Nach dem Fremdgehen bleibt für den betrogenen Partner vieles offen. Diese 10 wichtigen Fragen sollten Sie sich unbedingt selbst stellen.

Nachdem Ihr Partner untreu war: Diese 10 Fragen sollten Sie sich stellen

Gefühlschaos nach einem Seitensprung des Partners ist normal. So schwer es scheinen mag: Versuchen Sie für sich, Licht ins Dunkel zu bringen und möglichst sachlich dabei vorzugehen. Denn letztlich geht es für Sie um die eine Frage: Will ich weiter mit diesem Partner zusammen sein?

Schock, Unglauben, Wut – wenn Sie erfahren, dass Ihr Partner eine Affäre hatte, werden Sie von einer Vielzahl starker Gefühle überfallen. Wie konnte er Sie betrügen? Wie lange läuft das schon, wer ist die andere Person, wie soll es nun weitergehen? Diese Fragen tauchen sicherlich über kurz oder lang auf. Unsortiert, ungefiltert und überlagert von der großen Kränkung, die Ihnen widerfahren ist.

Buchcover: Kann ich Dir jemals wieder vertrauen Auch wenn der akute Schockzustand nach dem Aufdecken eines Seitensprungs meist nur 48 Stunden anhält, wie der britische Paarberater Andrew G. Marshall in »Kann ich dir jemals wieder vertrauen« erklärt, stellt Untreue immer das Leben der Beteiligten auf den Kopf. Besonnenheit fällt dann verständlicherweise schwer. Dabei sollten Sie »danach« den Verstand nicht ausblenden, sondern die heißen Gefühle etwas herunterkochen und sich auf sich selbst besinnen, damit Sie zu einer guten Entscheidung finden.

Für Betrogene: 10 Fragen für mehr Klarheit

1. Bin ich bereit, den Seitensprung zu vergeben?

Kennen Sie den Unterschied zwischen vergeben und verzeihen? Verzeihen können Sie nur etwas, das Sie auch für »verzeihbar« halten. Im Gegensatz dazu bedeutet vergeben, auch Nachsicht zu üben bei etwas, das Sie grundsätzlich für unverzeihlich halten. Und da sind wir beim Punkt: Wie stehen Sie überhaupt zur Untreue? Halten Sie es theoretisch für nachvollziehbar, dass jemand fremdgeht, oder meinen Sie, das ist absolut unverständlich? Beeinflusst es Sie, dass Sie betroffen sind, so sehr, dass Sie trotz all Ihrer Toleranz plötzlich radikal reagieren, wo Sie zuvor Milde walten ließen? Überlegen Sie sich, ob Sie überhaupt fähig sind, diesen Vertrauensbruch zu »vergeben«, oder ob das Ihren grundsätzlichen Prinzipien widerspricht.

2. Was will ich über den Seitensprung erfahren?

Die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit – wollen Sie tatsächlich alle Affärendetails serviert bekommen? Natürlich haben Sie ein Recht darauf, dass reiner Tisch gemacht wird. Bedenken Sie aber, dass Ihnen intime Einzelheiten kaum etwas bringen werden, außer noch mehr Kummer. Wann, wo, wie oft – ob es die Sache leichter macht, wenn all dies offenbart wird, ist fraglich. Natürlich müssen Sie wissen, woran Sie sind – vor allem, wenn Sie schon so eine Ahnung hatten und seit längerem misstrauisch waren. Kann sein, Sie sitzen der Illusion auf, Sie hätten die Sache besser im Griff und damit unter Kontrolle, wenn Sie alles genau erfahren. Das könnte ein Irrtum sein. Klären Sie für sich, was Sie wissen müssen, und was Sie besser ausblenden sollten, um den Schmerz nicht zu vergrößern. Je mehr Einzelheiten Sie erfahren, umso mehr Illustrationsvorlagen haben Sie, die Sie quälen werden, schreibt Ulrich Clement in »Wenn Liebe fremdgeht«. Darum rät er: Holen Sie sich die Informationen, die Sie brauchen – und ersparen Sie sich den bitteren Rest.

