Liebe im Schatten: Mit 10 Schritten in die Freiheit!
Dass ein Liebesleben im Schatten zuweilen kühl sein kann, wissen Sie bereits. Nachdem wir uns mit dem Wer, Warum und Wie von Schattenbeziehungen beschäftigt haben, geht es nun darum, Konsequenzen zu ziehen. Das muss nicht zwingend das Ende der Schattenbeziehung sein! Natürlich wird es in vielen Fällen darauf hinauslaufen.
Die wenigsten Paare und Liebenden bringen auf Dauer die Kraft auf, in einem heimlichen Dreiecksbeziehung zu leben. Es erfordert viel innere Stärke und Abgrenzung, um sich mit den dazugehörenden Dissonanzen, Spannungen und potenziellen Konflikten auseinanderzusetzen. Die Verbindlichkeit einer reinen Zweierbeziehung ist in den meisten Fällen die erstrebenswertere Alternative. Die erfahrene Wiener Beziehungspsychologin Prof. Dr. Gerti Senger gibt in ihrem Buch Schattenliebe handfeste praktische Tipps zur Selbsthilfe. Bei ihren Ausführungen handelt es sich nicht um zeitgeistige Theorien, sondern um fundierte, praxisnahe Recherche, die durch umfangreiche Studien gestützt wird. Neben den zehn tückischen Fallen, welche Schattenfrauen ebenso wie Ehefrauen zum Verhängnis werden können, schlüsselt sie auch zehn Schritte auf, die auf direktem Weg in die Freiheit führen können. Diese Schritte haben übrigens nur indirekt mit Ihrer Schattenliebe zu tun und befassen sich vor allem mit Themen, die Ihren ureigenen Persönlichkeitskern betreffen. Aus gutem Grund.
Schritt 1: Selbstvertrauen aufbauen
Ein gespenstisches Szenario: Scheinbar selbstbewusste Frauen klappen plötzlich zusammen und verwandeln sich in bedürftige Weibchen ohne jeden Funken Selbstachtung. Nein, es geht nicht um Drogen oder Gehirnwäsche. Sondern um das Ende der Schattenliebe.
Manche Frau, die im Alltag tough und unabhängig wirkt, bezieht den Kick fürs Selbstwertgefühl aus einer heimlichen Liebesaffäre als »Zweite Geige«. Sie fühlt sich als begehrte, leicht verruchte Traumfrau, der die Welt zu Füßen liegt. Ein wenig Überlegenheitsgefühl gegenüber der betrogenen Ehefrau des Geliebten kommt auch hinzu. Nachvollziehbar. Schließlich gibt es einen Mann, der sich nach ihr verzehrt und deshalb seine Ehefrau links liegen lässt. Zumindest beteuert er das. »Mit meiner Frau habe ich schon seit Jahren keinen Sex mehr, ich will nur dich.« Die enorme Selbstbestätigung, die eine Frau aus der Rolle der Geliebten schöpfen kann, ist geradezu rauschhaft. Bis der Tag kommt, an dem die Schattenliebe zu Ende geht. Vielleicht, weil die Ehefrau nicht länger schweigend mitspielt und ihrem Mann ein Ultimatum gestellt hat. Oder weil es eine neue Geliebte im Hintergrund gibt. In jedem Fall ist die Zurückweisung durch den Geliebten ein herber Schlag ins Kontor für die meisten Schattenfrauen. Weshalb sie sich mit Händen und Füßen gegen das Ende wehren und sich ihrem Liebhaber förmlich um die Füße wickeln, damit er sie nicht verlässt.
Beugen Sie vor, damit Ihnen das nicht passiert! Ja, das klingt wie die Empfehlung zum Zähneputzen zur Vorbeugung gegen Karies. Und in der Tat können Sie Ihr Selbstwertgefühl prophylaktisch stärken. Gegen das Ende einer Affäre lässt sich meist nichts machen. Aber Sie können dafür sorgen, dass Sie dabei Ihre Würde und Selbstachtung nicht verlieren und einigermaßen souverän aus der Geschichte raus kommen.
Machen Sie sich frei von der Vorstellung, diese Dreiecksbeziehung sei gut für Sie. Sie ist es nicht. Es ist genau andersrum: Je länger Sie als Geliebte in diesem Beziehungs-Konstrukt hängen, umso kleiner machen Sie sich als »unsichtbare Dritte«, die wie ein Stofftier ab und zu hervorgeholt wird, wenn es passt, aber ansonsten nicht zu existieren hat. Sie sabotieren dadurch Ihre Selbständigkeit.
Suchen Sie sich Bezugspunkte im, Alltag, die nichts mit dem Schattenmann zu tun haben. Re-aktivieren Sie alte Freundschaften, gehen Sie aus, flirten Sie, arbeiten Sie Überstunden und bummeln Sie diese in einem Wellness-Urlaub ganz alleine ab. Legen Sie sich ein neues Handy zu, ohne Ihrem Noch-Lover die Nummer zu geben. Sorgen Sie dafür, dass Sie für ihn stunden- oder tageweise nicht erreichbar (= verfügbar) sind. Entkoppeln Sie bestimmte Bindungs-Rituale, z.B. feste Uhrzeiten, zu denen Sie immer telefoniert oder gechattet haben, und tun Sie bewusst etwas anderes in dieser Zeit.
Nun können Sie natürlich fragen: »Ja, aber warum denn? Wir lieben uns doch, und ich bin glücklich für jede Minute, die wir miteinander teilen?« Oder Sie können sich überlegen, wann Sie zuletzt glücklich und zufrieden waren, ohne dass Ihr Schattenmann in Ihrem Empfinden herumspukte ... Lange her, stimmt's? Sie müssen lernen, wieder Dinge zu tun, die Ihnen Spaß machen, ohne Ihren Geliebten einzubeziehen oder sich zeitlich nach ihm zu richten. Nur so kann ihr Selbstvertrauen sich wieder erholen.
