Mysterium weiblicher Orgasmus
Die eine hat ihn nie, die andere bekommt ihn ständig – der weibliche Orgasmus ist eines der interessantesten Sexrätsel. Vielleicht, weil er bei Frauen eher versteckt kommt oder weil das Thema immer noch ein wenig tabuisiert ist. Eventuell liegt es auch daran, dass manch einer Frau (und vielen Männern) einfach nur das nötige Wissen darüber fehlt, wie, wo und wann es den Damen am schönsten kommt. Wir klären mal ein wenig auf.
Der kleine Riesenunterschied: Weibliche Lust
Eigentlich plaudern Frauen ja so ziemlich über alles. Besonders was Beziehungen anbetrifft, ist das schwächere Geschlecht stark mitteilungsbedürftig. Aber wenn es um so pikante Themen wie den Orgasmus geht, werden Frauen dann doch eher schweigsam – oder erzählen Sie Ihrer Freundin detailliert, wie Sie sich gestern geschmackvoll selbst befriedigt haben mit Ihrem neuen Dildo oder den putzigen Liebeskugeln?
Wo Männer dann doch eher offener über ihre Onaniergewohnheiten sprechen, sind Frauen deutlich zurückhaltender. Das stellten auch die Psychologen fest, die Fragebögen zu einer Orgasmus-Studie auswerteten. Die Befragten gaben zwar bereitwillig Auskunft zu ihrer Sexualität allgemein, wenn es aber tiefer, sprich: um Masturbation ging, kniff jede fünfte Frau.
Aus Schamgefühl? Aus Verlegenheit? Oder ist es dann doch zu intim, über die Lust mit dem und am eigenen Körper zu berichten?
Die Experten erklärten sich diese Scheu nicht nur damit, dass Selbstbefriedigung eine sehr intime Sache ist, sondern auch damit, dass viele Frauen vielleicht gar nicht masturbieren – also gar keine Angaben darüber machen können, was sie wie in Fahrt bringt. Fakt ist nämlich, dass nur 33 Prozent aller Frauen in Deutschland beim Sex überhaupt zum Orgasmus kommen.
Fast jeder Mann kommt, aber nur jede dritte Frau schafft es bis zum Höhepunkt – das ist auch besonders kurios, weil absolut gesehen Frauen Sexualforschern zufolge eine achtmal größere Orgasmusfähigkeit als Männer haben – trotzdem fällt ihre Höhepunktbilanz eher mager aus. Sind Frauen so kompliziert oder stellen sie sich womöglich nur an? Das wollen wir doch mal genauer wissen.
Was hat es mit dem »kleinen Tod« eigentlich auf sich?
Um den weiblichen Orgasmus ranken sich allerhand Mythen, dass sich Frauen gemeinhin damit etwas schwerer tun, ist fast so etwas wie eine Binsenweisheit. Aber egal ob bei der Frau oder beim Mann: Der Orgasmus ist dabei nicht mehr und nicht weniger als eine reflexartige Reaktion des Nervensystems auf Reizungen des Körpers. Diese bescheren uns neben dem Lustgefühl auch eine Verdoppelung von Herzfrequenz und Blutdruck, Herabsetzung des Schmerzempfindens und eine Verdreifachung der Atemfrequenz. Beim Sex werden außerdem große Mengen des Kuschelhormons Oxytocin ausgeschüttet, das uns wie eine körpereigene Droge berauscht und uns im Idealfall danach zufrieden schnurren lässt
Die Franzosen nennen den Höhepunkt der sexuellen Lust auch »le petit mort«, den kleinen Tod – weil wir beim Orgasmus für einen winzigen Augenblick der Welt entschweben vermutlich. In kaum einer anderen Situation sind wir so nah bei uns und doch so weit weg, wenngleich jeder Mensch den sexuellen Höhepunkt ganz individuell erlebt.
Noch ein bisschen was Technisches zum Aufwärmen sozusagen: Man kann den Orgasmus in vier Phasen einteilen.