3. Wie viel Wahrheit kann ich überhaupt vertragen?

Und noch mal geht's um die Wahrheit: Haben Sie eine Ahnung, wie viel Offenheit Sie von Ihrem Partner in dieser Sache überhaupt verkraften können? Nicht im Sinne von: Wann haut es Sie total um. Sondern eher in Bezug auf Ihre Seelenbalance. Nehmen wir mal an, Ihr Partner hat Bedürfnisse sexueller Art, die Sie bei aller Liebe abstoßend finden. Oder er ist als Vergeltung für ein Liebesvergehen Ihrerseits fremdgegangen. Gesetzt den Fall, es war Ihre beste Freundin, mit der Ihr Partner einen One-Night-Stand hatte oder der Ex ist die Bettgeschichte? Was haben Sie davon, das zu wissen? Wir bilden uns oft ein, Wissen mache es erträglicher, mit bestimmten Erfahrungen umzugehen. Das ist aber ein Trugschluss: Manchmal verletzt es noch viel mehr, zu viele Informationen zu bekommen. Wägen Sie ab und bedenken Sie: Manchmal ist eine Lüge besser als die nackte Wahrheit.

4. Ist der Seitensprung Ausrutscher oder Symptom?

Ja, es kann mal passieren: Ihr Partner ist schwach geworden, es gab eine Situation, in der er der Versuchung einfach nicht widerstehen konnte und dann war auch noch jede Menge Alkohol im Spiel. Wir sind alle nur Menschen, jeder macht mal einen Fehler etc. pp. Das ist die eine Seite. Auf der anderen sieht es etwas düsterer aus, hier müssen Sie mit Ihrer Frage ansetzen: Ist der Seitensprung womöglich die Spitze des Eisberges, ein Zeichen dafür, wie zerrüttet und gefährdet Ihre Beziehung bereits ist? Fachleute meinen, Fremdgehen habe immer eine Vorgeschichte, selten lasse sich jemand aus völlig heiterem Himmel auf einen Seitensprung ein. Der mag spontan zustande kommen, setzt aber voraus, dass der Untreue die Bereitschaft dazu mitbringt, schreibt Andrea Bräu in Es war doch nur Sex. Meist gehe dem eine Entfremdung in der Partnerschaft voraus, die Unzufriedenheit sei so groß, dass alle Hemmungen fallen, wenn ein verführerisches Angebot kommt. Die Paartherapeutin meint, den klassischen Ausrutscher ohne Vorsatz und Hintergründe gebe es selten. Hier sollten Sie nachforschen: Ist der Seitensprung Ihres Partners wirklich ein Zufallsding, oder hat seine Untreue etwas mit Ihrer Beziehung zu tun?

5. Wen weihe ich in die Untreue ein?

Gerade in Krisenzeiten braucht jeder einen Menschen, dem er sich anvertrauen kann. Tröstlich ist es, über den Schmerz und die Wut mit jemandem zu reden, bei dem man auf Verständnis bauen kann. Überlegen Sie sich aber genau, wen Sie alles in die Untreue Ihres Partners einweihen. Denn falls Sie mit Ihrem Partner trotzdem zusammenbleiben wollen, tun Sie weder sich noch ihm etwas Gutes, wenn Sie ihn bloßstellen. Denken Sie daran, dass alle Personen, denen Sie vom Seitensprung berichten, jedes Mal daran denken werden, wenn sie Ihren Partner sehen. Keine schöne Vorstellung – dazu kommt, dass Sie sich eventuell einer Welle von Mitleid ausgesetzt fühlen könnten, wenn viele Menschen aus Ihrem Umfeld mitbekommen, dass Sie betrogen worden sind. Das Gerede hinter Ihrem Rücken und die Gerüchte können Sie kaum verhindern. Bleiben Sie mit Ihrem untreuen Partner zusammen, geraten Sie vielleicht in Erklärungsnot und denken, Sie müssten sich rechtfertigen oder bei all den Menschen, die Ihnen beigestanden haben, um Verständnis werben für Ihre Entscheidung. Bedenken Sie das, bevor Sie Hinz und Kunz vom Seitensprung erzählen. Sparen Sie sich Ihre Energie für wirklich wichtige Dinge – nämlich die Aufarbeitung der Untreue.

