Die mit mädchenhaftem Augenaufschlag vorgetragene Story: »Ich bin neu hier, studiere Architektur, kenne niemanden und brauche dringend Geld. Ich bin sooooo schüchtern, du bist mein allererster Kunde.« Wahlweise wird die Geschichte durch ein krankes Kind, einen bösen Ex-Mann oder eine pflegebedürftige Mami ergänzt. Und tatsächlich, die Freier schmelzen dahin und öffnen ihre Brieftasche. Die Illusion, keiner »Nutte«, sondern einer unverdorbenen Anfängerin zu begegnen, törnt ungeheuer an und weckt den Mann im Mann. Natürlich ist die Dame keineswegs unerfahren und läuft dank der »Hilfsbereitschaft« des Freiers in Minutenschnelle zu großartiger Form auf. Das rechnet sich: »Und wieviel nimmt man denn für sowas, ich kenn die Preise noch gar nicht«, fragt die vermeintliche Studentin unschuldig. Der Freier möchte nicht als knauserig gelten und bezahlt freiwillig mehr als nötig. Ist ja für den guten Zweck. So kommt die Dame mit ihren »ersten Kunden« locker auf über tausend Euro Umsatz pro Schicht.
Natürlich gibt es da noch das andere Freier-Klientel. Unscheinbare Herren, denen mitnichten an einer romantischen Sexbegegnung liegt, sondern am Gegenteil. Auch das ist Alltag in deutschen Bordellen: Männer, die eine Frau erniedrigen und benutzen, ohne sich mit den emotionalen Konsequenzen befassen zu müssen. Hier geht es um Macht, nicht um Sex. Besonders dramatisch ist diese Situation im deutsch-tschechischen Grenzgebiet, wo z.T. per Zwangsprostitution »all inclusive« angeboten wird, d.h. alle Praktiken und Altersklassen. Die Hilfsorganisation Karo e.V. prangert diese Menschenrechtsverletzungen an. Doch öffentliche Diskussionen darüber sind nicht erwünscht, weil schlecht fürs Geschäft. Sex gegen Geld, lautet der Deal. Und harte, frauenverachtende Unterwerfungspraktiken gehören dabei ebenso zum Standard wie die freundliche rein-raus-Nummer.
Gewaltfreie Alternativen, die Spaß machen
Um auf die Hydra-Statistik zurück zu kommen: Geschätzte 3 von 4 Männern nehmen im Laufe ihres Lebens die Dienste einer Prostituierten in Anspruch. Es handelt sich also um eine große Nachfrage auf Männerseite - und damit um ein umsatzträchtiges Marktpotenzial. Deshalb haben sich in den letzten Jahren zahlreiche Alternativen etabliert, die den klassischen Bordellen irgendwann den Rang ablaufen könnten, weil ihnen jede Nähe zur »Halbwelt« fehlt. Allen voran die zahlreichen Internetportale wie Lovepoint, First Affair oder C-Date die sich auf diese Marktnische speziallisiert haben.Hier können sich Männer und Frauen zum Adult-Dating, Seitensprung oder Casual-Sex anmelden und dort Gleichgesinnte treffen. Realkontakte sind ausdrücklich erwünscht und können virtuell gut vorbereit werden. Im Gegensatz zur Prostitution findet hier eine einvernehmliche Begegnung statt, bei der es nur um Sympathie und Sex geht. Nicht um Geld. Man tauscht Bilder und Eckdaten aus, chattet über persönliche Vorlieben und sexuelle Wünsche, gerne auch mit Webcam, und bei Gefallen trifft man sich. Gewerbsmäßige Prostituierte sind gem. AGBs ausdrücklich ausgeschlossen und dürfen solche Plattformen nicht zur Kundengewinnung nutzen.
Auch Swingerclubs können Paaren, die ihr Sexleben aufpeppen wollen, eine schöne Abwechslung bieten und stellen eine echte Alternative zum Seitensprung oder Bordellbesuch dar. Seriöse Swingerclubs erkennt man u.a. daran, dass sie ihren Gästen nur paarweise den Zutritt gewähren, um eine vertrauensvolle Atmosphäre und ein ausgewogenes Verhältnis von Männern und Frauen zu schaffen. Außerdem sind Prostituierte dort nicht zu finden, sondern ausschließlich Privatleute. Zum Vergleich: Unseriöse »FFK-Clubs« arbeiten wie Bordelle, werden fast nur von Männern besucht, beschäftigen Prostituierte als Personal, und der Sex kostet Geld.
In einem guten Swingerclub dagegen fließt Sekt, aber niemals Geld. Abgesehen vom Eintritt natürlich. Es geht um Spaß und sexuelle Begegnungen in einem vertrauenswürdigen Rahmen. Eine Frau, die also z.B. scharf auf den besten Kumpel ihres Ehemannes ist, kann diese Lust bei gegenseitigem Gefallen im abgesicherten Modus eines Swingerclubs ausleben, statt heimlich fremdzugehen. Umgekehrt kann ein verheirateter Mann seine Sexphantasien mit einer anderen Frau im Freundes- oder Bekanntenkreis genießen. Diese Konstellation kommt relativ häufig vor, weshalb in Swingerclubs eine familiäre, herzliche Atmosphäre herrscht. Viele Paare treffen sich dort regelmäßig mit befreundeten Paaren, um den »Seitensprung im abgesicherten Modus« auszuleben, neue Sexpartner kennenzulernen - und vielleicht neue Anregungen für den Sex im Ehebett zu bekommen.
Ob virtuelle Plattform oder Swingerclub: Bei diesen Alternativen ist Sex keine Ware, sondern eine einvernehmliche, spielerische sexuelle Begegnung. Man tut sich gegenseitig gut, kann neue Praktiken mit neuen Partnern ausprobieren, ohne finanzielle Interessen, Machtgefälle oder Zuhälter im Hintergrund.
Ein ungepudertes, unparfümiertes Fazit: Die mannstolle, zufriedene Profi-Hure, die aus lauter Nettigkeit freundschaftliche Kontakte zu Freiern unterhält, ist eine Illusion. Eine Begegnung zwischen Freier und Hure ist eine zweckbezogene Gewaltbeziehung. Bezahlte Gewalt zwar, nicht strafbar gem. StGB und dank allerlei schönfärbender Mythen gesellschaftlich akzeptiert, aber es bleibt Gewalt gegen Frauen.
Dieser Text soll natürlich niemandem den Spaß am Bordellbesuch verderben. Wer für sich darin einen Weg sieht, sich sexuell auszuleben, kann das tun. Doch es gibt einen Indikator, der als kleine Entscheidungshilfe dienen könnte: Auf virtuellen Plattformen und in Swingerclubs wird nicht nur genussvoll gevögelt und geblasen, sondern auch laut und herzhaft miteinander gelacht. In Bordellen ist auch allerhand zu hören, aber kein Lachen...
Dieser Artikel hat 2 Seiten. Lesen Sie auch . . .Seite 1: Prostitution – Sex als Ware
Seite 2: Vorsicht Falle – Freier mit Beschützerinstinkt