Wieviel Recht braucht die Liebe?
Abgeschafft: 9 Ehegesetze von gestern
Wer liebt, hat Recht – das mag ja im Kern stimmen. Aber wenn es um die Institution Ehe geht, hat der Gesetzgeber es sich nicht nehmen lassen, sich in den privatesten Bereich von allen einzumischen, die das eheliche Zusammenleben irgendwie regeln sollen – damit es im Falle von Unstimmigkeiten klare Vorgaben für beide Seiten gibt.
Schließlich waren Ehen weitaus mehr als nur auf Liebe basierende Lebensgemeinschaften. Es waren sozusagen wirtschaftliche Zusammenschlüsse, die auf Verträgen fußten – wurde eine der Parteien vertragsbrüchig, konnte das weitreichende Folgen haben. So einfach ließ man sich vor einigen Jahrzehnten dann mal lieber nicht scheiden. Zuviel stand auf dem Spiel. Und auch Untreue war ein ziemlich riskantes Unterfangen. Die Zeiten ändern sich zum Glück, und auch das deutsche Gesetzbuch ist nicht in Stein gemeißelt. Wir haben neun Gesetze unter die Lupe genommen die glücklicherweise Geschichte sind.
Vom Liebesnest in den Knast: Fremdgehen mit harten Folgen
Ein Seitensprung kann so schön sein, aber auch jede Menge unerwünschter Nebenwirkungen haben. Zum Beispiel solche rechtlicher Art. Wenn Sie Ihre bessere Hälfte liebestechnisch betrügen, haben Sie rein juristisch betrachtet eine zivilrechtlich unerlaubte Handlung begangen. Jawohl, und das mal ganz abgesehen von der moralischen Seite. Aber wir nehmen den erhobenen Zeigefinger gleich mal wieder runter, denn strafbar ist Ihr Verhalten trotzdem nicht. Sie machen sich dadurch zwar nach § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB einer Verletzung der aus der Ehe folgenden Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft schuldig. Aber das lässt der Staat dann mal Ihre Sorge sein, eingebuchtet werden Sie dafür nicht. Was Ihr Gatte beziehungsweise Ihre Gattin dazu sagt, steht dann auf einem ganz anderen Blatt. Früher war das nicht so: Bis 1969 hatten Sie als »Ehebrecher« und auch Ihr Techtelmechtel verdammt schlechte Karten: Ihr Vergehen konnte nämlich mit bis zu sechs Monaten Gefängnis geahndet werden. Heute müssen Sie also nicht mehr befürchten, dass Ihre erotischen Eskapaden Sie vor den Kadi bringen. Aber auch heute noch sollten Sie vorsichtig sein. Denn wenn Sie den anderen so richtig bös hintergehen, kann das im Scheidungsfall das Zünglein an der Waage sein, wenn es um Unterhaltsansprüche oder die Regelung etwa des Zugewinnausgleichs geht.
Drum prüfe, was sich außerehelich findet: Keine Chance für Fremdgeher
Fremdgehen an sich ist ja noch immer verpönt, vor einigen Jahrzehnten konnte das aber sogar noch zum wahren Verhängnis werden: Stellen Sie sich vor, Ihre Ehe ist im Eimer, Sie wandeln auf Seitenspringersfüßen und verlieben sich in Ihren Fauxpas. Wenn es früher zu einem deratigen Ehecrash kam, hatte Ihre neue Liebe schlechte Karten. Denn gesetzlich geregelt war, dass eine Ehe nicht zwischen einem wegen Ehebruchs geschiedenen Ehegatten und demjenigen, mit dem er den Ehebruch begangen hatte, geschlossen werden dürfte – sofern dieser Ehebruch im Scheidungsurteil als Grund der Scheidung festgestellt wurde. Heißt also: Untreue lohnte sich nur dann, wenn sie nicht juristisch betrachtet als Trennungsursache in Frage kam. In den Sechziger Jahren hatte der Gesetzgeber dann ein Einsehen und modifizierte das Ganze: Nun war es möglich, eine Befreiung von dieser Vorschrift zu erwirken – sofern es nicht schwerwiegende Gründe gegen die neue Ehe gab. Was das wohl gewesen sein mag? Jedenfalls schert uns dieses Gesetz glücklicherweise schon lange gar nicht mehr: 1976 wurde es ersatzlos gestrichen.