6. Was würde ich tun, wenn es wieder passieren würde?

Statistisch gesehen ist das Risiko bei jemandem, der schon einmal einen Seitensprung hatte, 3,7 Mal höher als bei denen, die bisher treu waren. Klar, Zahlen sind Richtwerte, die mit der Realität bisweilen nicht viel zu tun haben. Nichtsdestotrotz kann es auch eine Tatsache sein: Jemand, der schon einmal aus der Beziehung sexuell ausscherte, etwa in einer Krise oder bei einer längeren Sexflaute, und die Partnerschaft danach nicht aufgeben musste, wird dieses Verhalten unter Umständen wiederholen, wenn sich der nächste Konflikt anbahnt. Die Betonung liegt hier auf kann – das muss nicht passieren. Fragen Sie sich selbst: Was wäre, wenn? Können und wollen Sie dieses Wagnis eingehen, auch auf die Gefahr hin, dass Sie das Gleiche noch einmal erleben?

7. Erwarte ich eine Wiedergutmachung?

Okay, Sie sind jetzt am Drücker: Ihr Partner hat Sie betrogen, Sie wüten und schmollen, nun muss er sich ins Zeug legen, um Sie zurückzugewinnen. Das sind berechtigte Ansprüche. Auch dass Sie an eine Art Wiedergutmachung denken, ist verständlich. Aber utopisch. Für einen Seitensprung können Sie keine Entschädigung kassieren – es ist realitätsfern zu glauben, es gebe einen fairen Ausgleich für erlittenes Liebesunglück. Gerechtigkeit gibt es in diesem Fall wohl kaum, und damit auch keine wirkliche Entschädigung. Erwarten Sie insgeheim aber doch so etwas in der Richtung? Möchten Sie mit Liebe überschüttet, mit Geschenken verwöhnt und mit Treueschwüren bombardiert werden, um die Sache zu den Akten legen zu können? Vergessen Sie das lieber. Ein reuiger Sünder macht noch kein wiedergewonnenes Vertrauen, und falls Sie eine Wiedergutmachung erwarten, gehen Sie das Risiko ein, dass Sie den Seitensprung ewig auf der Soll-Seite des Liebeskontos Ihres Partners führen – und nie darüber hinwegkommen.

8. Will ich Rache?

Wiedergutmachung, Entschädigung, Vergeltung – zack, sind wir bei Rachegedanken. Für jeden dritten Deutschen kommt Rache als Reaktion auf untreues Verhalten infrage, wie eine Umfrage des Marktforschungsinstituts Toluna im Auftrag der seitensprung-fibel.de ergab. Wie steht es diesbezüglich bei Ihnen? Gelüstet es Sie danach, es dem anderen so richtig heimzuzahlen? Wollen Sie Leid mit Leid vergelten und Ihren untreuen Partner am eigenen Leib spüren lassen, wie weh er Ihnen getan hat? Das sind alles mehr als berechtigte Empfindungen. Der Berliner Paartherapeut Wolfgang Krüger meint, man müsse aufpassen, dass sich diese Wut nicht verselbstständige und zu einem Machtkampf von Kränkungen führe, bei dem sich jeder zurückziehe und keiner zur Versöhnung bereit sei. Denn dass Ihr Partner sich bei frontaler Attacke schuldig bekennt und bereit ist, für sein Betragen zu büßen, ist eher unwahrscheinlich. Und womöglich auch nicht aufrichtig. Denken Sie daran: Rachegelüste sind verständlich, können Ihnen jedoch den Blick verstellen für das, worum es eigentlich geht: nämlich die Untreue – alleine oder gemeinsam – zu verarbeiten.