Schritt 2: Handeln statt passiv bleiben
Dieser zweite Schritt hängt mit dem ersten zusammen. Sie haben das Gefühl, Ihren Schattenmann zu lieben. Vielleicht lieben Sie auch Ihren Ehemann oder Lebensgefährten. Sie schwanken zwischen glücklicher Zweisamkeit während der heimlichen Stunden mit Ihrem Liebhaber und sind dann wieder am Boden zerstört, weil die Geheimniskrämerei und das Doppelleben mit Ihren Werten kollidieren. Manchmal fühlen Sie sich zerrissen, unentschlossen, handlungsunfähig. Sie sind randvoll mit intensiven Gedanken und Gefühlen, wissen aber nicht, was Sie tun sollen ...
Tief im Herzen wissen Sie, was los ist: Sie sind in die Passivitätsfalle gerutscht und müssen da schnellstens raus. Im schlimmsten Falle ist es schon soweit, dass Sie sich selbst belügen und Ihre Dünnhäutigkeit auf PMS, das Wetter oder beruflichen Stress schieben. Die Wahrheit ist: Sie sind nicht mehr fähig, aktiv zu handeln und Ihre Befindlichkeit zu beeinflussen. Sie machen zu viele Handlungen und Gedanken unmittelbar von Ihrer Schattenbeziehung abhängig. Sie reagieren, statt zu agieren, sind in eine Parallelwelt gerutscht, in eine Seifenblase in der es nur Sie und Ihre heimliche Liebe gibt. Sie entfernen sich vom richtigen Leben. Ihrem Leben!
Hier gilt: Egal, was Sie tun, nur tun Sie es! Dieses entscheidungsschwache Ausharren ist ganz typisch für Frauen, die bereits eine Weile im Schatten einer Dreiecksbeziehung leben. Manche Männer fördern dieses Verhalten sogar nach dem Belohnungsprinzip: »Sei anschmiegsam und passiv, dann liebe ich dich. Aber mach bloß keinen Stress.« Damit lassen sich Ehefrauen und Geliebte gleichermaßen in Schach halten.
Gerti Senger hat für diese Fälle eine Notfallmaßnahme entwickelt und empfiehlt: »Klären Sie Ihren Ist-Zustand und schreiben Sie ihn auf. Wie sieht meine augenblickliche Lebenslage aus? Wer von den Menschen, die mir wichtig sind, hat welche Funktion? Wie fühlt sich das an?« Als Nächstes überlegen Sie sich den Soll-Zustand. Damit sind konkrete Zieldefinitionen gemeint. Also nicht »ich will glücklich sein«, sondern »ich will in einer legitimen, richtigen Beziehung leben, ich will einen Mann, der sich zu mir bekennt.« Oder: »Ich will eine offene Beziehung oder Schattenbeziehung oder eine heimliche Affäre mit diesen und jenen Eckdaten.« Formulieren Sie es so genau, wie Sie können. Werden Sie sich klar darüber, wo Ihre Bedürfnisse liegen. Wieviel Drama vertragen Sie? Kommen Sie mit Unverbindlichkeit klar? Können Sie Sex und Liebe trennen? Wieviel Stabilität und Nähe brauchen Sie? Werden diese Bedürfnisse erfüllt? Nehmen Sie sich Zeit dafür. An einem Nachmittag werden Sie damit nicht fertig werden. Hauptsache, Sie fangen erst einmal an.
Gerti Senger: »Die Bahnung einseitiger, neuronaler Verhaltensmuster und damit eine vorprogrammierte destruktive Verhaltensweise ist umso größer, je häufiger bestimmte Angststrategien (zum Beispiel immer nur stillhalten, sich fügen, abwarten etc.) eingesetzt werden!« Aus dieser Haltung müssen Sie raus, sofort.
Was noch besser funktioniert als das Aufschreiben: das geheime Video-Tagebuch. Setzen Sie sich alleine vor Ihre Webcam oder eine Videokamera und filmen Sie sich selbst, während Sie laut, im Selbstgespräch, darüber nachdenken, was Sie wollen. Zensieren Sie sich nicht, plappern Sie einfach drauflos. Jeden Tag für fünf Minuten, einen Monat lang. Dann schauen Sie sich an, was Sie aufgenommen haben. Halten Sie eine Kleenexschachtel und ggf. Baldriankapseln bereit. Es wird Sie im wahrsten Sinne des Wortes umhauen, sich selbst zu sehen und sich zuzuhören, so verwirrt, ratlos, widersprüchlich ... Aber Sie werden spüren, dass allein durch dieses Nachdenken und Klären Ihrer Gedanken Bewegung in Ihre Situation kommt.
Tipp: Reden Sie mit niemandem darüber. Sonst rutschen Sie sofort zurück in die reaktionäre Rolle und versuchen womöglich, sich zu rechtfertigen für das, was Sie tun. Dieses Tagebuch, ob geschrieben oder gefilmt, ist Ihre Privatsache und geht keinen etwas an. Am Ende werden Sie spüren, wie sich eine Tür in Ihrem Herzen öffnet und Sie wissen, was zu tun ist. Ob eine Trennung, der Kontaktabbruch zum Schattenmann oder eine Neukonstellation des Beziehungsdreiecks, was auch immer es ist: Je öfter Sie es sich laut sagen und/oder aufschreiben, umso realer und greifbarer wird es – und umso leichter die Umsetzung.
Schritt 3: Aussprache oder kaltes Ende?
Plötzlich ist Funkstille. Er ist Ihrem Wunsch nach Veränderung zuvorgekommen und rührt sich nicht mehr. Ruft nicht mehr zurück, beantwortet keine Mails oder SMS, ist abgetaucht. Anrufen können Sie ihn nicht, schließlich darf seine Frau nichts von Ihrer Existenz wissen. Was ist los? Ist es nun zu Ende? Ist ihm etwas zugestoßen? Oder ist alles ganz harmlos, und er ist nur auf einen neu entdeckten Planeten gereist, auf dem es keine Datenleitungen gibt?
