Narzisstische Beziehungen: Was sie ausmacht, was sie schwierig macht und was sie gelingen lässt, erklärt B.Wardetzki in »Eitle Liebe«. Wir stellen ihr Buch vor

Hübsche, junge Frau im roten Kleid betrachtet sich narzisstisch im Spiegel

Herausforderung narzisstische Liebe – wie Beziehungen trotzdem gelingen

Wir meinen mit Narzissten in der Regel Menschen, die von sich selbst absolut überzeugt sind und das auch nach außen zeigen. Aber was ist Narzissmus eigentlich wirklich? Ist es ein Charaktermerkmal oder eine Störung, wie macht sich Narzissmus in Beziehungen bemerkbar und wie können Partner damit umgehen?

Die Psychotherapeutin Bärbel Wardetzki liefert auf diese und andere Fragen verständliche Antworten. Sachlich beschreibt sie Kennzeichen und Ursachen von Narzissmus und erläutert, was narzisstische Beziehungen aus- und was sie so kompliziert macht. Außerdem zeigt sie Wege auf, wie eine Partnerschaft trotz narzisstischer Tendenzen gelingen kann.

Buchvorstellung: Eitle Liebe: Wie narzisstische Beziehungen scheitern oder gelingen können

Darum geht's:

Narzissten messen sich selbst eine so große Bedeutung bei, dass sie dem alles andere unterordnen. Sie sind oft sehr unterhaltsam, charismatisch und anziehend – solange sie bekommen, was sie brauchen: ungebrochene Aufmerksamkeit. Denn dahinter steckt ein angeknackstes Selbstwertgefühl, das durch übertriebenes Buhlen um Anerkennung stabilisiert werden muss. Überall, wo Menschen aufeinandertreffen, könne es sein, dass sie ihre narzisstischen Anteile ausleben und es dadurch zu Konflikten komme, schreibt Wardetzki. Diesen Konflikten können wir in Zweierbeziehungen kaum aus dem Weg gehen. Zudem sei die narzisstische Dynamik in Partnerschaften aufgrund der Nähe besonders stark, was ein sehr großes Leidenspotenzial mit sich bringe. Beziehungen, in denen ein Partner narzisstische Persönlichkeitsmerkmale aufweist, scheitern auch oft – ohne dass die Beteiligten verstehen, woran es eigentlich liegt. Außerdem kann auch eine Beziehung an sich narzisstischen Charakter annehmen, was eine ganze Reihe Beziehungsprobleme nach sich ziehen kann. Machtkämpfe, Neid, Druck – das können Folgen sein, wenn jeder den anderen (miss)braucht, um sich selbst zu spiegeln. Eine echte intime Begegnung wird so schwierig, wenn nicht unmöglich. Es sei denn, die Partner erkennen ihre narzisstischen Züge und steuern dagegen.

So ist der Inhalt strukturiert:

  • 27 Kapitel hat das Buch, nach einer kurzen Einleitung beschreibt Wardetzki, was Narzissmus ist und wie er sich in Beziehungen äußert. In den darauffolgenden Kapiteln stehen Kennzeichen narzisstisch orientierter Liebe im Vordergrund, danach geht es um die Ursachen dieser Verhaltensmuster.
  • Die letzten Kapitel handeln davon, wie man mit Narzissmus umgehen kann und was hilft, wenn man narzisstisch in einer Liebesbeziehung verstrickt ist
  • Im Anhang sind die Diagnosekriterien für die narzisstische Persönlichkeitsstörung aufgelistet, ebenfalls enthalten ist eine kurze Inhaltsangabe von »Pygmalion«, einem Theaterstück von George Bernard Shaw, das eine narzisstische Beziehung schildert.

Das steckt drinnen:

Jede Beziehung kann narzisstische Züge haben, in narzisstischen Beziehungen begegnen sich aber in der Regel zwei Menschen mit einem verletzten Selbst. Daraus entstehen die charakteristischen Konflikte wie Entwertung und Erhöhung des anderen und der eigenen Person, die Angst vor Nähe und zugleich der Wunsch nach Verschmelzung, der Machtkampf und das Streben nach einem idealen Bild von sich und seinem Gegenüber. Ein Kennzeichen ist das Ungleichgewicht, durch das eine Begegnung auf Augenhöhe schwierig wird. Es kann etwa sein, dass der Mann seiner Frau das Gefühl gibt, ihm permanent unterlegen zu sein, indem er sich selbst erhöht, immer besser und klüger sein muss. Oder aber ein Partner idealisiert den anderen, um sich in seinem Glanz zu sonnen. Das hat dann wenig mit Stolz oder Bewunderung zu tun. Denn dieses Verhalten dient einzig und allein dazu, das eigene fragile Selbstwertgefühl zu stärken.