9. Werde ich beim Sex immer daran denken, dass mein Partner »es« mit einer dritten Person getan hat?

Der Vertrauensbruch, die Lügen, der Fremdsex – nach dem Fremdgehen müssen Sie ganz schön viel schlucken. Viele Menschen sind nach dem Seitensprung Ihres Partners wie traumatisiert. Die Theratalk-Studie kommt zum Ergebnis, dass viele die Untreue des Partners immer wieder in Gedanken nacherleben, sich die Details ausmalen und die quälenden Bilder im Kopf herumtragen. Geht es Ihnen auch so? Werden Sie beim nächsten Liebesspiel Ihr Gruselkopfkino anwerfen und sich Ihren Partner beim Sex mit seinem Seitensprung vorstellen? Macht Sie das fertig, kommen Sie nicht darüber hinweg, dass in Ihre Intitmität eine dritte Person eingedrungen ist? Oder steckt tief in Ihnen womöglich ein dicker Brocken Misstrauen – weil Sie Ihrem Partner nicht mehr (ver)trauen, können? Vermuten Sie, Ihr Partner hat Sie in Bezug auf die Häufigkeit, den Spaßfaktor oder etwa die Verhütung belogen, um Sie zu schonen, oder womöglich sich selbst aus der Gefahrenzone zu bringen? Sie müssen einiges verdauen, wenn Sie unter diesen Umständen zusammenbleiben wollen. Auch beim Sex kann das Auswirkungen haben – darum sollten Sie sich ehrlich fragen, wie sehr Sie die Gedanken an den Fremdsex fortan umtreiben werden und damit Ihre Beziehung in erotischer Hinsicht auf Dauer überschatten werden.

10. Werde ich meinem Partner bei nächster Gelegenheit seinen Seitensprung unter die Nase reiben?

Ein Fehltritt, ein Ausrutscher, eine sexuelle Entgleisung – nichts lässt sich besser im Liebeskampf instrumentalisieren. Wenn Sie das Bedürfnis verspüren, Ihrem Partner bei jeglichem Fehlverhalten den Seitensprung vorzuwerfen, um ihn damit unter Druck zu setzen, sollten Sie vorsichtig sein. Bei gebeichteter Untreue besteht die Gefahr, dass der Fauxpas auf lange Sicht zu einer Waffe wird. Es ist Ihr Trumpf, den Sie in vielen Situationen aus dem Ärmel ziehen, oder sich damit sogar eine Art Freibrief für Ihre eigenen Liebesvergehen verschaffen könnten. Beides ist nicht gut. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Art, wie Sie über den Seitensprung sprechen und ihn in Ihre Beziehungsbiografie integrieren, ausschlaggebend dafür ist, wie es weitergeht. Wenn Sie ein Machtspielchen anleiern, bei dem Sie immer die besten Karten auf der Hand haben, weil Ihr Partner derjenige war, der untreu wurde, geraten Sie in einen Teufelskreis aus Vorwürfen. Fragen Sie sich mal: Können Sie auch in der nächsten schwierigen Beziehungsphase den Seitensprung Vergangenheit sein lassen, oder werden Sie die Ereignisse immer wieder aufwärmen, wenn es für Sie günstig erscheint?

Fazit: Tipps vom Experten – Regeln für betrogene Misstrauische

Sie haben vom Seitensprung Ihres Partners erfahren, jetzt müssen Sie Ihre Wut-, Schmerz- und Hass-Gefühle sortieren, die Beziehung unter die Lupe nehmen. Sich selbst in dieser schwierigen Situation ehrlich Rede und Antwort zu stehen, ist eine Herausforderung. Vermutlich haben Sie Tausend Fragen an Ihren Partner, möchten ihn löchern und noch das letzte schmutzige Detail aus ihm herausboxen. Tun Sie dies nicht, ohne an die Konsequenzen zu denken: Mitunter schmerzt es mehr, wenn Sie so in die Tiefe gehen.

Versuchen Sie, bei sich zu bleiben und halten Sie sich an diese Regeln von Ulrich Clement aus Wenn Liebe fremdgeht:

  • Überlegen Sie, was Sie alles wissen wollen. Beschränken Sie sich auf das Wesentliche.
  • Gehen Sie davon aus, dass Sie nicht alles erfahren werden.
  • Machen Sie Ihre Kränkung nicht zum alleinigen Maßstab Ihres Handelns.
  • Bleiben Sie nicht bei Vorwürfen und in der Opferposition hängen.
  • Überlegen Sie, was an der Affäre Ihres Partners auch gut für Sie sein könnte.


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