Natürlich spüren Sie mit Ihrem Bauchgefühl bereits, was Herz und Kopf noch nicht wahrhaben wollen: Die Schattenliebe gibt es nicht mehr. Ohne Streit, ohne klare Ansage, einfach so. Vielleicht sind Sie insgeheim froh, dass es vorbei ist. Vielleicht leiden Sie wie ein Hund. Vielleicht wechselt auch beides im Minutentakt?
Eine Schattenliebe folgt anderen Regeln und Mustern als eine normale Beziehung. Die Gefühls-Achterbahn zwischen Liebesglück und Herzschmerz, die Sie bereits so gut kennen, sie prägt auch das Ende. Eine Schattenliebe ist durch nichts geerdet als ein paar gestohlene Stunden, guten Sex und romantische Phantasien ohne Ziel und Zukunft. Es wäre also völlig absurd, so etwas wie Konventionen oder Fairness beim Schlussmachen erwarten zu wollen. Gehen Sie davon aus, dass es keine zufriedenstellende »Klärung« geben wird, die Ihnen weiterhilft oder offene Fragen beantwortet. Auch wenn das hilfreich und wünschenswert wäre.
Prof. Dr. Gerti Senger sagt hierzu: »Schweigen tut mehr weh als ein respektvolles Abschiedsgespräch darüber, was Sie gemeinsam erlebten. Dabei fließen zwar reichlich Tränen, dem scheidenden Paar bleibt aber so viel positive Energie erhalten, dass ein neuer Start für jeden leichter wird.« Diese Energie fehlt bei einem kalten Ende. Statt dessen verfallen Sie ins Grübeln, verheddern sich in Fragen und Spekulationen.
Auch die betrogene Ehefrau in einem Schattenliebe-Dreieck muss sich mit der Frage beschäftigen, ob sie eine Aussprache braucht oder nicht. Angenommen, die Affäre ist beendet. Beide Eheleute entschließen sich zu einer Paartherapie – ergebnisoffen, d.h. mit Option auf Trennungsbegleitung oder Neuanfang. In dieser Zeit darf selbstverständlich kein Kontakt zur Geliebten gehalten werden. Ob der Schattenmann ihr dies nun mitteilt oder stillschweigend abtaucht, ist weniger eine Frage der Höflichkeit als des Rückgrats. Natürlich zeugt es von Größe, wenn ein Mann den Mumm hat, den Frauen in seinem Leben reinen Wein einzuschenken. Doch leider tun es viele eben nicht. Sie servieren Halbwahrheiten, mit denen sowohl Ehefrau als auch Geliebte leben können. Mehr oder weniger.
Wenn Sie eine der beiden Frauenrollen bekleiden: Versuchen Sie, sich von der Fixierung auf eine Aussprache zu lösen. Sie werden diese im Zweifelsfalle nicht bekommen. Starten Sie maximal zwei Versuche, ihn zu einer Aussprache zu bewegen. Wenn er abblockt oder nicht reagiert, dann lassen Sie es gut sein und kümmern Sie sich um sich selbst. Und bitte versuchen Sie nicht, die Ehefrau des Geliebten zu involvieren. Der Gedanke an Rache (nichts anderes steckt hinter diesem Wunsch) mag kurzfristig guttun, aber er bringt Sie nicht weiter. Es geht um Sie. Die Ehe Ihres Geliebten geht Sie nichts an.
Machen Sie sich bewusst: Das Verweigern einer Aussprache ist ein letzter aggressiver Akt, ein Machtinstrument. Ein Mann, der das tut, will Ihnen nichts Gutes, denn er zwingt Sie ein letztes Mal in die erniedrigende Position des Opfers. Wollen Sie das sein, ein Opfer? Nein? Na also. Bleiben Sie nicht dort, indem Sie um eine Aussprache betteln oder bis zum Sankt Nimmerleinstag darauf warten, dass er von sich aus damit anrückt! Dadurch erzeugen Sie nur noch mehr Bindung, statt sich zu lösen. Führen Sie das entscheidende Gespräch im Kopf, spielen Sie alle denkbaren Optionen durch. Wenn es Ihnen hilft, schreiben Sie Briefe oder Mails an den Mann, schicken Sie diese aber keinesfalls ab. Führen Sie ein kleines Ritual durch, bei dem Sie den unwiderruflichen Cut visualisieren, indem Sie z.B. Fotos oder Briefe zerreißen und in einen Fluss werfen oder verbrennen.
Und falls Sie diejenige sind, die sich aus der Schattenliebe zurückziehen will: Zeigen Sie Charakterstärke und stellen Sie sich einer fairen Aussprache.
Schritt 4: Ereignisbrüche annehmen und Resilienz entwickeln
Warum zerbrechen manche Frauen an einer Trennung, während andere scheinbar mühelos damit fertig werden? Wie schaffen es manche Paare, nach einem massiven Vertrauensbruch wieder zueinander zu finden, während andere sich erst emotional zerfleischen und dann trennen?
Gerti Senger führt diese Unterschiede im Umgang mit Ereignisbrüchen – so heißen Lebenskrisen im Fachjargon – auf Resilienz zurück. Das bedeutet, eine Lebenskrise bewältigen zu können, ohne darin unnötig lange zu verharren oder gar daran zu zerbrechen. Umgangssprachlich könnte man es mit »psychische Robustheit« übersetzen. Senger: »Natürlich stellt sich die Frage, ob Resilienz angeboren ist, sozusagen ein Geschenk des Schicksals, oder ob sie auch erworben werden kann. Resilienz ist auch im Erwachsenenalter noch erlernbar!«
Was so einfach klingt, ist Knochenarbeit. Sie beginnt damit, dass Sie vor Krisensituationen nicht die Augen verschließen dürfen, sondern lieber mit beiden Füßen hineinspringen sollten. Leider wurden in den letzten 20 Jahren sogenannte Motivations-Workshops modern, in denen eine naive »denk positiv und alles ist toll«-Haltung propagiert wird, die man sich innerhalb weniger Stunden aneignen könne. »Toll« ist danach höchstens der Kontostand des Veranstalters. Resilienz und eine belastbare Lebenshaltung lassen sich nicht übers Wochenende erlernen und schon gar nicht über Affirmationen herbeireden. Sie werden nur durch aktives Handeln über Jahre hinweg erworben. (Richtig, genau das, was Sie im Schritt 2 begonnen haben, kommt hier zum Einsatz!)