Viele Menschen mit narzisstischen Persönlichkeitsstrukturen suchen sich einen passenden Gegenpart, jemanden, der die Voraussetzungen zu erfüllen scheint, Defizite, Verletzungen und Zurückweisungen aus der Vergangenheit zu heilen. Daraus ergeben sich extreme Erwartungen und unrealistische Vorstellungen – gut geht das nur, solange der Partner den hohen Ansprüchen genügt. Für eine gleichwertige Beziehung ist das Gift, die Liebe muss aber nicht zwangsläufig scheitern, wenn ein (oder sogar beide) Partner narzisstische Verhaltensweisen an den Tag legen. Wardetzki zufolge kann das sogar enorme Entwicklungschancen in sich bergen – vorausgesetzt, beide Partner verstehen und erkennen sich in ihren narzisstischen Nöten. Genau hierfür vermittelt ihr Sachbuch Verständnis.

Ausführliche Beschreibung

Narzisstische Charakterzüge – besondere Persönlichkeitsstruktur mit besonderen Kennzeichen

Als Narzissmus bezeichnet man die übersteigerte Bedeutung, die ein Mensch dem eigenen Selbstbild zuspricht. Der Ausdruck leitet sich von der griechischen Sagengestalt des schönen Jünglings Narziss ab, der die Liebe anderer zurückwies und sich in sein eigenes Spiegelbild im Wasser verliebte, bis er an Erschöpfung und Trauer über diese unerfüllbare Selbstliebe starb.

Narzissmus kann ein Persönlichkeitsmerkmal, aber auch eine krankhafte Persönlichkeitsstörung darstellen. Wardetzki verwendet den Begriff im Sinne von narzisstischen Persönlichkeitszügen. Hierfür nennt sie einige Charakteristika, unter anderem diese:

  • Narzissten wissen nicht, wer sie wirklich sind und bleiben sich selbst eigentlich fremd.
  • Sie identifizieren sich mehr mit dem Bild, das sie von sich haben, als mit sich selbst.
  • Sie suchen auch in anderen Menschen das ideale Bild – nicht die reale Person.
  • Das Gegenüber dient als Spiegel für sie selbst und soll nur das Schöne und Perfekte reflektieren.
  • Sie sehnen sich sehr nach Liebe, ihre Fähigkeit andere zu lieben und deren Liebe anzunehmen, ist aber beeinträchtigt.
  • Sie zeigen eine perfekte Fassade aus Erfolg, Attraktivität und Beliebtheit, hinter der sie eigentlich nur ihre Unsicherheit verbergen.
  • Sie meinen, immer etwas Besonderes sein zu müssen, um Aufmerksamkeit und Anerkennung zu bekommen.

Normal?!

Narzissmus ist primär keine Krankheit, sondern eine oft sehr kreative Anpassung an bestimmte Lebensumstände. Die Fähigkeit, sich selbst ins beste Licht zu rücken und Macht und Aufmerksamkeit zu erringen, ist eine hervorragende Stärkung des Selbstwertgefühls. Ist die Selbstliebe jedoch geschädigt oder unentwickelt, dient eine perfekte äußere Fassade aus Erfolg, Leistung, Status und Attraktivität als Ersatz für ein positives Selbstgefühl.

Wir alle brauchen Anerkennung von anderen, über deren Wertschätzung wir uns positiv erleben und einschätzen können. Aber ein gesundes Selbstwertgefühl kommt von innen, es ist die Fähigkeit, sich selbst trotz aller Unzulänglichkeiten zu schätzen, also als Person, nicht wegen erbrachter Leistungen oder materieller Besitztümer. Dazu gehört auch, dass wir ein bejahendes Gefühl für uns selbst mobilisieren können – gerade wenn andere uns mal nicht so toll finden. Laut Wardetzki liegt der Unterschied zwischen einem positiven und einem dysfunktionalen narzisstischen Verarbeitungsmuster darin, dass anerkennende Reaktionen im ersten Fall das Selbstwertgefühl bestätigen, im zweiten Fall aber dazu dienen, sich überhaupt wert zu fühlen. Zwei narzisstische Typen beziehungsweise Rektionsmuster werden unterschieden, erklärt die Autorin:

Der offene (grandiose) Narzisst

Er zeichnet sich aus durch Dominanzstreben, Misstrauen, Arroganz und Überheblichkeit. Er macht sich zum Sender, von dem alle Informationen ausgeht, hört aber schlecht zu und nimmt kaum auf, was andere sagen. Er steht gerne im Mittelpunkt und neigt zur Selbstdarstellung.

Der verdeckte (minderwertig-depressive) Narzisst

Empfindlichkeit, Gehemmtheit, Gefühle von Scham und Demütigung sind bei ihm vorherrschend. Er zeichnet sich durch eine hohe Empfängerqualität aus, hört genau zu, um Kritik und Ablehnung herauszufiltern. Er ist sehr sensibel gegenüber den Reaktionen anderer und vermeidet es, im Mittelpunkt zu stehen.

