Stellen Sie sich kurz einmal das folgende Bild vor. Sie sitzen mit Ihrem Ehepartner oder Lebensgefährten zusammen und eröffnen ihm, dass Sie darüber nachdenken, sich eine Zweitbeziehung zuzulegen. Wie fühlen Sie sich bei dem Gedanken?
Könnten Sie dieses Gespräch wirklich führen? Ihrem Partner glaubhaft vermitteln, dass er weder versagt hat noch aufs Abstellgleis geschoben werden soll, sondern Sie allen Ernstes einen weiteren Partner zum Glücklichsein wollen. Wie fühlt sich das an? Wären Sie in der Lage, dieses Gespräch zu führen? Kämen Sie mit den eventuell heftigen Abwehrreaktionen Ihres Partners klar? Und noch wichtiger: Sind Sie bereit, Ihrem Partner das selbe Recht auf einen Zweitpartner einzuräumen?
Antworten Sie bitte nicht leichtfertig mit ja. Besonders dann nicht, wenn Sie bereits ganz frisch in einen potenziellen Zweitpartner verliebt sind. Spüren Sie der Frage nach: Sind Sie wirklich tief in Ihrem Herzen bereit, Ihrem Ehepartner die selben Freiheiten zu gestatten? Mehr noch, nicht nur gestatten, sondern aktiv zu unterstützen, mitzutragen und als Teil Ihres Zusammenlebens zu akzeptieren. Können Sie das? Wie fühlt es sich für Sie an? Was sagen Ihr Herz, Ihr Ego, Ihre Seele – und vor allem Ihr Erstpartner?
Drum prüfe, wer sich ewig bindet ...
Dieser Spruch gilt auch bei der Suche nach einem Zweitpartner. Gehen Sie hier nicht wahllos vor, sondern ebenso sorgfältig, als würden Sie einen zweiten Ehepartner auswählen. Im Idealfall beziehen Sie Ihren Erstpartner in diese Phase mit ein, vorausgesetzt, er möchte das.Wichtig ist, dass der Zweitpartner keine Kopie des ersten Partners ist, sondern ein anderer Menschentyp. Das ergibt sich meist von ganz allein, sobald Sie sich – nach Absprache mit Ihrem Partner und ohne Heimlichkeiten – innerlich einer Zweitbeziehung öffnen. Dann werden Sie feststellen, dass Sie auf einmal Menschen anziehend finden, die genau das Gegenteil Ihres Erstpartners zu sein scheinen. (Im Extremfall könnten Sie dabei sogar bisher unerkannte homosexuelle Tendenzen bei sich entdecken. Seien Sie darauf vorbereitet!)
Der Zweitpartner ist also keine Konkurrenz, sondern eine Ergänzung zur bestehenden Beziehung.
Verlieben Sie sich statt dessen immer wieder in den selben Persönlichkeitstyp, mit dem Sie nur teilweise glücklich sein können, sollten Sie sich keine Zweitbeziehung zulegen, sondern dringend Ihr Beuteschema überprüfen. Vielleicht neigen Sie zur Co-Abhängigkeit und begeben sich deshalb immer wieder in einengende Muster und Strukturen. Hier wäre es sinnvoller, statt nach Alternativpartnern lieber nach einem guten Beziehungstherapeuten zu suchen und Ihr Partnerschaftsverhalten einmal genauer zu beleuchten.
Ein ernstes Wort zum Schluss
Eine Zweitbeziehung ist ein großes Liebes- und Lebensabenteuer. Lassen Sie sich bitte nur darauf ein, wenn Sie sich mit Ihrem Partner absolut einig darüber sind. Falls es da bei einem von Ihnen auch nur das leiseste Veto gibt, den kleinsten Schmerz, dann tun Sie es nicht. Denn dieser Schmerz wird nicht vergehen, sondern wachsen. Prüfen Sie daher ganz genau, ob Sie dazu wirklich fähig sind – sonst steuern Sie sich und Ihre Beziehung direkt in eine Katastrophe.Eine Zweitbeziehung lässt sich nicht wie ein schrulliges Hobby oder nächtliches Schnarchen einfach wegblenden. Sie wird zu einem wichtigen Teil Ihres gemeinsamen Lebens.
Sie beinhaltet gelebte Liebe, Gefühle und Verbundenheit. Sie ist eine Möglichkeit, die Schönheit der Liebe in all ihren Facetten kennenzulernen und zu leben, weit über die Grenzen konventioneller Strukturen hinaus. Gehen Sie also sehr behutsam damit um. Behandeln Sie Ihren Zweitpartner ebenso respektvoll und verantwortungsbewusst wie Ihren ersten Partner. Und tun Sie das, worum es bei diesem Thema geht: lieben Sie. Ohne Besitzansprüche, egoistische Machtspielchen oder falsche Konventionen. Können Sie das? Dann ist eine Zweitbeziehung vielleicht auch für Sie der Schlüssel zum Glück ...
Dieser Artikel hat 3 Seiten. Lesen Sie auch . . .Seite 1: Leben mit Zweitbeziehung: Affäre oder ideale Partnerschaft?
Seite 2: Um Bedürfnisse auszuleben, muss man sie kennen!
Seite 3: Was unterscheidet eine Zweitbeziehung von einer Affäre?