Ludwigshafen steht als relativ junge Siedlung im Schatten historischer Romantik-Hochburgen wie Mannheim oder Heidelberg und musste sich daher etwas einfallen lassen, um nicht ewig als hässlichste Rheinstadt Süddeutschlands zu gelten. Da sich aber nun mal die Chemie-Industrie nicht wegretuschieren lässt, haben die Ludwigshafener einen kreativen Spagat hingelegt und die z.T. opulenten Vorkriegsbauten der Konzerne in romantische Restaurants, Veranstaltungsorte und Open-Air-Gelände verwandelt.
Ein weiterer Nebeneffekt der Tradition als »Arbeiterstadt«: zivile Preise. Ein Romantikausflug lässt sich hier für erfreulich wenig Geld realisieren. Und dank der Rheinauen gibt es sogar idyllische Natur direkt vor der Tür.
Gourmet-Romantik im ehemaligen Arbeiterviertel...
Vor zehn Jahren eröffnete der passionierte Spitzenkoch Gregor Ruppenthal sein Restaurant »Marly« im Arbeiterviertel Hemshof. Der Stadtteil gilt inzwischen als Altstadt Ludwigshafens und beherbergt zahlreiche Kneipen und Bistros. Viele der Gründerzeit-Gebäude stehen unter Denkmalschutz.Damals ahnte der ambitionierte Koch nicht, dass sich seine erlesene französisch-deutsch-mediterrane Küche zu einem kulinarischen Geheimtipp entwickeln würde. Um der rasant steigenden Nachfrage gerecht werden zu können, zogen Koch und Küche um in die Welserstraße 25. Gleiche Gegend, gleicher Name, noch schöneres Restaurant – und die sinnlichsten Kompositionen, die Sie sich für ein romantisches Dinner (oder Mittagessen) wünschen können! Für die Qualität der Zutaten verbürgt sich Ruppenthal persönlich. Die Meeresfrüchte werden frisch von der Atlantikküste geliefert, Fleisch und Gemüse stammen von Bauern aus dem Ludwigshafener Umland.
Die Atmosphäre im »Marly« ist mit nur 10 Tischen geradezu intim, Sie sollten also unbedingt reservieren. Im Sommer können Sie auch auf der Terrasse zwischen Olivenbäumchen speisen, dem Grillenzirpen lauschen und sich wie in der Provence fühlen.
...oder in der schönsten Kantine Europas?
Ob Sie’s glauben oder nicht: Die BASF, der größte Chemiekonzern der Welt, besitzt ein hauseigenes Nobelrestaurant. Das sogenannte »Gesellschaftshaus« in der Wöhlerstraße dient den Konzernbossen und ihren Geschäftspartnern hin und wieder als Kantine und für formelle Dinner-Veranstaltungen. Doch die prächtige Villa ist auch ein öffentliches Restaurant. Zum Glück für alle Romantiker! Der idyllische Park, das Schloss-Ambiente mit Marmor, breiten geschwungenen Treppen, Kronleuchtern, antiken Möbeln – ein eleganter Rahmen für Ihr Candlelight-Dinner. Dabei ist das »Gesellschaftshaus« keineswegs etepetete, im Gegensatz zu anderen Restaurants mit derart luxuriösem Ambiente! Auf der Speisekarte tummeln sich Gaumenfreuden aus der internationalen Haute Cuisine. Und im hauseigenen Weinkeller lagern über zwei Millionen Flaschen ausgesuchter Weine.Romantisch übernachten? Gar nicht so einfach hier...
Zum BASF-Imperium gehört nicht nur das »Gesellschaftshaus«, sondern auch das »René Bohn Hotel« in der gleichnamigen Straße. Es gilt als schickstes Business-Hotel der Stadt. Hier werden rauschende Ballnächte, Hochzeiten und Geschäftsabschlüsse gefeiert. Das Doppelzimmer kostet ab 160 Euro. Okay, Business-Hotel klingt nicht romantisch. Nur: Echte Hotelromantik gibt’s leider in Ludwigshafen keine. Verliebte Paare scheinen für diese Stadt kein Wirtschaftsfaktor zu sein. Wer kann, weicht traditionell nach Mannheim, in die ländliche Pfalz oder nach Heidelberg aus. Die Hotelszene konzentriert sich daher auf Geschäftsreisende.Eine preiswertere Alternative ist das »Gartenstadt-Hotel« in der Maudacher Straße. Das Doppelzimmer bekommen Sie ab 80 Euro, und auch wenn das Hotel eher schlicht aussieht, bietet es immerhin Sauna, Schwimmbad und Sonnenbank für Gäste.