Beginnen Sie damit, Ihre Gefühle nicht länger zu unterdrücken. Wie oft haben Sie schon versucht, Haltung zu bewahren, um vor Ihrem heimlichen Geliebten nicht als Heulsuse dazustehen? Wie oft haben Sie sich pflegeleicht, verführerisch, als Powerfrau gegeben, obwohl Ihnen gar nicht danach zumute war? Wie oft haben Sie gute Miene zum bösen Spiel gemacht, statt einen Teller an die Wand zu werfen und laut zu sagen: »Stop!« Oder auch: »Ich habe eine Scheißangst, mir geht's beschissen, ich will, dass du das ernst nimmst!«
Ihre Ängste und Tränen sind nichts, was Sie verleugnen müssen. Lassen Sie sie raus. Ob es sich nun um eine Steuerprüfung, ein Bewerbungsgespräch, eine Mobbing-Situation, eine Krise mit den Eltern oder eine Konfrontation mit Ihrem heimlichen Geliebten dreht: Stellen Sie sich Ihren Gefühlen, die Sie dazu haben. Setzen Sie keine Maske auf, sondern zeigen Sie sich, wie Sie sind. Sie brauchen sich weder als seelischen Mülleimer für anderer Leute Probleme noch als Energie-Tankstelle benutzen zu lassen.
Es klingt paradox, aber der Anspruch, perfekt sein zu wollen, sorgt dafür, dass Sie von Krisensituationen umgeworfen werden, weil Sie nicht Sie selbst sind! Jede Art von Schauspielerei schwächt Sie. Und da eine heimliche Schattenliebe viel, viel Schauspielerei erfordert, sind Sie bereits geschwächt. Gerti Senger: »Unterdrückte Gefühle sind wahre Energieräuber!«
Bevor Sie sich an die Konfrontation mit Ihrem Schattenmann wagen, sorgen Sie dafür, dass Sie mit beiden Beinen auf dem Boden stehen. Üben Sie das stabile, gelassene »Echtsein« im Alltag, er bietet Ihnen täglich neue Gelegenheiten. Sagen Sie Ihrem nervigen Nachbarn, wohin er sich seine ständigen Anfeindungen stecken soll. Sagen Sie »Nein« im Büro, wenn Sie mal wieder die Fehler Ihrer Kollegen ausbügeln sollen. Lassen Sie Leute, die Sie zutexten und sich nicht dafür interessieren, wie es Ihnen geht, einfach stehen. Zeigen Sie, wenn Sie schlechte Laune haben! Und weinen Sie, wenn Ihnen danach ist. Wenn Sie das ein paar Wochen und Monate ganz bewusst tun, werden Sie staunen, wie gelassen Sie der nächsten Krise begegnen können. Zum Beispiel dem Trennungsgespräch mit Ihrem Geliebten.
Schritt 5: Aktives Sorgenmanagement
Wir sind wirklich verkorkst. Schon als Kind lernen wir, dass Liebe untrennbar mit Sorgenmachen verknüpft sein soll. Eine Mutter ist in Tränen aufgelöst, weil sie sich Sorgen um ihr geliebtes Kind macht. Manche Eltern schlagen ihre Kinder und behaupten, sie zu lieben. Frauen schnüffeln ihren Männern hinterher und behaupten, es sei aus Sorge und Liebe. Männer belügen ihre Frauen. Ebenfalls aus Liebe. Verrückte Welt.
Kennen Sie diese ambivalenten Verknüpfungen? Dann werden Sie auch wissen, dass sie besonders häufig in Schattenlieben anzutreffen sind. Liebe ist dabei ganz eng mit Leiden, Tränen, Schmerz, Ängsten und Lügen verbunden. Nach einer Weile glauben Sie sogar selbst, das müsse so sein. Die Folge: Selbst banale kleine Probleme werden zu drückenden Sorgen. Weil Sie nicht mehr wissen, wie Sie Ihre Gefühle einzuordnen haben. In einer Schattenbeziehung verlieren Frauen und Männer mit der Zeit den Maßstab, was Problem-Dimensionierung angeht. Der »Katastrophismus« macht sich breit und sorgt für schlaflose Nächte. Die Heimlichkeit einer Schattenbeziehung spielt hier eine entscheidende Rolle. Indem Sie nicht über Ihre Sorgen reden, erlauben Sie ihnen, immer stärker zu werden. Im Schatten einer Dreiecksbeziehung gedeihen Sorgen besonders gut, die Heimlichkeit und Lügen sind wie Dünger, der sie ins Monströse wachsen lässt.
Gerti Senger: »Sorgenvoll zu sein ist nicht grundsätzlich ein Fehler. Entscheidend ist, ob Sie mit Ihren Sorgen selbstschädigend umgehen oder nicht.« Als selbstschädigend hat der US-Forscher James Blumenthal folgende vier Faktoren benannt: besonders intensives Reagieren auf negative Ereignisse, das Zurückführen von Problemen auf eigenes Versagen, die Neigung zum Grübeln und das Verheimlichen von Ängsten und Sorgen, sprich, das Aufrechterhalten einer Fassade.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Vor allem das mit der Fassade? Kein Wunder. Als Geliebte sind Sie praktisch dazu gezwungen. Das Sorgenmachen gehört zu Ihrem Alltag als heimliche Schattenliebe. Kommt das Geheimnis ans Licht? Wie geht es weiter? Was will er? Was will ich? Weiß es seine Frau? Was, wenn es mein Mann rauskriegt? Was sage ich, wenn mich jemand fragt, was ich letzte Nacht in diesem Hotel verloren hatte usw. Dass aus dem Thrill der Heimlichkeit ein Feedback-Effekt für Ihre Persönlichkeitsentwicklung werden könnte, wussten sie natürlich am Anfang vor lauter Verliebtheit nicht. Nun wissen Sie es. Also werden Sie aktiv!