- Zunächst kommt die Erregungsphase, ohne die sprichwörtlich gar nichts läuft. Besser bekannt ist sie auch als Vorspiel – und das ist für Frauen ausgesprochen wichtig.
- Danach folgt mit Phase zwei die sogenannte Plateauphase. Das ist eine Art Übergangsphase, in der die Vagina feucht wird und der Körper angespannt ist. Umfragen zufolge kommen viele Frauen selten über diese Plateauphase hinaus. Und erleben demzufolge auch selten einen wirklichen Orgasmus:
- Denn nur wer das Plateau überschritten hat, kommt in die Orgasmusphase, in der sich alle Muskeln in der Scheidenwand schnell zusammenziehen. Bei Frauen kann das im Unterschied zu Männern schon mal dauern.
- Danach senken sich Puls und Atmung. In dieser Rückbildungsphase normalisiert sich dann auch der Blutdruck.
7 Orgasmus-Fakten, die jede Frau kennen sollte
Wie lange sollte das Vorspiel dauern, was macht richtig geil, was turnt eher ab – das sind Fragen, die Sie sich am besten selbst beantworten sollten. Dafür gilt die Devise: Ausprobieren. Ein wichtiger Faktor gerade für Frauen ist die Kommunikation: Wenn Sie Ihrem Partner sagen, wie Sie's gerne hätten, weiß der eher, wo es langgeht. Dazu müssen Sie sich und Ihre erogenen Zonen aber erst einmal selbst kennen. Das andere Standbein für guten Sex ist Wissen – wir fassen mal Einiges zusammen:
- Selbst ist die Frau
- Übung macht die Meisterin...
- Alter spielt eine Rolle
- So lange dauert's
- Alles eine Frage der richtigen (Ein-)Stellung?!
- Toys are us: Sexspielzeuge
- Mit Sport zu sexuellen Höhen
Währenddessen oder danach: Legen Sie selbst Hand an, wenn Sie beim Sex mit Ihrem Partner nicht gekommen sind? Wenn Sie das tun, tut Ihnen das sicherlich gut. Denn Sie kennen Ihren Körper selbst am besten und können Ihrer Lust ordentlich auf die Sprünge helfen, auch während des Liebesspiels. Viele Männer stehen übrigens auch darauf, wenn ihre Sexpartnerin sich nebenbei oder nach dem Geschlechtsverkehr selbst befriedigt. Weltweit kommt das zudem recht häufig vor: Lediglich 26 Prozent aller Frauen erleben den Orgasmus gemeinsam mit ihrem Partner während des Geschlechtsverkehrs. Wenn Frauen allein Hand anlegen, kommen jedoch 81 Prozent von ihnen zum wohlverdienten Höhepunkt.
... das trifft auch für den Orgasmus zu. Frauen, die häufiger Sex haben, sind mit ihren Höhepunkten zufriedener als diejenigen, die sich eher selten ein Liebesspiel gönnen. 88 Prozent derjenigen Damen, die täglich Sex haben, sind mit der Intensität ihres Orgasmus zufrieden. Aber auch Frauen, die sexuell nicht ganz so aktiv sind und nicht jedes Mal zum Höhepunkt kommen, kommen auf ihre Kosten, wenn es denn mal passiert: 67 Prozent sind zumindest mit der Qualität ihres Orgasmus zufrieden.
Deutsche Frauen erleben die intensivsten Orgasmen zwischen dem 25. und 34. Lebensjahr. In dieser Altergruppe sind 68 Prozent mit ihren sexuellen Höhepunkten zufrieden. Bei den 35- bis 44-Jährigen sind es 65 Prozent und bei den 45- bis 54-Jährigen 60 Prozent. Oft haben Frauen angeblich auch überhaupt erst mit Mitte Dreißig ihren ersten Höhepunkt. Erklären lässt sich das damit, dass etwas reifere Damen mit ihrer Sexualität offener umgehen, mehr Übung haben und selbstbewusster an Sex herangehen.
