Unser Buchtipp des Soziologen Jean-Claude Kaufmann

Sex@mour: Wie das Internet unser Liebesleben verändert

Kurzbeschreibung

Jean-Claude Kaufmann ist Soziologe an der Pariser Sorbonne und in dieser Funktion Forscher in Liebesdingen. In vielen Sachbüchern hat er sich mit Beziehungsproblemen und moderner Partnerwahl befasst. Immer wieder stieß er dabei auf die Bedeutung des Internets im Liebesspiel der Geschlechter. Grund genug, dem Thema eine eigene Untersuchung zu widmen: Resultat ist dieses Buch, in dem Kaufmann anhand von Beispielen aus dem »echten« virtuellen Liebesleben beschreibt, wie sehr das Internet unsere persönlichen Begegnungen beeinflusst.

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An wen richtet sich die Buchempfehlung?

Was halten Sie eigentlich von virtuellen Dates, Cyber-Affären und digitalen Liebesspielchen? Sind Sie der Meinung, das Internet böte einen prall gefüllten Warenkorb mit verheißungsvollen Schätzen feil? Oder finden Sie, die Partnersuche im Zeitalter des Online-Datings verkomme zur wahllosen Bauchnabelschau? Ganz gleich, welche Auffassung Sie vertreten – dieses Buch liefert Ihnen anhand vieler Fallbeispiele Einsichten in verschiedene Ansichten. Wenn Sie einen Blick hinter die Kulissen moderner Datingpraxis werfen möchten, finden Sie in Jean-Claude Kaufmanns soziologischen Ausführungen viele Hintergrundinformationen.

Erkenntnisse aus diesem Sachbuch

Online-Dating sei zum Volkssport geworden und habe die Kontaktanbahnung revolutioniert, schreibt Jean-Claude Kaufmann. Oft ist nämlich der erste scharfe Chat von der heißen Bettnummer lediglich einen Mausklick entfernt. Und ist das nun gut oder eher schlecht? Kaufmann lässt Surfer, Chatter und Kontaktbörsenbesucher für sich selbst sprechen. Er hat unendlich viele Datingportale und Foren gesichtet, sich in die weite Welt der Sex@mour begeben. Eine Erkenntnis: Wir stehen am Anfang eines tiefgreifenden Sittenwandels. Aber Beziehung, Ehe oder die Liebe als Wunschtraum vieler Menschen werden dennoch nicht infrage gestellt.

 

Produktinformationen

  • Titel: Sex@mour: Wie das Internet unser Liebesleben verändert
  • Gebundene Ausgabe: 194 Seiten
  • Verlag: Uvk; Auflage: 1. Auflage (14. September 2011)
  • ISBN-10: 3867642834
  • ISBN-13: 978-3867642835
  • Preis: EUR 19,99

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Ausführliche Beschreibung

Zeig's mir, gib's mir, mach's mir: Exkursion in den Begierdediscount

Als Ethnologe, der eine unbekannte Welt entdeckt, habe er sich dem Thema genähert, schreibt der 1948 geborene Autor. Er tauchte tief in den unendlichen Ozean des Internets ein, Chats, Foren und Bloggs durchsurfte er auf Materialsuche. Immer mit dem Wissen um die Fragwürdigkeit des Gefundenen – denn im Netz geht alles. Liebessuchende Surfer können lügen, täuschen und verschweigen. Sie können sich neue Identitäten wie schickes Schuhwerk überziehen und im Kampf um das Eine (was immer das sein mag) falsche Liebesköder auslegen und schwere Erotikgeschütze auffahren.

Wobei wir schon beim Punkt wären: Das Liebesleben 2.0 ist ein Begierdediscount der Superlative, in dem wenige Wünsche offen bleiben. So mag es jedenfalls den Anschein haben. Im World Wide Web ist doch für jeden etwas dabei: Sex, Sex und nochmal Sex für Vögelfans, poetisches Gesäusel für Romantiker, Heiratskandidaten für Bindungswilige.

Was dahinter steckt: We all need somebody to love

Der eigentliche Antrieb, so Kaufmann, bleibe aber derselbe: Wir möchten lieben. Und geliebt werden. Diesem zutiefst menschlichen Bedürfnis stehen heutzutage unglaublich viele verschiedene Möglichkeiten, es zu befriedigen, gegenüber. Eigentlich ist das ja gut. Wenn man die Mechanismen der Liebe kennt und weiß, worauf man sich einlässt.