Lassen Sie Ihre Sorgen los. »Ent-Sorgen« Sie sich. Aufschreiben, erzählen, diskutieren, singen, schreien, raus damit. Nicht chaotisch und hysterisch, sondern nach einem festen Stundenplan. Reservieren Sie jeden Tag zweimal zehn Minuten, in denen Sie sich mit Ihren Sorgen beschäftigen. Achten Sie darauf, nicht in planloses Kreisdenken zu verfallen, sondern machen Sie eine Liste. Trennen Sie Ihre Sorgen in kleine Päckchen und legen Sie Listen an: konkrete, gegenwärtige Sorgen und abstrakte Zukunftsängste, berufliche und private Sorgen, echte und eingebildete (also Probleme, von denen Sie nur vermuten, dass sie existieren, aber nichts Genaues wissen.) Zerlegen Sie den Sorgenberg in übersichtliche Portionen und suchen Sie nach Lösungen. Versuchen Sie nicht, alles auf einmal zu lösen, sondern widmen Sie sich den einzelnen Fragmenten. Hier gilt ausnahmsweise: Nicht das große Ganze betrachten, sondern die kleinen Bestandteile, Stück für Stück.
Sie werden feststellen, dass die Schattenliebe-Problematik gar nicht mehr so dominant erscheint. Das liegt daran, dass sie als solche gar nicht existiert, sondern sich aus vielen kleinen Mosaiksteinchen zusammensetzt, die nur mittelbar mit Ihrem Geliebten zu tun haben! Diese Erkenntnis ist ungeheuer befreiend. Sie beendet den lähmenden Zustand des Sorgenmachens und lässt Ihnen genug Luft, damit Sie sich mit Lösungsansätzen beschäftigen können.
Schritt 6: Trost suchen und finden
Warum lesen Sie diesen Text? Immerhin wissen Sie anhand der Überschrift, worum es geht. Sie brauchen Trost, Beistand, liebevolle Gesten, Zuspruch. Leider wissen Sie nicht, woher Sie diese Hilfe bekommen sollen, denn das große Geheimnis Ihrer Schattenliebe soll ja eines bleiben. Ihr einziger »echter« Vertrauenspartner ist Ihr heimlicher Liebhaber. Ausgerechnet der ist aber im Moment der Grund für Ihr Problem. Eine vertrackte Situation!
Wer eine Schattenliebe lebt und damit nicht (mehr) klarkommt, ist oft ganz allein mit diesem Problem. Dabei verhindert nicht nur die Heimlichkeit, dass man sich jemandem anvertraut. Auch das Wissen, etwas Unmoralisches zu tun, blockiert die Kommunikation. Es gibt Frauen, die überwinden sich nach jahrelangem Schweigen, vertrauen sich schließlich in größer seelischer Not einer Freundin an – und ernten nur Spott und Häme. »Was, mit einem verheirateten Mann poppst du rum? Denkst du denn gar nicht an seine Frau und seine Kinder? Spinnst du, dich für sowas herzugeben? Und jetzt willst du dich bei mir ausheulen? Nee, lass mal, du bist selber schuld, wenn dir das jetzt über den Kopf wächst. Sowas macht man einfach nicht.«
Solche und ähnlich belehrende Zurückweisungen sind das Letzte, was Sie jetzt gebrauchen können. Dass das nicht in Ordnung war, was Sie da gelebt haben, wissen Sie ja selbst. Dass Sie sich das selbst eingebrockt haben, ist auch klar. Sie brauchen keine Moralapostel, die Ihnen all das noch einmal aufs Brot schmieren, sondern jemanden, der Ihre Situation versteht – und Sie nicht dafür verurteilt.
Wichtig: Suchen Sie keinesfalls in Foren und Chats nach »Gleichgesinnten«, die sich aktuell noch in Schattenbeziehungen befinden. Damit binden Sie sich nur noch enger an die Schattenwelt und finden den Ausweg nicht, weil Sie den Ist-Zustand festzementieren. Ungefähr so wie bei einem Drogensüchtigen, der bei Junkies und Dealern Trost sucht ...
Suchen Sie statt dessen nach gesunden sozialen Kontakten, die genau das leben, was Sie selbst für sich auch haben möchten. Sie wünschen sich Kinder, eine richtige Familie? Dann knüpfen Sie Freundschaften mit intakten Familien. Sie wollen sich beruflich verändern? Melden Sie sich zu Fortbildungen an, besuchen Sie Seminare und Fernlehrgänge, tauschen Sie sich mit Frauen aus, die den von Ihnen angepeilten Job bereits ausüben. Sie wünschen sich die Nähe zu Tieren bzw. zu Menschen, die Tiere lieben? Arbeiten Sie ehrenamtlich im Tierheim, werden Sie Patin für Pflegetiere oder engagieren Sie sich im Tierschutzverein. Überhaupt ist soziales bzw. ehrenamtliches Engagement eine Wohltat für Ihr wundes Herz, denn es lenkt den Fokus Ihrer Aufmerksamkeit auf selbstlose, wichtige Themen. Einem herrenlosen Hund im Tierheim Liebe und Streicheleinheiten zu schenken wärmt Ihre Seele und tröstet Sie garantiert mehr als jeder Geliebten-Thread in einem Frauenforum.