22 Minuten Warmmachen – so viel Zeit sollte beim Vorspiel sein, damit deutsche Frauen beim Sex immer auf ihre Kosten, sprich zum Höhepunkt, kommen. Weltweit betrachtet bevorzugen Frauen ein 19-minütiges Vorspiel. Auch auf die Orgasmus-Intensität hat das Vorspiel Auswirkungen. Vor allem bei einer 20-minütigen Aufwärmphase sind deutsche Frauen zufrieden mit der Intensität ihres sexuellen Höhepunkts. Studien belegen, dass es durchschnittlich zwanzig Minuten dauert, bis eine Frau durch Masturbieren zum Orgasmus kommt. Der Rekord liegt übrigens bei 15 Sekunden.
Die Missionarsstellung mag ja weit verbreitet sein, wenn Sie aber öfter einen Orgasmus bekommen wollen, sollten Sie sich auch mal etwas Besseres einfallen lassen. Die Sex-Stellungen, bei denen Vagina und Klitoris zugleich stimuliert werden können, bringen mehr als simples Rein und Raus. Auch die kopfmäßige Einstellung macht was her: Je lockerer frau an die Sache ran geht, umso entspannter reagiert ihr Körper auf Stimulierung – was in Kombination mit einer guten Sexstellung beste Voraussetzung für einen Orgasmus ist.
Dildo, Liebeskugeln oder Vibrator – für viele Frauen sind Sexspielzeuge ein Schlüssel zur sexuellen Erfüllung. 45 Prozent der deutschen Frauen kommen mit Hilfe von Vibratoren und Dildos immer zum Höhepunkt. Männer bevorzugen schon eher Videos oder Bücher, was nur 34 Prozent der Frauen als Orgasmusbeschleuniger gefällt.
Sport ist gut für die Figur – und für einen Orgasmus. Bei Frauen zumindest, das zeigt eine amerikanische Studie. In der zugrundeliegenden Befragung gaben 124 Frauen an, beim Workout einen Orgasmus gehabt zu haben. Weitere 246 Damen berichteten von sexuellen Freuden und zwar ganz unverhofft und ohne Nachhilfe mit Gegenständen oder Händen. Einzig und allein das Sportprogramm habe die lustvollen Trainingshöhepunkte hervorgerufen. Für die Forscher übrigens Anlass, die wundersame Funktionsweise des weiblichen Orgasmus weiter zu erforschen.
Seltener – aber länger: so kommen Frauen
Ein weiblicher Orgasmus kann einige Sekunden bis zu einer Minute dauern. Eines steht auf jeden Fall fest: Er dauert länger als der männliche. Frauen können die Kontraktionen der Vagina und des Klitorisbereichs auch steuern, indem sie etwa die Beckenbodenmuskeln anspannen. Dadurch lassen sich die Orgasmuswonnen mit ein wenig Übung verlängern. Eine Sache gilt aber für beide Geschlechter: Das Intervall zwischen den Muskelkontraktionen beträgt ganz genau 0,8 Sekunden.
Do the Meg Ryan: Die Sache mit dem Vortäuschen
Wenn's mal bei Frauen nicht so recht klappen mag im Bett, haben sie immer noch die Möglichkeit, kurzen Prozess zu machen: nämlich einen Orgasmus lautstark vorzutäuschen. Männer können das nicht, spätestens bei ausbleibender Ejakulation wird frau doch misstrauisch.