Narzisstische Liebe: So nah – und doch so fern

Sie liegen sich leidenschaftlich in den Armen, aber können sich nicht wirklich sehen – Partner in narzisstischen Beziehungen schauen nur auf sich selbst und nutzen den anderen, um sich durch und in ihm zu spiegeln. Denn in ihrer Selbsteinschätzung sind sie so sehr von der Bestätigung anderer abhängig, dass sie positives Feedback unaufhörlich brauchen – was es schier unmöglich macht, den anderen in all seiner Komplexität als Persönlichkeit wahrzunehmen.

Narzisstische Liebe ist auf sich selbst gerichtet, sie muss ein schwaches Selbstwertgefühl stabilisieren. Das, erklärt Bärbel Wardetzki, kann wechselseitig sein. Die Begegnung zwischen den Partnern könne zu einem Vehikel der Selbstdarstellung werden: Die schöne Frau etwa blüht auf durch die Bewunderung ihres Mannes, der wiederum seinen Besitzerstolz ausleben kann.

Jede Beziehung könne einen narzisstischen Nutzen haben, indem der andere das eigene Selbstwertgefühl durch Lob und Zuwendung stützt. Problematisch wird es, wenn ein Partner sein gesamtes Selbstwertgefühl von der Anerkennung und Bewunderung des anderen abhängig macht, weil er nur so seine Selbstzweifel in Schach halten kann. Dadurch wird eine wirkliche, innige Beziehung unmöglich. Denn der jeweilige Partner wird dazu missbraucht, die eigenen Defizite auszugleichen oder mangelndes Selbstbewusstsein zu kompensieren. Viele Menschen mit einem verletzten Selbstwert leiden entweder unter ihrer Unsicherheit oder verhalten sich überheblich, um das schlechte Gefühl auszugleichen. Die einen reagieren damit, dass sie versuchen, immer alles richtig zu machen und zu gefallen, die anderen halten sich für unfehlbar und fordern, dass der andere so sein soll, wie sie es erwarten. Die Erfahrung zeige, dass Frauen häufig zur ersten Gruppe, Männer dagegen öfter zur zweiten Gruppe gehören, schreibt Wardetzki.

Narzisstische Beziehungen – wie erkennt man sie?

Im Partner suchen narzisstisch veranlagte Menschen oft etwas, was der andere gar nicht ist. Denn er soll den eigenen Mangel ausgleichen, soll die Sehnsucht nach totalem Angenommensein erfüllen. Häufig suchen sie darum im Partner das fehlende Elternteil, der andere soll etwas ersetzen, um es wieder gut zu machen. Wenn Sie immer wieder Liebesbeziehungen haben, die großartig beginnen, aber immer scheitern, weil Sie oder der andere sich nicht wirklich darauf einlässt, dann könnte es sich um narzisstische Beziehungen handeln. Meist wählen Menschen hier immer wieder einen Partner, der sich nicht wirklich auf eine Partnerschaft einlassen kann und versuchen ihrerseits alles zu tun, damit eine Beziehung doch noch möglich wird.

Das Gleiche trifft zu, wenn Sie in einer Partnerschaft leben, in der das Miteinander gestört wird durch die Ausbeutung für die eigene Interessen, das Übergehen der Bedürfnisse des anderen und einen Umgang, als sei der Partner keine eigenständige Persönlichkeit. Das Gefühl, alleingelassen, unzufrieden oder verletzt zu sein ist hier typisch. Auch wenn Sie immer an sich zweifeln, mit sich hadern und sich das auf Ihr Beziehungsverhalten auswirkt, das Sie oft als unangemessen erleben, könnte das an einer narzisstischen Selbstwertstörung liegen.

Narzisstischen Beziehungen fehlt laut Wardetzki grundsätzlich eine »zärtliche Strömung der Liebe«, die sich auszeichnet durch Sorge um den anderen, Neugier für ihn und sein Leben, Empathie für die Gefühle und Bedürfnisse des anderen, optimale Distanz, Versöhnlichkeit, Dankbarkeit, Achtung und Wertschätzung. Oftmals ist so eine Liebe auch gekennzeichnet durch ein extremes Pendeln zwischen Nähe und Distanz. In der Regel wechsle sich bei narzisstischen Paaren die symbiotisch verschmelzende Nähe mit einer fast unüberwindlichen Distanz ab, schreibt Wardetzki.

