Partnerwahl: Warum sich Gegensätze nicht anziehen
Die klassische Gesichtsanalyse besagt, dass wir uns am leichtesten in jemanden verlieben, der uns ähnelt. Die Portraitmalerin Suzi Malin hat diese Theorie verfeinert und herausgefunden, dass es verschiedene Typen der »Ähnlichkeit« gibt. Am auffälligsten ist sie bei sogenannten »Echo-Paaren«. Hier stimmen einige Gesichtsmerkmale fast 1:1 überein: Augenbrauen-Schwung, Kinnform, kleine Nasenlöcher, volle runde Lippen, nach unten gezogene innere Augenwinkel. Berühmte Echo-Paare sind z.B. Victoria und David Beckham oder Steffi Graf und Andre Agassi.
Eine andere Form der optischen Anziehungskraft besteht bei »Prima Copula«-Paaren (lat. »erste Bindung«). Hier erinnert uns der Partner an eine Schlüsselperson aus unserer Kindheit. Interessanterweise handelt es sich meist nicht um einen Elternteil. Das könnte daran liegen, dass Kinder sich nicht vorschreiben lassen, wen sie wichtig finden und sich ihre eigenen Bezugspersonen suchen, z.B. Verwandte, Bekannte der Eltern, Nachbarn, Lehrer oder das Kindermädchen.
Ein seltenes Glück erleben »Harmonie-Paare«. Sie erkennen bei der ersten Begegnung im Gesicht des Gegenübers etwas, das sie als charakteristisch für sich selbst betrachten. Nicht unbedingt ein plakatives optisches Merkmal. Es kann auch subtil sein, die Art des Lächelns, eine typische Kopfhaltung, eine unbewusste Handbewegung. Paare vom Harmonie-Typ beschreiben das Gefühl bei der ersten Begegnung wie ein Wiedererkennen. Ohne Lampenfieber oder Herzklopfen, sondern sanft, unaufgeregt, aber dennoch leidenschaftlich. Man könnte es auch als Blick in den Seelenspiegel bezeichnen. Hier bestehen große Chancen, dass aus der spontanen Liebe eine langfristige, erfüllende Beziehung wird!
Alter schützt vor Liebe nicht
Natürlich gibt es Zyniker, die ab einem gewissen Lebensalter jedem leidenschaftlichen Gefühl misstrauen und bei plötzlichem Herzklopfen nicht mehr an Liebe, sondern an ihren Kardiologen denken. Meistens aufgrund schlechter Referenzerlebnisse. Die Angst, verletzt zu werden, ist der zuverlässigste Lust- und Liebeskiller, den ein Mensch unabhängig vom Verstand auf biochemischer Ebene produzieren kann.
Doch auch bei weniger pessimistischen Menschen ändert sich das Liebesempfinden mit fortschreitendem Alter. Ungefähr ab dem des 45. Lebensjahr erreicht besonders bei Frauen das Empfinden von Liebe und Anziehungskraft häufig eine neue Ebene! Die biologische Uhr spielt dabei eine untergeordnete Rolle. Die meisten anerzogenen Rollenmuster sind überwunden, destruktive Beziehungen beendet oder im Auflösen begriffen, die ersten Liebesdramen liegen weit zurück und wurden hinlänglich verarbeitet. Eine Frau, die in dieser Lebensphase Liebe auf den ersten Blick spürt, lässt sich viel eher darauf ein als mit 20, wo solch ein Gefühlschaos noch eine unbekannte, vielleicht sogar verstörende Naturgewalt war.
Auch bei Männern ändert sich die Selbstwahrnehmung, wenn auch nicht so drastisch. Wichtiger als die Eroberungsrituale der Sturm-und-Drang-Zeit sind die feinen Zwischentöne, die man als Teenager zwar auch wahrnimmt, aber mangels Referenzerlebnissen nicht interpretieren kann.
Kein Wunder: Ab einem gewissen Alter haben wir aufgrund schöner und weniger schöner Erfahrungen gelernt, wie sich der Unterschied zwischen Liebe und Verliebtheit anfühlt. Wer bereits eine oder mehrere ernsthafte Beziehungen hinter sich hat, der weiß, wie unterschiedlich diese verlaufen können. Und wie sich Gefühle entwickeln. Welche bleiben, und welche als Strohfeuer verbrennen. Das heißt nicht, dass es eine Altersgrenze für spontanes Verlieben gäbe, sondern dass sich dieser herrliche Gefühlscocktail mit entsprechendem Erfahrungsschatz viel besser genießen lässt als in jungen Jahren.
Was klingt wie Küchentischpsychologie, ist eine tiefgehende Veränderung in unserem Empfinden mit interessanten Auswirkungen im Alltag! So gibt es z.B. Langzeit-Paare, die sich nach einer kurzen Trennung wieder ganz neu ineinander verliebt haben und plötzlich ganz andere Dinge am Partner wahrnehmen als bisher. Die Liebe auf den ersten Blick kann also selbst in einer bestehenden Beziehung Einzug halten, wenn beide dafür offen sind! Vielleicht, weil sich beide weiterentwickelt haben und sich die Chance einräumen, sich neu kennenzulernen?
Trauen Sie Ihrem Herzen, es macht keine Fehler!
Charakteristisch für die Liebe auf den ersten Blick ist neben der starken Anziehungskraft noch etwas: das Gefühl, den Anderen zu kennen. Haben Sie das auch schon erlebt? Eine unerklärliche Vertrautheit, die nicht wachsen muss, sondern von Anfang an da ist. Ein Gegenpol zum Zauber des Neuen; ein bisschen wie nach Hause kommen. Liebe? Seelenverwandtschaft? Zufall? Auf alle Fälle ist es schön.
Wissenschafter und Psychologen erklären, dass all das auf chemische und visuelle Reise zurückzuführen sei. Und dass wir deshalb diesen tiefen Gefühlen keine große Bedeutung beizumessen haben. Mit Verlaub: Da stellen wir doch mal ganz schlank eine lebensbejahende Gegenthese auf!
Ganz ohne Grund gibt es diese Empfindungen nicht. Warum sie also mit aller Gewalt wegvernünfteln, zensieren, erklären? Warum sollten wir uns absichtlich um diese intensiven Erlebnisse und Erfahrungen betrügen? Wird dieser Erklärwahn vielleicht von Menschen unterstützt, welche die Liebe auf den ersten Blick noch nie gespürt haben und deshalb vor Neid platzen, wenn jemand freudestrahlend davon berichtet?
Das berühmte Bauchgefühl, unsere Intuition, ist sehr mächtig. Sie arbeitet auf vielen Ebenen, ohne dass wir es bewusst mitbekommen. Sie bringt uns sehr schnell zu emotionalen Entscheidungen, die sich mit dem Verstand weder erfassen noch kontrollieren lassen – und das ist gut so! Ob zwei Menschen tatsächlich langfristig zusammenpassen oder die Liebe als kurze Lebensabschnitts-Episode verklingt, kann ohnehin niemand vorhersagen. Auch keine Wissenschaftler. Also trauen Sie Ihrem Gefühl. Ob es nun die Chemie ist, eine bestimmte Nasenform oder ganz einfach Liebe, Sie spüren es nicht ohne Grund. Genießen Sie es!
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