Bei Frauen lässt sich schwer nachprüfen, ob sie nun denn gekommen sind, und viele Männer erkennen auch nicht, ob der Orgasmus gespielt oder echt ist. Amerikanischen Umfragen zufolge hat es fast jede Frau schon einmal getan: Sie hat ihrem Sexpartner ekstatische Wonne beim Verkehr vorgegaukelt. Das Mogeln führt manchmal zu Missverständnissen und interessiert mittlerweile auch die Forscher: Hatte sich bisher hartnäckig die These gehalten, Frauen würden den Orgasmus-Fake veranstalten, um entweder dem Mann seine Qualitäten als Liebhaber zu bestätigen oder um es zügig hinter sich zu bringen, kam jetzt eine US-Forscherin zu der Erkenntnis, das Frauen sich durch das vorgekaukelte Lustgestöhne auch selber in Stimmung bringen. Und unlängst erst hatten britische Forscher auch noch eine andere Wirkung festgestellt: Frauen manipulieren demnach mit ihren fingierten Lustgeräuschen beim Sex das männliche Verhalten – was den Orgasmus des Partners wohl befeuert und so unter Umständen auch die Wahrscheinlichkeit einer Empfängnis fördert.
Und es kommt doch auf die Länge an!
Männer, bitte weglesen – zumindest wenn Ihr bestes Stück unter dem europäischen Durchschnitt von 14,27 Zentimetern im erigierten Zustand liegt. Denn laut einer schottischen Studie kommt es eben manchmal doch auf die Göße an: Bestimmte Frauen, so das Ergebnis, kommen bei einem langen Penis besser zum Orgasmus. Forscher vermuten, das sei darauf zurückzuführen, dass ein längerer Penis eher in der Lage ist, die gesamte Vagina zu stimulieren. Aber nicht vergessen: Größe ist nicht alles, es kommt auch auf die Technik an!
Auch Frauen können ejakulieren
Grundsätzlich sind auch Frauen anatomisch dazu in der Lage zu ejakulieren – allerdings ein bisschen anders als der Mann. Mit dem intensiven Lusterlebnis kann auch bei Frauen stoßweise ein Sekret aus der Vagina ausgestoßen werden. Dass dieses Sekret keinen Samen enthält, ist Tatsache, wie genau es beschaffen ist, scheint aber noch nicht erforscht zu sein. Für den eigentlichen Akt beziehungsweise dessen Folgen spielt es ohnehin eine eher untergeordnete Rolle.
Die Sache mit dem multiplen Orgasmus
Unlängst ging die Geschichte durch die Presse: Eine Amerikanerin musste sich im Krankenhaus behandeln lassen – weil ihr Orgasmus nicht mehr enden wollte. Über drei Stunden lang erlebte sie den Höhepunkt, den sie auch durch Auf- und Abhüpfen nicht unterbrechen konnte. Was wie eine Zeitungsente klingt, ist durchaus möglich. Nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft sind manche Frauen tatsächlich in der Lage, mehrere Höhepunkte hintereinander zu erleben.
In einer Umfrage für ihr Buch »Das Geheimnis der Frauen – Alles über den weiblichen Orgasmus« erfuhren die Autorinnen Élisa Brune und Yves Ferroul, dass 42,7 Prozent der Frauen schon einmal multiple Orgasmen gehabt haben. Dieses Phänomen scheint aber eher selten zu sein und ist von einigen Faktoren abhängig, etwa, wie gut sich die Frau kennt, wie viel Erfahrung sie hat und wie ihre Beziehung zum Partner aussieht.
Analer Orgasmus
Analverkehr ist nicht jedermanns Sache – aber gibt es ihn, den analen Orgasmus bei Frauen? Sexualwissenschaftlern zufolge ist das Lustzentrum der Frau zwar die Klitoris, aber auch der Anus ist hochsensibel und empfänglich für Reize, denn er ist mit vielen hochempfindlichen Nervenenden ausgestattet. Einige Anusmuskeln setzen sich direkt bis zu den Genitalien fort und übertragen die lustvollen Bewegungen und Reibungsreize auch auf andere Körperteile. Die Erregung, die am Anus entsteht, setzt sich vibrierend auf weitere Muskeln fort – was letzlich in der Tat zu einem Orgasmus führen kann.
Orgasmen – Alles nur Kopfsache?