In Beziehungen würden sich Menschen grundsätzlich ihren Gegenpart suchen. Bei narzisstischen Partnern würde der offene den verdeckten suchen, der grandiose den unterlegenen. So sucht sich etwa der großspurige Mann mit dem hohen Managerposten eine zurückhaltende, häusliche Frau. Beide Partner lagern innerhalb der Beziehung einen Teil von sich aus und lassen ihn gewissermaßen vom anderen leben. So muss in diesem Beispiel der starke Mann seine Minderwertigkeitsgefühle nicht spüren, weil seine schwache Frau diesen Pol besetzt, während seine Frau sich durch seinen Berufserfolg aufgewertet fühlt. Die Wechselseitigkeit bleibt oft im Verborgenen, das kann funktionieren, gerät aber aus der Balance, wenn einer der Partner nicht mehr dem Bild entspricht, das der andere sich von ihm gemacht hat. Oft gehe es in narzisstischen Beziehungen auch um Macht, es drehte sich oft um die Frage, ob man sich in der Beziehung für den anderen aufgeben muss oder ob jeder er selbst bleiben kann.

Erklärungsversuche für narzisstische Persönlichkeitszüge

Meist sei die Wurzel für die narzisstische Persönlichkeitsstruktur in der Kindheit zu finden beziehungsweise in frühen Erfahrungen, erklärt Wardetzki. Traumatische oder verletzende Erlebnisse können ein derartiges Ausmaß haben, dass sie nicht verarbeitet werden und in der Persönlichkeit fortleben und durch bestimmte äußere Umstände wieder ausgelöst werden. Wer beispielsweise keine stabile Bindung zu wenigstens einem Elternteil entwickeln konnte, unter starkem Leistungsdruck in der Kindheit stand oder einprägsame Verlassenheitserlebnisse hatte, wird als Erwachsener vielleicht hinter einer narzisstischen Fassade seine Angst vor wirklicher Nähe verbergen.

Die Überhöhung der eigenen Person ist eigentlich Ausdruck eines tief sitzenden Minderwertigkeitsgefühl, das überhebliche Auftreten dient dazu, sich zu schützen – denn wer andere nicht wirklich an sich heranlässt, kann auch nicht verletzt werden.

Vom Umgang mit narzisstischen Beziehungen

Wardetzki listet auf, was helfen kann, wenn man in einer narzisstischen Beziehung verstrickt ist. Hier sind drei Beispiele:

Ko-Evolution

Darunter versteht man die gegenseitige Beeinflussung der persönlichen Entwicklung von Partnern, die zusammenleben. Da es oft um Macht geht und darum, wer sich wem unterwirft, bedeutet Ko-Evolution in narzisstischen Beziehungen, dass das eigene Selbstwertgefühl und die eigene Autonomie in der Beziehung auf eine Weise gestärkt werden, die die Partner nicht einschränkt, sondern bereichert. Das heißt, jeder Partner könne sich im anderen spiegeln und werde bestätigt als der, der er ist.

Dialogbereitschaft

Zunächst einmal muss jeder den Kontakt zu sich selber herstellen und wahrnehmen, was er selbst und was der andere braucht. Dann müssen Paare in den Dialog treten, darüber sprechen, was ihnen wichtig ist und Grenzen setzen gegen verletzendes Verhalten. Einfühlungsvermögen und Gespür für den anderen sind dabei ebenso wichtig wie das Vermeiden von Manipulation, Rache und Neid.

Destruktive Muster stoppen mit dem Zauberwort

Es kann auch helfen, bekannte Verhaltensmuster zu erkennen und rechtzeitig zu stoppen. Dabei hat sich laut Wardetzki die Einführung eines Stopps mittels Zauberwort bewährt: Sie vereinbaren gemeinsam ein bestimmtes Wort (das sollte lustig sein, vielleicht mit Erinnerungen behaftet), bei dem sich beide Partner daran halten, nicht weiterzumachen. So können Sie verhindern, immer wieder in die Konfliktschlaufe zu geraten.

Fazit: Das bringt die Lektüre

  • Sie haben das Gefühl, in Ihrer Partnerschaft immer zurückstecken und sich anpassen zu müssen, um geliebt zu werden?
  • Sind Sie seit Längerem auf der Suche nach einer festen Beziehung, landen aber immer wieder in Partnerschaften, die leidenschaftlich anfangen, aber sehr schnell in die Brüche gehen?
  • Glauben Sie, Ihr/e Partner/in hat narzisstische Züge?

Ganz gleich, auf welche Art Sie sich von dem Thema Narzissmus betroffen fühlen, dieses Buch vermittelt Ihnen viel fundiertes Wissen, das Ihnen helfen kann, Narzissmus, die dahinter liegenden Ursachen und die Auswirkungen für Beziehungen überhaupt oder besser zu verstehen. Außerdem lesen Sie bei Wardetzki, wie Sie mit dieser schwierigen Partnerschaftssituation konstruktiv umgehen können.

Hier geht es portofrei zum Buch



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