Du bist Schuld: Wer hat die Ehe kaputt gemacht?
Die Ehe ist gescheitert, der Frust ist groß, beide Parteien versuchen, mit einigermaßen heiler Haut aus der Nummer herauszukommen. Da geht es dann auch um das Selbstbild und das Geld – darum wird doch gerne mal die Schuld hin und her geschoben. Egal, was letztlich zur Trennung führt, seien Sie froh, dass wir heute diesbezüglich liberaler sind als früher. Da hatte auch Vater Staat ein Interesse daran, den Grund für die Scheidung und damit den Schuldigen klar benennen zu können. Bis 1976 war eine Scheidung möglich, wenn eine schwere Eheverfehlung vorlag oder durch ehrloses oder unsittliches Verhalten die Ehe schuldhaft von einem Partner so tief zerrüttet worden war, dass die Wiederherstellung einer ihrem Wesen entsprechenden Lebensgemeinschaft nicht mehr zu erwarten war. Einer musste dann die Schuld auf sich nehmen, damit die Scheidung überhaupt über die Bühne gehen konnte. Denn unser treusorgender Rechtsstaat verlangte Beweise für die Schuld. Zum Glück sieht das mittlerweile anders aus: Mit der Scheidungsreform wurde das Schuldprinzip durch das heute gültige Zerrüttungsprinzip ersetzt. Was nichts anderes heißt, als dass eine Ehe dann geschieden werden kann, wenn sie im Eimer ist. Basta.
Oberste Ehepflicht Sex?!
Ob Sie's glauben oder nicht: Auch heutzutage gibt es so was wie eine »Sexpflicht« in der Ehe. Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht vor, dass die Ehepartner einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet sind und damit zur so genannten Geschlechtsgemeinschaft. Wie und was Sie nun innerhalb Ihrer Ehe praktizieren, bleibt Ihnen überlassen. Allerdings verstößt rein juristisch gesehen die Verweigerung von Sex gegen ein Grundprinzip des Rechtsgebildes der Ehe. Nach verbreiteter juristischer Auffassung kann die »Sexpflicht« nicht einmal per Ehevertrag ausgeschlossen werden. Aber zu Ihrer Beruhigung sei gesagt: Diese Sexpflicht ist nicht rechtlich durchsetzbar. Früher, liebe Leute, war aber auch das anders: Im Jahr 1966 etwa sah der Bundesgerichtshof den engagierten ehelichen Beischlaf als Voraussetzung zum Erhalt der Ehe an. Ausgang für das kuriose Statement war die Klage einer Frau, deren Gatte sich von ihr abgewandt und einer anderen zugewandt hatte – dies aber damit rechtfertigen wollte, dass die Frau ihm klipp und klar zu verstehen gegeben hatte, der Sex mit ihm sei ihr zuwider, sie empfinde nichts beim Geschlechtsakt und könne sogar dabei Zeitung lesen. Er solle sich doch selbst befriedigen oder ins Bordell gehen. Diese Aufforderung zum Ehebruch wollte der Gatte nicht auf sich sitzen lassen und erzwang eine Stellungnahme des Bundesgerichtshofes, der sich deutlich äußerte, Zitat: »Die Frau genügt ihren ehelichen Pflichten nicht schon damit, dass sie die Beiwohnung teilnahmslos geschehen lässt. Wenn es ihr infolge ihrer Veranlagung oder aus anderen Gründen (...) versagt bleibt, im ehelichen Verkehr Befriedigung zu finden, so fordert die Ehe von ihr doch eine Gewährung in ehelicher Zuneigung und Opferbereitschaft und verbietet es, Gleichgültigkeit oder Widerwillen zur Schau zu tragen.« Das lassen wir dann doch mal so stehen und sind froh darüber, dass wir im Jahr 2014 unseren ehelichen Pflichten nachkommen können.
Scheiden tut weh...