Sie wollen sich den Schmerz von der Seele reden? Suchen Sie sich Gesprächspartner, die Ihre spezielle Thematik realistisch einschätzen und damit umgehen können, z.B. Telefonseelsorger oder therapeutische Familienberater der Caritas. Oder gehen Sie zur Beichte.
Und noch ein ganz bodenständiger Rat, den Gerti Senger speziell an unglückliche Ex-Geliebte und Ehefrauen mit lädiertem Selbstbewusstsein richtet: »Sex ist gesund und kann tröstlich sein, wenn er das Selbstwertgefühl und die Geschlechtsidentität stabilisiert. Stimmiger Sex ist ein Träger der Zärtlichkeit. Healing Touch, die heilende Berührung, hat nicht erst einmal die wunde Seele getröstet.«
Soll heißen: Wenn Ihnen nach einem romantischen Date inklusive One-Night-Stand zumute ist, geben Sie der Versuchung ruhig nach. Natürlich sollten Sie dabei nicht von einer Schattenliebe in die nächste springen, sondern es unbedingt beim einmaligen One-Night-Stand belassen. Falls Sie eher der Typ Frau sind, der sich schnell verliebt, dann lassen Sie es lieber sein. Doch wenn Sie sich einfach mal wieder spüren und als begehrenswerte Frau fühlen wollen, nur zu. Nach den psychischen Belastungen einer Schattenliebe kann ein lockerer und fröhlicher One-Night-Stand wahrer Balsam für Ihr geschundenes Selbstbewusstsein sein!
Schritt 7: Aufarbeiten statt verdrängen
»Nun hör doch endlich auf, an ihn zu denken, du musst nach vorne schauen!« Diesen gut gemeinten Rat hören Schattenfrauen immer wieder von Freundinnen, wenn das große Geheimnis nach der Trennung ans Licht kam. Ein wahrer Kern mag darin stecken, doch es ist hier wie beim Autofahren: Der Blick in den Rückspiegel ist wichtig und darf nicht unterlassen werden. Nur wenn Sie begreifen, in was Sie da verstrickt waren, stellen Sie sicher, dass es nicht erneut geschieht! Prof. Dr. Gerti Senger sagt: »Stellen Sie sich ein halbfertiges Puzzlebild vor. Das Fragment, das Sie sehen, wirkt unvollständig, unharmonisch und hat keine Mitte. Genauso ist es, wenn Sie Teile Ihrer Lebensgeschichte nicht annehmen. Sie fühlen sich nicht ganz.«
So schmerzhaft die Gedanken an Ihre Schattenliebe sind, lassen Sie sich darauf ein. Malen Sie sich »Was-wäre-wenn-Szenarien« aus. Was wäre, wenn Ihre heimliche Liebschaft in eine echte Beziehung gemündet hätte? Wie wäre es, wenn Sie beide ein Paar wären, hier und heute? Wären Sie alltagstauglich? Wie wären Sie als neue Partnerin mit seinen »Mitbringseln« zurechtgekommen? Eine Scheidung, Kinder, gemeinsame Immobilien, vielleicht Schulden, familiäres Drama, geteiltes Sorgerecht? Was würden Sie tun? Jeden Morgen zusammen aufwachen, gemeinsame Urlaube, Arbeiten, die Wohnung renovieren – was auch immer. Wie fühlt es sich an? Haben Sie das Gefühl, das sei der Jackpot gewesen? Dieser Mann und kein anderer, und nun haben Sie die einzige Chance auf die große wahre Liebe für immer vertan?
Wenn Sie das glauben, fehlt Ihnen noch ein wenig Realismus. Also spinnen Sie sich die Szenarien noch ausführlicher zusammen. Setzen Sie sich einem wahren Sehnsuchts-Overkill aus, graben Sie in schönen Erinnerungen an Ihre Schattenliebe, bis Sie nicht mehr können. Irgendwann kippt Ihre Phantasie und gibt den Blick auf die Realität frei.
Ihnen wird klar, dass Sie einer Illusion nachtrauern. Sie sehen nicht nur Bruchstücke Ihrer Schattenbeziehung, sondern den Mann und sich selbst als ganze Menschen. Einen Mann, der unmöglich das sein konnte, was Sie gerne gehabt hätten. Ihr Ex-Geliebter ist ein verheirateter Mann, der zerrissen und unentschlossen lebt. Er geht kein Risiko ein, sondern fährt zweigleisig, betrügt seine Frau, drückt sich vor klaren Entscheidungen und steht nicht zu Ihnen. Nein, Sie sollen Ihren ehemaligen Geliebten keineswegs schlechtreden, das wäre ebenso unfair wie Ihre unkritische übertriebene Zuneigung. Sehen Sie ihn und sich selbst als das, was Sie sind: zwei Menschen, die sich gegenseitig ein wenig Wärme, Lust und Abwechslung geschenkt haben, und deren Zeit füreinander nun abgelaufen ist. Sie hatten Gründe, sich darauf einzulassen. Wenn Sie den zehn Fallen einer Schattenliebe nachgespürt haben, kennen Sie diese Gründe bereits. Wenn nicht, dann investieren Sie noch ein wenig Zeit darin, sie zu ergründen. Dieses Tiefschürfen ist wichtig, weil sonst die Gefahr besteht, dass Sie Ihre unerkannten Bedürfnisse kurzerhand auf den nächsten Mann projizieren und das Drama von vorne beginnen.
Eines wissen Sie jetzt schon: Wäre es die große, einzig wahre Liebe gewesen, dann wären Sie jetzt zusammen. Sind Sie aber nicht. Trotz aller gefühlten Leidenschaft, Seelenverwandtschaft und Verbundenheit war er eben nicht »der Richtige«.
