frage muss also lauten: Jein. Nicht jeder, der in seiner Ehe unglücklich ist, geht automatisch fremd. Und nicht jeder Seitenspringer ist unglücklich liiert. Umgekehrt schützt auch eine glückliche Beziehung nicht vor dem Schwachwerden angesichts einer lustvollen Versuchung.

Zu behaupten, man könne sich allein durch das Vorhandensein eines Seitensprungs ein Urteil über die Qualität einer Partnerschaft bilden, ist also blanker Unsinn.

Dieser Artikel hat 3 Seiten. Lesen Sie auch . . .

Seite 1: Sind Affairen ein Symptom für schlechte Beziehungen?
Seite 2: Tarnt sich das Ehefrust-Symptom als Ausrutscher?
Seite 3: Sind unglückliche Eheleute zum Fremdgehen prädestiniert?

Sind Sie schon mal fremdgegangen? Wenn ja, welcher Grund war für die außereheliche Beziehung verantwortlich? Was sind Ihre Empfehlungen um einen Seitensprung vorzubeugen? Jetzt berichten
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Norbert || 16.02.2011 10:19:36

@ Delirious

wie Recht du hast... das Erschreckende dabei ist, dass Deine Frau irgendwann eine heimliche Affäre haben wird, und auf die Frage nach dem Warum, antwortet sie Dir: "Ich fühlte mich von Dir vernachlässigt und ungeliebt" – ohne über das eigentliche Zustandekommen dieser Situation zu reflektieren...

Ein nie enden wollender Kreislauf ;-)

Delirious || 16.02.2011 09:20:58

natürlich ist fremdgehen ein Ausdruck dafür, dass in der Partnerschaft etwas nicht mehr stimmt. Und die Gesellschaft verurteilt den Fremdgeher zu 100%. Aber wer schaut hinter die Kulissen?

Al ich meine Partnerin kennenlernte war sie ein sexuelles, sinnliches Wesen. Dann wurde Sie schwanger und ihre Lust war von einem auf den anderen Tag ausgeknipst. Zuerst hiess es, das liegt nur an der Schwangerschaft, das wird wieder besser... wurde es aber nicht. Reden: Fehlanzeige. Im Gegenteil, mein Versuch darüber zu sprechen wurde später umgedreht in: "Das liegt alles nur dran weil Du es zerredet hast."

Fazit: Hääten wir keine Kinder, hätte ich diese Frau schon längst verlassen. Aber soll ich meine Familie ins Unglück stürzen?

also ja, ch gehe hin und wieder fremd und habe nicht die Spur eines schlechten Gewissens. Meiner Frau fehlt ja nichts, es war ja ihre Entscheidung das "Paarsein" einzustellen und nur noch Mutter zu sein. Nachdem ich 5 Jahre gekämpft und gelitten habe ist einfach auch mal gut.

Leider sehe ich schon die Konsequenz. Sie wird es irgendwann merken, was mir ehrlich gesagt inzwischen völlig egal ist, und es wird einen Rosenkrieg geben. Alle werden sich einig sein, dass der böse untreue Ehemann schuld ist. natürlich lag ihre Sexunlust nur daran, dass der böse Ehemann nicht genug Verständnis hat und sie nicht genug unterstützt...

Was viele Frauen vergessen:

Irgendwann entdecken Sie, dass sie doch eigentlich auch wieder "Frau" sein wollen. Aber: there is no way back. Warum sollte ich sexuell zu meiner Frau zurückkehren, nachdem diese mich jahrelang hat verhungern lassen und ich mir dann mühevoll ein neues Leben aufgebaut habe?

U2CanDo || 17.11.2009 11:17:50

Denke schon, dass eine Affäre oder One-Night-Stand große Indikatoren dafür sein können, dass in der ehelichen Partnerschaft nicht alles und vor allem nicht über die ganze Zeit prima läuft. Die erwähnten Statistiken belegen dies eindeutig. Andererseits bedarf es meiner Meinung nach eines längeren Prozesses und fehlender offener Kommunikation sowie fehlender gegenseitiger Wertschätzung bis es zu einer Projektion und Ausleben des Fehlenden mit einem Affärepartner kommt.
Die verschiedenen Umgangsformen des Beichtens oder Nicht-Beichtens eines Seitensprungs wurden sehr offen und genau erläutern. Abhängig von der jeweiligen Situation in einer Partnerschaft oder Ehe sollte dann jeder einzelne entscheiden, wie er es dem betrogenem Partner beibringt oder einfach den Mund hält und seine schönen und kurzlebigen Erfahrungen mit dem Fremden für sich beibehält.

Luna || 17.11.2009 10:34:18

Sogar wenn man glücklich lieert ist und im Bett alles stimmt, kann man Sex "außerhalb" haben - einfach, weil es eine Bereicherung ist! Und nicht, weil man eine schlechte Beziehung hat... Ich würde es dann nicht als Ausrutscher bezeichnen, sondern als bewußt darauf angelegt. Außerdem hat es etwas mit dem Alter und der Reife zutun, ob und wie man mit seinem Partner darüber spricht und wie man es selber (er)lebt.


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