Im »Ebertpark-Hotel« in der Kopernikusstraße (DZ ebenfalls ab ca. 80 Euro) genießen Sie auch keine allzu üppige Romantik, dafür haben Sie bei diesem privat geführten kleinen Hotel den Park direkt vor der Tür. Und der ist mit seinen großen Springbrunnen, den Vogelvolieren und dem Willersinnsee eine weitläufige, grüne Oase, in der Sie locker den ganzen Nachmittag verträumen können.
Wie wäre es mit einer romantischen Kutschfahrt?
Was in New York und Wien längst ein Klassiker ist, haben die Ludwigshafener nun auch für sich entdeckt: Stadtrundfahrten mit der Pferdekutsche. Lachen Sie nicht, die Touren sind wirklich interessant – und Sie brauchen sich die schönsten Seiten der Innenstadt nicht zu suchen, sondern werden hochherrschaftlich hinkutschiert. Ganz nebenbei erfahren Sie Wissenswertes über die Geschichte der Stadt. Das Vergnügen kostet 13,50 pro Person, Termine werden mit der Veranstalterin Elke Galle direkt unter Telefon 0621-677621 vereinbart.Und danach: Ab auf die Insel
Die Parkinsel Ludwigshafen ist seit 2001 Schauplatz einer Kulturveranstaltung mit dem klangvollen Namen »Inselsommer«. Unter ehrwürdigen Bäumen werden im Juni und Juli Literatur, Musik und Kunst aus allen möglichen Sparten dargeboten. Besonders schön sind die improvisierten unplugged-Konzerte zum Sonnenuntergang!Aber auch zu anderen Jahreszeiten können Sie auf der Parkinsel eine kleine romantische Auszeit nehmen. Im Traditionsrestaurant »Insel-Bastei« werden feinbürgerliche und regionale Spezialitäten serviert. Vom Rheinstrand und dem ehemaligen Zollhafen aus bietet sich ein schöner Blick auf das Mannheimer Schloss. Am Südufer können Sie im Moment nur eingeschränkt entspannen, weil hier derzeit einige neue Stadtvillen und Wohnungen entstehen. Zum Glück ist die Insel groß genug, und weiter oben, wo sich auch ein Vogelschutzgebiet befindet, finden Sie viele stille Winkel am Ufer, in denen man bei Vogelgezwitscher und glitzerndem Wasser die Nähe der vielen Fabriken komplett vergessen kann.
Gepflegt ausgehen im Kulturdreieck
Gemeint sind das Hackmuseum, die Staatsphilharmonie und das Theater im Pfalzbau im Zentrum der Stadt. Hier kann es Ludwigshafen locker mit den anderen Musical- und Theaterstädten Deutschlands aufnehmen. Im Theater lohnen sich vor allem die modernen Musiktheater-Inszenierungen. Das Hackmuseum ist schon von außen ein Augenschmaus: die Fassade mit den bunten Steinzeug-Kacheln wurde von Joan Mirò höchstpersönlich gestaltet. Ausgestellt werden hier vor allem expressionistische, surreale Werke, aber auch mittelalterliche Sakralkunst, die z.T. sogar mit dem regionalen Umfeld verbunden ist.In direkter Umgebung der drei Kulturtempel befinden sich schöne Anlaufpunkte für einen romantischen Abend. Das »Café Peach« in der Bismarckstraße ist eigentlich keines, sondern eine knuffige, stylish eingerichtete Bar und berühmt für erstklassige Cocktails. Samstags ab 19 Uhr wird hier statt à la Carte ein Themen-Buffet serviert, ob amerikanisch, toscanisch, griechisch oder schweizerisch. Sonntags können Sie von 10 bis 14 Uhr ausgiebig brunchen.
