Bei vielen Polys schlummert diese Neigung bis zur Lebensmitte unerkannt. Die Betroffenen leben in ganz normalen Zweierbeziehungen und werden erst mit ihrer polyamoren Veranlagung konfrontiert, wenn z.B. aus einer oder mehreren innigen Freundschaften schleichend Liebesbeziehungen werden und der Grenzübertritt von der Freundschaft zur erotischen Liebe gar nicht bewusst wahrgenommen wurde. Wer das schon einmal erlebt hat, der weiß, wie fassungslos man in diesem Moment vor seinen eigenen Idealvorstellungen und Werten steht. Man fragt sich: Kann das sein? Darf das sein? Was ist denn mit meiner Ehe bzw. Beziehung? Was mache ich jetzt?
Nun, zunächst einmal herausfinden, ob man wirklich polyamor veranlagt ist oder ob es sich um einen Einzelfall von freundschaftlicher Verliebtheit handelt. Wenn es das nicht ist, sondern tatsächlich der Wunsch nach Poly-Beziehungen besteht, sollten Konsequenzen gezogen werden. Ein Ausharren in der Zweierbeziehung um des lieben Friedens Willen wäre ungesund und unaufrichtig dem Partner gegenüber. Außerdem ist es durchaus möglich, dass es ihm ähnlich geht.
Der Tantra-Lehrer Aba Aziz Makaja liefert wertvolle Inspiration zum Thema Polyamorie. Er lehrt das sogenannte KOMAJA. Diese Lehre ist angelehnt an christliches Gedankengut, tantrisches Kundalini-Yoga sowie die persönlichen Erfahrungen des Lehrers. Inhalt: die bewusste Entwicklung der Liebe. Als Grundvoraussetzung, um überhaupt in einer offenen Beziehung oder in einem Polyamorie-Netzwerk glücklich werden zu können, bezeichnet er die Fähigkeit, sich bewusst zu verlieben. Sie finden, das klingt paradox? Dann haben Sie vermutlich bisher nur die unbewusste Art des Verliebens kennengelernt.
Beim unbewussten Verlieben herrschen Gefühlschaos und Drama. Wilde sexuelle Gier, Eifersucht, Unsicherheit, zügelloses Wollen und Sehnen. Keine gute Sache, denn all diese Energie fließt hin zum neuen potenziellen Partner und wird systematisch aus der bestehenden Beziehung abgezogen, bis hin zu ihrer völligen Zerstörung. Beim bewussten Verlieben hingegen profitieren bestehende Beziehungen von den fröhlich flatternden Schmetterlingen, weil verantwortungsvoll mit der Zuneigung und Herzensöffnung umgegangen wird. Wenn diese emotionale Hürde erst einmal gemeistert ist, können Sie in einem Polyamorie-Netzwerk erfüllte und liebevolle Beziehungen führen.
Dieser Artikel hat 4 Seiten. Lesen Sie auch . . .Seite 1: Mono, Poly & Co: Offene Beziehungen für Einsteiger
Seite 2: Leben in polyamoren Netzwerken und offenen Beziehungen
Seite 3: Sie sind neugierig und wollen Ihre Beziehung öffnen?
Seite 4: Eifersucht, Verlustangst und der Mut, Nein zu sagen