Männern sagt man ja gerne nach, dass sich beim Sex ihr Gehirn automatisch abaschaltet. In der Tat ist das ein bisschen so, gilt aber ebenfalls für Frauen. Denn das subjektive Orgasmuserleben spielt sich im Gehirn ab. Die Genitalien sind nur ein Werkzeug, ein Hilfsmittel auf dem Weg zur Aktivierung des Gehirns. In einer Studie fanden Wissenschaftler heraus, dass der Orgasmus bestimmte Hirnareale deaktiviert: So schalten sich das Wachsamkeitszentrum und das Angstzentrum aus. Außerdem beobachteten die Forscher eine Deaktivierung der Gehirnareale, die an der Verarbeitung von Emotionen beteiligt sind und ein Nachlassen der Bereiche, die etwas mit dem Moralverhalten und der Urteilsfähigkeit zu tun haben, was also durchaus zu einer Minderung der Urteilsfähigkeit und des Denkens führen würde.
Intelligent zum Höhepunkt
Dumm, aber gut im Bett? Kommt darauf an, was Sie unter gut verstehen. Wenn Sie damit befriedigenden Sex meinen, trifft das zumindest auf Frauen nicht zu. Denn je gebildeter die Frau ist, desto häufiger hat sie nämlich befriedigenden Sex. Für einen Orgasmus spielt dabei der Reichtum des Mannes keine Rolle, das fanden Forscher der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität heraus. Davor galt eher das Klischee von der etwas einfältigen, aber allzeit bereiten Frau – was damit widerlegt zu sein scheint. Vielleicht sind kluge Frauen auch in Sachen Sex so überlegt, sich schlau zu machen, um besser zum Höhepunkt zu kommen.
Orgasmusprobleme: Lustbremse Gene
Viele Frauen kommen beim Sex nicht so ohne Weiteres zum Höhepunkt – bislang wurden vor allem psychische und soziale Faktoren dafür verantwortlich gemacht. Eine britische Studie zeigt nun, dass auch die Gene eine große Rolle spielen: Mindestens ein Drittel der weiblichen Orgasmusschwierigkeiten beim Geschlechtsverkehr soll demnach erblich bedingt sein.
In der Studie konnte ein genetischer Einfluss auf die Orgasmusfähigkeit Frauen nachgewiesen werden: Schätzungen zufolge ist die Schwierigkeit, beim Geschlechtsverkehr zum Höhepunkt zu kommen, zu 34 Prozent erblich bedingt. Bei der Selbstbefriedigung beträgt der Erblichkeitsanteil sogar 45 Prozent. Daraus schließen Forscher, dass die Orgamusfähigkeit von Frauen auch genetisch bedingt ist und nicht nur kulturelle oder seelische Ursachen hat.
Kopf gegen Körper?
Ein anderer wichtiger Faktor ist das Kopfkino. Frauen sind insgesamt kritischer mit sich selbst, gerade auch beim Sex. Um so richtig in Laune zu kommen, müssen Gedanken über Aussehen, Gerüche und Geräusche erstmal ausgeschaltet werden – was vielen Frauen offensichtlich schwer fällt. Entweder sind es Minderwertigkeitskomplexe (ich bin zu dick, der Busen ist zu klein, am Po ist Cellulite, meine Beine sind so blass...), Versagensängste (vielleicht gefalle ich ihm nicht, mache was falsch, gehe nicht genug ran...) oder einfach Alltagsstress, der den Höhepunkt oder zumindest den Weg dorthin verhindert.
Hinzu kommt das sexuelle Verlangen – das bei Frauen angeblich weniger ausgeprägt sein soll als bei Männern. Die sollen Studien zufolge im jungen Alter im Durchschnitt 19-mal pro Tag an Sex denken, wohingegen der jungen Frauen nur zehnmal täglich in den Sinn kommt. Immerhin, möchte man meinen. Allerdings sind Denken und Tun zwei verschiedene Paar Schuhe.
Eine Frage des Verlangens?