So eine Trennung ist nie eine schöne Sache. Aber früher war es obendrein noch eine total komplizierte Angelegenheit. Denn wer sich ganz offiziell scheiden oder gar die Ehe annulieren lassen wollte, musste dafür erstmal triftige Gründe anführen. So formulierte unser kluger Gesetzgeber Vorschriften für Voraussetzungen, unter denen eine Scheidung begehrt werden konnte. Nur ein kleines Beispiel: Bis 1976 konnte ein Ehegatte die Scheidung begehren, wenn der andere die Ehe gebrochen hatte – allerdings nur, wenn er dem Ehebruch nicht zugestimmt hatte oder ihn nicht durch sein Verhalten absichtlich ermöglicht oder erleichtert hatte. Aha. Wenn Sie damals Ihrer Frau beim Ehekrach ein wütendes »Dann such Dir doch einen anderen!« entgegen schmetterten, konnte es durchaus sein, dass Ihr Scheidungsbegehren nach dem so forcierten Seitensprung Ihrer Gattin auf taube richterliche Ohren stieß. Und auch Ihr Recht auf Scheidung wegen Verschuldens der Gegenseite haben Sie damals vielleicht verwirkt, wenn sich aus Ihrem Verhalten ergab, dass Sie Ihrer Frau die Verfehlung verziehen oder sie nicht als ehezerstörend empfunden hatten. Soso. Heute ist das glücklicherweise alles anders: Auch wenn Scheiden weh tut, legt Ihnen der Gesetzgeber so wenig Steine in den Weg wie nötig. Sie haben mit der Auseinanderklamüserungen Ihrer Partnerschaft genug an den Hacken.
Nicht ohne Erlaubnis meines Ehemannes
Ist Ihre Gattin berufstätig? Sollte sie es sein, werden Sie vermutlich nicht alllzu traurig darüber sein. Denn erstens wird damit ein bisschen mehr Bares in die Haushaltskasse gespült und zweitens entlastet Sie das doch auch ein wenig: Schließlich tragen Sie dann nicht mausallein die Verantwortung für das wirtschaftliche Wohlergehen der Familie in diesen doch recht unsicheren Zeiten. Bis Ende der Siebziger Jahre war das anders. Damals schrieb das Bürgerliche Gesetzbuch vor, dass Frauen die schriftliche Erlaubnis ihres Herrn und Meisters…äh…ihres Ehemannes vorlegen mussten, wenn sie denn arbeiten wollten. Erst 1977 wurde das Gesetz geändert. Unglaublich aus heutiger Sicht. Noch krasser: Bis 1958 konnte der Gatte sogar den Arbeitsvertrag der Frau nach eigenem Ermessen und ohne deren Zustimmung fristlos kündigen. Überhaupt hatte der Ehemann per Gesetz das alleinige Bestimmungsrecht über Frau und Kinder. Bis 1958 war es so denn auch sein gutes Recht, den Arbeitslohn seiner Angetrauten – die mit seiner Erlaubnis berufstätig war – zu verwalten. Ohnehin war es Frauen ohne ehemännliche Zustimmung erst ab 1962 möglich, ein eigenes Bankkonto zu eröffnen. Und überhaupt: Erst nach 1969 wurde eine verheiratete Frau als geschäftsfähig angesehen.
Kuppeln gilt nicht!