Schritt 8: Alleinsein ohne Einsamkeit
Jeder ist ab und zu mal gerne für sich. Wer allerdings in einer Schattenbeziehung lebt, für den ist Alleinsein keine entspannende Sache, sondern mit vielen negativen Assoziationen behaftet. Zweifel, Misstrauen, Unsicherheit. Weshalb viele Ex-Geliebte Gefahr laufen, nach der Trennung von ihrem Schattenmann in eine soziale und emotionale Isolation abzudriften. Vorsicht! Gerti Senger schreibt hierzu in ihrem Buch Schattenliebe: »Bedenken Sie, dass man nach einer solchen Trennung dazu neigt, sich selbst abzuwerten. Man hat Abwertendes erlebt, wurde zurückgesetzt. Machen Sie sich bewusst: Sie sind ein liebenswerter Mensch, der Liebe wert!«
Was ein wenig nach Kalenderspruch klingt, ist für Sie als Betroffene überlebenswichtig. Viele Ex-Geliebte unterschätzen die soziale Isolation nach dem Schattendrama, in die Sie ganz langsam, aber unaufhaltsam reinrutschen können. Anfangs klammern Sie sich an den Job und scheinbare Ablenkungen wie Sportstudio oder virtuelle Aktivitäten, doch die emotionale Kälte, die als schmerzhafte Nachwirkung einer Schattenbeziehung übrig bleibt, wirkt wie ein schleichendes Gift. Weil das Alleinsein für Sie während der Schattenbeziehung stets mit einer Entwertung Ihrer Person verbunden war. Dies gilt für Ehefrauen wie Geliebte. Die Ehefrau wurde entwertet, weil sie genau wusste, wo ihr Mann war, wenn sie abends allein zuhause saß. Die Geliebte wurde entwertet, weil sie außerhalb bestimmter »Sprechzeiten« nicht in Erscheinung treten durfte. Für manche Geliebte sind spezielle Feste besondere Einsamkeits-Trigger, z.B. Weihnachten oder Geburtstage.
Auffällig ist eine spezielle Art Schüchternheit bei Frauen die aus einer Schattenbeziehung kommen, wodurch der Aufbau eines neuen sozialen Netzes verhindert wird. Gerti Senger: »Längere Zeit in einer Schattenbeziehung verstärkt Schüchternheit und Sozialängste. Der Zwang zur optimalen Selbstdarstellung, zur gelungenen Performance ist ein Nährboden sozialer Ängste. Sie gehen der Begegnung mit anderen Menschen aus dem Weg und damit oft direkt in eine Hölle der Einsamkeit.«
Die ungesunden Muster, die in einer Schattenbeziehung zwangsläufig gelebt werden, können zu einer Sozialphobie führen. In diesen Fällen sind vormals gesunde Frauen nach dem Ende der Dreiecksbeziehung nicht mehr in der Lage, normale Kontakte zu pflegen. Die destruktiven Muster haben sich verheerend auf Kommunikationsfähigkeit und Selbstsicherheit ausgewirkt und diese buchstäblich zerschossen. Wichtig: Sie sind damit nicht allein! Auch wenn kaum jemand wirklich versteht, was in Ihnen vorgeht, brauchen Sie diese Last nicht allein auf Ihren Schultern zu balancieren.
Kennen Sie den Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit? Während Ihrer Schattenbeziehung hat sich dieser Unterschied aufgelöst. Alleinsein war gleichbedeutend mit Unruhe, dem Getrenntsein von Ihrem Liebsten, einer merkwürdigen Einsamkeit. Diese Fehlentwicklung müssen Sie wieder gerade rücken. Als Erstes setzen Sie sich dem Alleinsein in kleinen Intervallen aus. Nicht in Ihrer Wohnung, sondern draußen. In einem Biergarten, Café oder im Park in der Sonne. Bewaffnen Sie sich mit Telefon oder Laptop, damit Sie notfalls Kontakt zu einer Vertrauensperson herstellen können. Versuchen Sie dennoch, es allein auszuhalten, das fiese Gefühl, das sich Ihrer bemächtigt.
Versuchen Sie, nicht nachzudenken, sondern schalten Sie das Gewusel in Ihrem Kopf ab. Nehmen Sie Ihre Umgebung wahr. Wie riecht es? Welches Wetter haben Sie? Gefällt es Ihnen? Wie fühlt sich das Fell des Hundes an, der Ihnen um die Füße streicht? Wie sieht die Kellnerin aus? Nehmen Sie wahr, ohne darüber nachzudenken. Ja, das ist eine Kunst, aber sehr wirksam gegen soziale Ängste. Sie spüren dadurch, dass Sie im Leben zwar momentan allein sind, aber keineswegs einsam. Millionen Sinneseindrücke, Stimmen und Gesichter schwirren um Sie herum. Ist das nicht schön? Sie bräuchten nur ein Wort zu sagen, und schon ... Okay, das wäre sehr mutig, jemanden direkt einzuladen, sich zu Ihnen zu setzen. Wenn Ihnen danach ist, tun Sie es. Für den Anfang reicht es aber, wenn Sie ab und zu jemandem ein Lächeln schenken, ohne ihn anzusprechen. Konzentrieren Sie sich darauf, sich selbst im Kontext mit Ihrer Umgebung wahrzunehmen.
Eine andere Übung, um aus der sozialen Kälte herauszukommen, hat mit Ihrer Einstellung zu anderen Menschen zu tun. Gerti Senger: »Wenn es Ihnen nicht gelingt, Menschen kennenzulernen, die Sie sympathisch und näherer Kontakte wert finden, sollten Sie sich fragen, ob Sie neuen Bekanntschaften überhaupt eine Chance geben. Überkritisches Verhalten kann auch ein falscher Schutz vor Kontaktaufnahme sein.«
Hier rächt sich leider der Romantik-Flash einer hochdramatischen Schattenbeziehung. Das ständige »uns versteht keiner« einer heimliche Liebe kann das eigene Wertesystem völlig verstellen und Arroganz, elitäres Verhalten oder Überheblichkeit erzeugen – und damit auch Einsamkeit. Von diesem Höhenflug müssen Sie wieder runterkommen. Warten Sie nicht, dass Sie jemand anspricht oder einlädt. Werden Sie selbst aktiv und geben Sie den Menschen in Ihrer Umgebung eine Chance. Zeigen Sie Interesse, erkundigen Sie sich nach dem Familienleben Ihrer Kollegen, klönen Sie mit der Verkäuferin in Ihrem Schuhladen, verteilen Sie Komplimente, grüßen Sie freundlich, wenn Sie jemand anlächelt. Zeigen Sie, dass Ihnen die Menschen etwas bedeuten. Auch wenn diesen Kontakten der scheinbare Glamour und das Geheimnisvolle Ihrer zerbrochenen Schattenliebe fehlen – sie sind wichtig, damit Sie wieder ins normale Leben zurückfinden!