Manches ist womöglich auch einer bestimmten Disposition bei Frauen geschuldet. Das zumindest resümiert Kayt Sukel. In Schmutzige Gedanken beschäftigt sie sich mit neurobiologischen Forschungen zur weiblichen Sexualität. Und da sei zu Tage gekommen, dass 10 Prozent aller Frauen im mittleren Alter die diagnostischen Kriterien für eine hypoaktive Sexualfunktionsstörung, kurz HSDD, aufweisen. Was nichts anderes heißt, als dass diese Frauen ein sehr geringes erotisches Verlangen haben und dadurch kaum Interesse an Sex – Orgasmus hin oder her.
Das kann phasenweise sein – etwa vor großen Lebensveränderungen – oder langfristig. Jedenfalls beeinflusst es die Orgasmusfähigkeit ganz entscheidend. Was aber laut Forschungsergebnissen noch entscheidender ist, ist die individuelle Motivation zum Sex: Und dabei spielen auch die Beziehung, das Alter, die Kultur und die Umstände eine wichtige Rolle.
Fakt ist laut Sukel außerdem, dass sich Sex sowohl bei Frauen als auch bei Männern im Gehirn abspielt. Einen Orgasmus zu erreichen, erfordert eine Vielzahl von kognitiven, emotionalen und sensorischen Komponenten. Der Orgasmus sei eine Erfahrung, bei der das ganze Gehirn beteiligt ist, schreibt sie. Und zwar bei Frauen und auch Männern. Stress, Unbehagen und andere psychische Störfaktoren können die Empfänglichkeit für sexuelle Stimulation erheblich beeinträchtigen – ebenso wie natürlich körperliche Aspekte.
Sex auf den ersten Blick?
Apropos körperliche Aspekte: Es gibt auch Ansätze dazu, die Orgasmusfähigkeit einer Frau auf den ersten Blick festzustellen. So soll etwa die Lippenform Auskünfte darüber geben: In einer Umfrage sagten 95 Prozent der Frauen mit einem ausgeprägten Cupido-Bogen, also einer U-förmigen Einkerbung in der Mitte der Oberlippe, dass sie durch Sex zum Orgasmus kommen könnten. Aber nur sechzig Prozent der Damen ohne deutlich geschwungene Lippen behaupteten dies von sich.
Sexologen meinen außerdem herausgefunden zu haben, dass Mann am Hüftschwung die orgasmische Reife einer Frau erkennen kann. Wackelt die lasziv mit ihren Hüften, kommt sie auch ganz gut zum Orgasmus – und zwar zum vaginalen Orgasmus:
Vaginal oder klitoral – gibt es den großen Orgasmusunterschied?
Jeder Orgasmus ist ein bisschen anders – in seiner Intensität, in seiner Länge, in seiner Qualität. Wenn es denn kommt, ist es eigentlich egal, ob vaginal oder klitoral – viele Frauen erkennen gar nicht mal einen deutlichen Unterschied. Zumal etwa 80 Prozent aller Frauen nur durch äußere Stimulation der Klitoris zum Orgasmus kommen, auch beim Geschlechtsverkehr selbst.
Was also ist dran an der Sache? Rein theoretisch unterscheiden sich die beiden Orgasmusformen durch die Art der Kontraktionen: Beim vaginalen Orgasmus zieht sich der obere Bereich der Scheide zusammen und der untere Bereich weitet sich – die Gefühle sind dabei angeblich stärker und intensiver als beim klitoralen Orgasmus. Wie frau aber dahin kommt, ist manchmal gar nicht so verschieden: Orgasmen, die durch klitorale Stimulation ausgelöst werden, sind nämlich leichter zu erreichen, da die Klitoris mehr als 8.000 sensorische Nervenenden besitzt und damit wesentlich mehr ist als jeder andere Teil des Körpers.
Und was ist jetzt geiler?
Bei der Frage scheiden sich die Geister. Viele Frauen erleben häufig immer nur den klitoralen Orgasmus und können quasi kaum vergleichen. Die Klitoris sollte man auch nicht unterschätzen, denn sie gilt als das wichtigste Lustorgan, und viele halten nach wie vor die klitorale Stimulation zumindest für den Königsweg zur Befriedigung weiblicher Lust.