Was für ein klangvolles Wort: Kuppelei! Laut Duden bedeutet es entweder die Vermittlung einer Heirat durch Anwendung bestimmter unlauterer Mittel oder rechtssprachlich gesehen die Duldung oder eigennützige Vermittlung außerehelichen Sexualverkehrs, insbesondere bei Minderjährigen sowie als Prostitution. Vor einigen Jahrzehnten hatte das Wort noch einen ganz besonders heiklen Beigeschmack: Bis in die Sechziger Jahre konnte wegen Kuppelei noch eine Freiheitsstraße von einem Monat bis zu fünf Jahren verhängt werden. Als Kuppler galt dabei derjenige, der beispielsweise aus Eigennutz oder auch gewohnheitsmäßig etwa durch die Verschaffung von Gelegenheit der Unzucht Vorschub leistete. Klingt etwas steif, hieß aber im Wording des so genannten Kuppeleiparagrafen ganz banal, dass etwa ein Hotelwirt ein Doppelzimmer nur an verheiratete Paare vergeben durfte. Der Gesetzgeber war nämlich damals der Meinung, dass Sex und dergleichen nur in die Ehe gehören. Wer Räumlichkeiten für erotische Aktivitäten außerhalb dieses gesetzlich festgelegten Terrains zur Verfügung stellte, konnte sich der Kuppelei schuldig machen. Und dagegen hatte der Gesetzgeber was, schließlich ging es ihm darum, die öffentliche Sittlichkeit zu schützen. Heute ist das erfreulicherweise ebenso verschwunden wie die Strafbarkeit von Homosexualität. Was nun zählt, ist der Schutz der individuellen sexuellen Selbstbestimmung. Panik musste auch damals allerdings niemand haben, der Freunde ganz keusch zusammengebracht hatte oder an der Knüpfung zarter Liebesbande beteiligt war. Als Kuppler konnten vor allem Ehepartner, Eltern oder ein Vormund belangt werden. Nämlich dann, wenn sie womöglich unter der Anwendung hinterlistiger Kunstgriffe der Unzucht, in dieser Lesart unehelicher Sexualität, Vorschub leisteten. Heute gilt Kuppelei bei unter 16-Jährigen als strafbar und natürlich dann, wenn Erziehungsberechtigte sexuelle Kontakte für ihre Zöglinge einrühren.
Pssssst: Aufgebot ade
Früher war es doch so: Wer heiraten wollte, musste sein Vorhaben ordentlich anmelden und publik machen. Das fing mit der Aufgebotsbestellung an und endete mit dem öffentlichen Aushang der Eheschließungsabsicht. So konnte Lieschen Müller ganz genau etwa der Amtstafel im Rathaus entnehmen, ob ihre Konkurrentin Petra Meier denn nun ihren Traummann heiratet. Ein wahrer Hochgenuss für Neugierige aller Couleur und ein idealer Nährboden für Klatsch und Tratsch, Häme und Mutmaßungen nicht ausgeschlossen. Sinn und Zweck der öffentlichen Bekanntmachung war natürlich nicht nur die Verkündung der frohen Botschaft. Die Öffentlichkeit sollte auch die Möglichkeit bekommen, rechtzeitig gegen diese Verbindung Einspruch zu erheben, wenn denn etwas dagegen sprach. Seit 1998 hat es sich damit aber: Nicht nur aus Datenschutzgründen kann man den öffentlichen Aushang des Aufgebots nicht mehr als zeitgemäß bezeichnen. Auch die Art der Verkündung scheint in Zeiten von Facebook und Co. von gestern zu sein. Die bisherige Aufgebotsbestellung heißt so auch seitdem ganz schlicht »Anmeldung zur Eheschließung«.
Nur die Sonne war Zeuge: Trauzeugen sind passé
Trauzeugen sind eine schöne Sache: Sie eignen sich hervorragend für die Organisation der Hochzeitsfeierlichkeiten, sind qua Funktion die Herren der Geschenkeliste und müssen die Corsage vom Hochzeitskleid schnüren oder Krawatten binden. Das war's dann aber auch schon. Zumindest seit 1998. Bis dahin war es rechtlich vorgeschrieben, dass Heiratswillige Trauzeugen brauchten, um den Bund der Ehe schließen zu können. Die Auserwählten mussten beim Standesamt erscheinen und unter das Eheprotokoll ihren Karl-Friedrich setzen – womit allerdings keinerlei rechtliche Verpflichtungen entstanden. Zeugen brauchen Sie heute also nicht mehr zwangsläufig. Wenn Sie aber nicht auf die tatkräftige Hochzeitsorganisation Ihres eventkundigen Kumpels oder Ihrer stilsicheren Busenfreundin verzichten wollen, dann nur zu: Nach §1312 BGB können Sie natürlich immer noch bis zu zwei Trauzeugen benennen, die den zeremoniellen Akt der Eheschließung feierlich bestätigen.