Der »Oktagon KulTurm« ist, nun ja, ein ausgesprochen hässliches Relikt weniger friedlicher Zeiten. 1942 hieß der Turm schlicht »Ziviler Luftschutzbunker Nr. 20« und diente gleichzeitig als Wasserspeicher mit zwei Millionen Litern Fassungsvermögen. Umso faszinierender ist das, was hinter den grauen, unsprengbaren Mauern vorgeht! Die durch Video- und Lichtinstallationen mystisch beleuchtete Lounge und Bar wird von einem künstlichen Bach samt Trockeneisnebel durchflossen. Auf der Bühne finden regelmäßige Live-Konzerte statt (dank vibrationsfreier Gemäuer in spitzenmäßiger Soundqualität!). Am Fuße des Turms befindet sich eine dreistöckige Terrasse inklusive Liegewiese und zwei überdachter Sandstrände, auf denen Sie bei jedem Wetter bei Musik und Drinks entspannen können. Der Betreiber bietet auch Führungen durch die nicht-öffentlichen Teile des Bunkers an. Fragen Sie danach, die Atmosphäre ist wirklich intensiv...
Und noch ein Turm mit interessantem Innenleben: der »Turm 33« in der Maxstraße. Ursprünglich einer der Türme der Lutherkirche, bietet er heute Raum für das Restaurant »Torre de Angelo«. Hier treffen sich Künstler und Kreative zum gepflegten Essen und Kommunizieren bis in die Nacht hinein. Ausstellungen und Lesungen, Kleinkunst und Musik, und all das bei angenehm stiller, niveauvoller Atmosphäre. Das »Turm 33« am schönen Lutherplatz mit seinem geschichtsträchtigen Brunnen wirkt ein bisschen so, wie die Cafés am Prenzlauer Berg früher waren.
»One Night in Heaven« in der Klangfabrik Yorkstraße ist ein Nachtprogramm, in dem Erotik ganz subtil die Hauptrolle spielt. Beim Partyprogramm »for Gay, Lesbians and Friends« geht es darum, in zwangloser Atmosphäre und bei guter Musik Leute kennenzulernen, mit denen man eventuell auch den nächsten Teil der Nacht verbringt. Besonders schön: Niemand baggert aggressiv, die Stimmung ist zwar erotisch aufgeladen, aber immer herzlich und entspannt. Sie dürfen sich also auch einfach nur mit ihrem Schatz amüsieren und den bunten Paradiesvögeln auf der Tanzfläche zuschauen...
Nochmal Lust auf einen scharfen Snack zur Mitternacht? Dann statten Sie dem »New Thai Way« einen Besuch ab. Hier müssen Sie allerdings ganz, ganz tapfer sein: Sie essen nicht nur lecker authentisch thailändisch, sondern dürfen Ihrem Schatz auch gleich ein Ständchen bringen. Das Restaurant ist nämlich gleichzeitig eine kultige Karaoke-Bar. Kneifen gilt nicht!
Wenn Sie lieber anderen das Singen überlassen: Im »O-Zone« in der Bahnhofsstraße gibt’s entspannenden Elektropop, in der »Music Hall« in der Kirchenstraße tanzen Sie zu solider 80er Jahre Musik, und im »Climax Rock Club« in der Mundenheimer Straße wird das gespielt, was viele nur aus dem Plattenschrank ihrer Eltern kennen: Rockmusik für Erwachsene. Von Yes bis Kansas, von Gentle Giant bis Rush. Ein schöner, nostalgischer Soundtrack also für Ihre Romantiknacht.
Fazit: Ludwigshafen bietet verliebten Paaren eine herzliche, sympathische Hemdsärmeligkeit. Den großen Auftritt überlässt die Stadt gerne ihren schicken Nachbarn. Hohe Preise und Busladungen voller Touristen ebenso. Was dazu führt, dass Ludwigshafener Szene-Clubs, Restaurants und Parks nie überlaufen sind, nicht mal am Wochenende.