Genau genommen ist die Unterscheidung zwischen vaginalem und klitoralem Orgasmus auch überflüssig. Die Klitoris als Lustzentrum reicht nämlich weit in den Körper hinein und wird bisweilen – je nachdem, wo sie anatomisch bei der jeweiligen Frau gelagert ist – auch bei der Penetration durch den Penis stimuliert. Die Scheidenwände dagegen sind an sich eher nervenarm. Demzufolge ist auch ein vaginaler Orgasmus eigentlich ein klitoraler Orgasmus, weil die Klitoris von innen stimuliert wird. Jedoch gibt es aber doch einen spürbaren Unterschied: Frauen empfinden den vaginalen Orgasmus als intensiver und länger, er kommt langsamer und breitet sich im ganzen Körper aus. Der klitorale Höhepunkt dagegen ist eher mit einem Strohfeuer vergleichbar: schnell sehr intensiv und »hell« und meist auf den Körperrumpf beschränkt.
Der geheimnisvolle G-Punkt – gibt es ihn wirklich?
Gute Frage. Beantworten kann sie derzeit wohl keiner. Der G-Punkt, der angeblich hochempfindlichste Lustpunkt bei der Frau, benannt nach dem deutschen Gynäkologen Ernst Gräfenberg, kommt immer wieder ins Gespräch – aber so richtig orten konnte ihn bisher keiner. Gräfenberg will den G-Punkt, der sich an der oberen Scheidenwand ungefähr fünf Zentimeter von der Scheidenöffnung entfernt befinden soll, 1950 entdeckt haben. In der Praxis herrscht kein Zweifel daran, dass sich ein Orgasmus durch Stimulation der vorderen Scheidenwand auslösen lässt, zumindest bei manchen Frauen.
Da die Oberfläche der Scheidenwand keine Nervenenden besitzt, muss man sich dabei an andere, tiefer liegende sensorische Punkte halten, die nicht auf einfach Penetration, sondern etwa auf Druck ansprechen. Am besten geht dies mit dem Finger oder einem gekrümmten Gegenstand, aber nicht unbedingt mit dem Penis des Mannes.
In der Forschung ist man sich bis heute über den G-Punkt nicht so recht einig. 2010 kam ein Gynäkologie-Kolloquium in Frankreich zu der Erkenntnis, dass niemand mit Gewissheit sagen kann, was der G-Punkt eigentlich is – ss gibt nur Hypothesen darüber. In einer amerikansichen Umfrage gaben 65 Prozent der Frauen an, sie könnten die Lage ihres G-Punkts genau bestimmen. Wobei wir wieder mal bei der Individualität wären: Es gibt nicht den Sexdruckknopf bei Frauen, wo und wie sie am besten stimuliert werden, ist von Frau zu Frau sehr verschieden.
Die große O-Frage: eine richtig schöne Sache
Man(n) und Frau kann es drehen und wenden, wie er oder sie will – letztlich ist jeder für seinen eigenen Orgasmus mindestens mitverantwortlich. Wenn es mal nicht klappt, liegt das selten definitv am Partner, meist ist es eine Kombination aus vielen Faktoren.
Die weibliche Sexualität insgesamt ist sehr komplex, ein faszinierendes Zusammenspiel vieler Faktoren. Ebenso verhält es sich mit dem Orgasmus. Nimmt man Untersuchungen dazu zusammen, ergibt sich, dass ein ganz wichtiger Aspekt der ist, seine eigene Lust zu kennen. Frauen, die ihren Körper und damit ihre individuellen Lustzentren erforschen und dann auch noch ihrem Partner mitteilen, was ihnen gute Gefühle beschert, sind insgesamt zufriedener mit ihrer Sexualität – und erleben häufiger Orgasmen. Auch hier gilt: Probieren geht über studieren. Alles nichts wie ran an die Sache, liebe Frauen.