2.0 Romanzen würden zwar per Maus und Computerbildschirm angeleiert. Aber im Idealfall müssten sie irgendwann den Sprung ins richtige Leben schaffen. Und daran scheitern viele, die sich virtuelle Liebeshoffnungen machen, schreibt Kaufmann. Nicht ohne Grund gehen ihm zufolge etwa ein Viertel aller Nutzer von Kontaktbörsen niemals zum Date. Online-Flirten wird häufig nur zum Selbstzweck praktiziert und mündet nicht in einen echten Kontakt. Eine mögliche Erklärung dafür: Die Erwartungen, die per E-Mail oder Chat geweckt werden, halten nicht immer der Realität stand. Online kann jeder die geile Sexgöttin sein oder der dauerpotente Testosteronhengst – auch wenn in Wirklichkeit die biedere Hausfrau vor dem Bildschirm sitzt und der einsame Kerl mit Errektionsstörungen in die Tasten haut.

Viele scheuen dann davor zurück, das Bild, das sie sich am heimischen PC vom Chatpartner gemacht haben, an der Realität zu messen. Aus Angst vor Enttäuschung oder auch aus Furcht, selber den Ansprüchen nicht zu genügen.

Von Verabredungsflops und peinlichen Dates

Wer auf Internetportalen oder in Chats was Passendes zum Lieben sucht, der hat es erstmal leicht. Denn anders als bei einer realen Begegnung ermöglicht der digitale Kontakt eine Distanz, durch die man sich sicher fühlt.

Trifft man jemanden in freier Wildbahn, gibt man mehr von sich preis, als man vielleicht möchte. Aussehen, Stimme, Gestik, Klamottenstil - alles wird vom Gegenüber begutachtet und fließt ein in die Bewertung, ob der andere was für einen ist. Wie viel einfacher scheint es da zu sein, sich im Netz peu à peu zu öffnen, Geheimnisse zu bewahren, Unschönes zu verschweigen und Attraktives hervorzuheben.

Im echten Leben kann genau das zum Fallstrick werden. Denn aus der Distanz, die oft geschürt wird durch die Banalität des willkürlichen Kontakts, muss nun Nähe werden. Da aber meist beide alles dafür tun, sich vorher im besten Licht zu präsentieren und sich virtuell nur von der Schokoladenseite zeigen, wird das erste Date mitunter zum letzten – wenn es überhaupt so weit kommt.

Zu regelrechten Verabredungsflops komme es recht häufig, konstatiert Kaufmann. Oft werden Online-Dater beim ersten Treffen versetzt. Als Grund dafür hat der Soziologe vor allem ausgemacht, dass ein Treffen nicht bloß die Fortsetzung des Online-Kontakts ist. Sondern ein Neustart, bei dem die Karten trotz aller vorangegangenen virtuellen Annäherungsversuche noch einmal völlig neu gemischt werden. Viele springen dann ab, wenn sie den Dating-Partner am Treffpunkt erspähen oder weil sie doch noch kalte Füße bekommen, bevor es losgeht.

Ans Eingemachte geht es ohnehin erst bei einer wirklichen Begegnung. Peinlich kann es dann werden, wenn man mit Lug und Trug online punkten wollte oder dem anderen allerhand vorgegaukelt hat. Mal abgesehen davon, dass auch einfach nur die Chemie nicht stimmen kann. Und gerade das kann man per Liebeschat nur bedingt abklären.

Wissen, findet Kaufmann, kann hier ziemlich hilfreich sein. Wir wünschen uns zwar alle Liebe. Aber nicht jeder, der sich auf einschlägigen Seiten im Internet tummelt, will eine wirkliche Beziehung außerhalb der virtuellen Grenzen. Zeit für einen genaueren Blick auf die Liebessurfer. Derer gibt es drei, schreibt Kaufmann.