Schritt 9: Humor als Rettungsanker
Ihnen ist ganz und gar nicht zum Lachen zumute? Sie fühlen sich elend, kraftlos und hadern mit sich selbst? Dann wissen Sie noch nicht, wie heilend und befreiend eine Portion Selbstironie sein kann. Auch wenn Sie es im Moment noch nicht glauben können, aber über sich selbst zu lachen, ist ein wichtiger Schritt in Richtung Freiheit.
Kappen Sie als Erstes die Drama-Spitze Ihrer Situation. Gerti Senger: »Die Fähigkeit, eine Situation nicht als Betroffener, sondern als Zaungast zu sehen und damit Humor zu entwickeln, kann geschult werden. Hierzu sind zwei wichtige Schritte notwendig: Verzeihen Sie sich Ihre eigene Unvollkommenheit, und verzeihen Sie anderen, dass sie unvollkommen sind.« Und schon sind wir beim Thema Schuld. Was passiert bei Ihnen, wenn Sie das Wort »Schuldgefühl« denken? Wie fühlt es sich an?
Viele ehemalige Geliebte hadern damit, dass sie Jahre ihres Lebens in eine Schattenbeziehung investiert haben und am Ende allein dastehen, mit nichts als einem gebrochenen Herzen. »Wie konnte ausgerechnet mir das passieren, ich bin doch schlau, gebildet, erfolgreich« etc. Gehen Sie nicht zu streng mit sich ins Gericht! Tun Sie sich etwas Gutes und versuchen Sie, nachsichtig und liebevoll mit sich selbst umzugehen. Liebevoll! Sie sind zur Liebe fähig, also fangen Sie bei sich selbst an und lieben Sie sich.
Es ist Ihr Leben, und Sie haben das Recht, Fehler zu machen. Wichtig ist, dass Sie sich nicht selbst auch noch dafür bestrafen, indem Sie sich kleinmachen. Entwickeln Sie eine gesunde Selbstironie. Denken Sie sich Witze über Schattenfrauen und -männer aus. Denken Sie an all die Beinahe-Katastrophen und Pannen, die Ihnen im Laufe Ihrer Schattenliebe passiert sind. Malen Sie sich diese Szenen aus wie einen Film, indem Sie sie gnadenlos übertreiben. Wenn Sie können, reden Sie mit Ihrer besten Freundin darüber und versuchen Sie, Ihren Schmerz auf die Schippe zu nehmen. Sie werden feststellen, dass Ihre Freundin das tatkräftig unterstützt. Wer es schafft, in seelischer Not über sich selbst zu lachen, erntet mehr Respekt und Bewunderung als jemand, der sich in Selbstmitleid suhlt.
Schritt 10: Versöhnung
Nein, damit ist nicht der Neuanfang mit einem Ex-Geliebten oder Ex-Ehemann gemeint, bloß das nicht! Selbst wenn es in der Zukunft eine Annäherung geben könnte, ist es dafür noch zu früh. Vorerst geht es allein um versöhnliche Gedanken und friedlichen, konstruktiven Umgang mit dem, was geschehen ist. Ob Sie nun die Ehefrau sind, dessen Mann eine Schattenliebe hat(te), oder die Geliebte, die sich von ihrem Schattenmann getrennt hat – es ist wichtig, dass Sie Rachegedanken und Hass keine Chance geben.
Nicht verwechseln: Wut und Zorn sind großartige Heiler für malträtierte Seelen. Es ist völlig okay, wenn Sie aus heiterem Himmel eine Mordswut überkommt, weil Sie als Ehefrau beispielsweise monatelang angelogen wurden. Oder als Geliebte in der Warteschleife geparkt, weil Ihr heimlicher Liebhaber seinen ehelichen Pflichten nachkommen wollte, der Goldfisch erkältet war oder die Kinder Mumps hatten. Sie dürfen wütend darüber sein!
Diese Wut ist ein wichtiges Ventil für Ihre »Psychohygiene« und verbrennt gleichzeitig ein wenig die Lethargie, in die viele Schattenliebe-Betroffene verfallen. Wut und Zorn sorgen für Bewegung, Dynamik, bringen Dinge ins Rollen. Geben Sie diesen Gefühlen Raum, lassen Sie sie hochkochen, wann immer es sich gut anfühlt – und dann lassen Sie sie wieder los. Wenn Sie zu lange daran festhalten und sich in verbitterte, gehässige Gedanken hineinsteigern, können diese sich verfestigen und in krankmachende Aggressionen verwandeln.
Schließen Sie Frieden mit dem, was geschehen ist. Nehmen Sie es an als Teil Ihrer Biografie. Als wichtige Erfahrung, mit allen Höhen und Tiefen, die Sie als Persönlichkeit reifen ließ und Sie weiter gebracht hat. Die Schattenliebe war kein Fehler, keine vertane Lebenszeit oder etwas, das Sie bereuen müssen. Sie war eine intensive Phase, die Sie geprägt hat und Ihnen dabei helfen wird, Ihr Glück zu finden. Weil Sie nun genau wissen, was Sie wollen – und was nicht. Alles Gute dabei!