Wer dahinter steckt: Typologie der Liebessurfer

  • Zur ersten Gruppe gehören diejenigen, die sich gerne online austauschen, denen es Spaß macht, den anderen auf diese hippe Art kennenzulernen, die aber ein face-to-face Date anstreben. Diese Liebessurfer nutzen das Internet als Kontaktbörse zur Einleitung erster Schritte und wissen um die hohe Täuschungsgefahr. Was geht, zeigt sich für sie tatsächlich erst beim ersten Date.
  • Die zweite Gruppe ist nur scharf auf die reale Begegnung, und dabei geht es vorwiegend um Sex ohne Wenn und Aber. Diesen Internetschürzenjägern, wie Kaufmann sie nennt, bereite der süffisante Online-Flirt zwar durchaus Genuss. Sie haben es aber letzlich nur auf den körperlichen Akt abgesehen.
  • Die dritte Gruppe wiederum legt genau darauf überhaupt keinen Wert und zelebriert den Zauber der Liebe auf Distanz. Diese Anhänger der hundertprozentigen Digitalliebe sind zwar laut Kaufmann in der Minderheit. Aber sie existieren als eine Sorte Surfer, die sich platonisch im Netz austoben.

»Was zählt, ist die innere Schönheit.«, das sei einer der am meisten propagierten Regeln in Online-Kontaktbörsen. Schön und gut, wir möchten ja alle nicht aufs Äußere reduziert werden. Aber gerade das spielt bei einer tatsächlichen Begegnung eine nicht zu unterschätzende Rolle: Lassen sich überflüssige Pfunde per Foto noch gut kaschieren, das wahre Alter geschickt verbergen oder harte Gesichtszüge durch die perfekte Perspektive weichzeichnen, kann von Angesicht zu Angesicht dann doch das böse Erwachen kommen. Was virtuell gefällt, kann in echt unschön rüberkommen.

Im Chat kann man sich den anderen durchaus schön schreiben und sich so seine ganz intimen Vorstellungen machen. Und auch laut herausposaunen, dass ein guter Charakter wichtiger ist als große Oberweite. Ob das tatsächlich so ist, stellt sich dann oft erst später heraus.

Anderes Kennenlernen – andere Regeln

Soweit das theoretische Vorspiel. Aber wie läuft es denn so ab, das erste Date nach dem Online-Treffen? Auch hier hat Kaufmann Untersuchungen angestellt. Und dabei festgestellt, dass viele Regeln des (sexuellen) Miteinanders durch die besondere Art der Kontaktanbahnung ausgehebelt werden. Denn die Etappen einer Liebesbeziehung werden nicht immer eingehalten. Im echten Leben gilt häufig: Man sieht sich, man unterhält sich, man küsst sich, man geht ins Bett. Vielleicht nicht immer genau in dieser Reihenfolge, aber so ungefähr etwa.

Im Internet geht es oft ziemlich schnell zur Sache. Man wird schon eindeutig zweideutig, bevor man sich überhaupt gesehen hat. Bei einem anschließenden Treffen ist man sich so unter Umständen schon verdammt nahe gekommen und hat erotische Wünsche ausgetauscht oder gar entsprechende Pläne gemacht. Da scheint es überholt, sich Gedanken darüber zu machen, wann bei einem übers Internet arrangierten Rendezvous der erste Kuss fällig ist oder sich Körperkontakt ziemt. Beides wurde manchmal sogar schon vorab ausgehandelt, schließlich versucht man ja einen Partner zu erhaschen, der besonders viele (erotische) Gemeinsamkeiten mit einem teilt.

Interessanterweise hat Kaufmann aber festgestellt, dass die Liebessurfer sich trotz der Freizügigkeit des Mediums Gedanken darüber machen, was bei einem Online-Date erlaubt oder gar redlich ist. Eifersucht, Enttäuschung und Liebeskummer existieren auch beim Online-Dating – trotz aller Offenheit.

Besonders auf dem Gebiet der Lust und der Sexualiät habe das Internet Großes in Gang gesetzt, sagt Kaufmann. Es kann die Liebeswerbung verkürzen und Sex beschleunigen. Nichtsdestotrotz, so Kaufmann, blieben Frauen Frauen und Männer Männer – mit ihren ganz spezifischen Herangehensweisen an die Liebe.

Nach Auswertung unendlich vieler hochemotionaler Chats kommt der Soziologe zu der Erkenntnis, dass das Internet zwar den Vorgang des Kennenlernens revolutioniert hat. Aber Liebe und Gefühle nicht völlig verändern kann.

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Das Internet verändert unser Liebesleben

Buchcover: Sex@mour: Wie das Internet unser Liebesleben verändert

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